Laudatio zur Verleihung des Arnold-Freymuth-Preises an den Wirtschaftsanwalt Prof. Dr. Eckart Seith am 23. Oktober 2022 in Hamm
Sehr geehrter Herr Professor Seith, sehr geehrte Frau Seith, sehr geehrte Franziska und sehr geehrter Axel Seith, verehrte Festversammlung,
wir feiern heute hier in Hamm die Verleihung des Arnold-Freymuth-Preises 2022. Der diesjährige Preisträger sind Sie, verehrter Herr Professor Seith. Dazu gratuliere ich Ihnen herzlich.
Die Geschichte, die dieser Preisverleihung zugrunde liegt, hätte eigentlich ganz unspektakulär verlaufen und abgeschlossen sein können, bevor die Öffentlichkeit überhaupt Notiz davon genommen hätte. Vielleicht hätte sie aber auch zum Plot für eine Vorabendserie getaugt.
Der wäre dann so gegangen:
Der milliardenschwere Eigentümer einer Drogeriemarkt-Kette hatte eine Menge Geld übrig und wollte noch mehr daraus machen. Dazu investierte er auf den Rat von Finanzprofis – solchen, die Durchschnittsverdienenden eher nicht zur Verfügung stehen – in ein scheinbar totsicher lukratives Geschäftsmodell einer Schweizer Bank. Zum Leidwesen des Anlegers war der Zeitpunkt denkbar ungünstig, weil dieses Geschäftsmodell ins Gerede gekommen war. Im Raum stand der Vorwurf, dass die hohe Renditeaussicht für Anleger und Bank nur zustande kommen könne, weil Dritte die Zeche zahlten: die Gesamtheit der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. Aus deren Topf bedienten sich nämlich Bank und Kunden äußerst trickreich und auf schamlose Weise.
Wir schreiben das Jahr 2013. Das Gebäude stürzt gerade ein – zumindest für die Anleger. Ihnen bleiben die Trümmer, während sich die Bauherren ihre Paläste sichern.
Der Unternehmer verliert viele Millionen und wendet sich in der Folge an einen renommierten Wirtschaftsanwalt, den sich auch nicht alle leisten können. Er soll die verlorenen Millionen von der Bank zurückholen, weil nicht auf die außerordentlichen Risiken hingewiesen worden sei.
Was soll ich sagen? Der Anwalt war sein Honorar wert. Er paukte seinen Mandanten heraus. Die Bank musste zahlen.
Wie gesagt: Mit ein bisschen Drumherum hätte das eine unterhaltsame Folge für den Fernsehabend vor der Tagesschau werden können. Aber es kam anders. So anders, dass daraus ein regelrechter Thriller wurde, der bis heute nicht zu Ende ist, von einem Happy End ganz zu schweigen.
Dass und warum es anders kam, hat mich veranlasst, die heutige Laudatio auf den Preisträger unter die Überschrift zu stellen:
Ethos und Haltung, die den Unterschied machen!
Ich hätte auch als Titel wählen können:
Der Skandal, aus Ethos und Haltung ein Verbrechen machen zu wollen.
Aber heute sollen weder Täterbanken, die sich als Opfer präsentieren noch skandalöse Richtersprüche im Mittelpunkt stehen. Im Mittelpunkt steht der Wirtschaftsanwalt, der die Kreise der Plünderer öffentlicher Kassen empfindlich gestört hat und folglich zu deren Feindbild wurde.
Dieser Anwalt – ich habe es schon erwähnt – ist Professor Doktor Eckart Seith.
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Nun kenne ich mich ein bisschen damit aus, Feindbild zu sein – besonders, wenn es um eidgenössische Geldinstitute geht, die in trüben Gewässern fischen und einige Medien und Staatsanwälte in ihrem Land an ihrer Seite wissen. Zum Glück nicht alle.
Als Politiker, als Finanzminister zumal, habe ich es immer als meinen Auftrag gesehen, verantwortungsbewusst mit dem Geld umzugehen, dass die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler für Schulen, Verkehrswege, für Sicherheit und gesellschaftlichen Zusammenhalt an das Gemeinwesen abführen. Wohlwissend, dass wir dieses Geld noch zielgenauer erheben und auch einsetzen müssen.
Dass sich Bürgerinnen und Bürger beraten lassen, wie man im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten Steuern optimiert, ist ihnen nicht vorzuwerfen. Es ist die Aufgabe der Politik, dafür zu sorgen, dass es keine Schlupflöcher gibt, die dem Geist einer gerechten Teilhabe auch an den Kosten eines Gemeinwesens zuwiderlaufen.
Aber dass Berater nach Wegen suchen, wie man Steuern erstattet bekommt, die man nie gezahlt hat, das ist ein Raub des Steuerbeitrags der Ehrlichen. Den kann niemand ernsthaft für legal halten. Weder in der Schweiz noch sonstwo. Auch bei uns in Deutschland hat es gedauert, bis sich diese Selbstverständlichkeit als Rechtsauffassung durchgesetzt hat. Verbunden damit bleiben immer noch viele Fragen, die auf eine Antwort warten.
Ohne die Expertise, ohne die Hartnäckigkeit, vor allem aber ohne das staatsbürgerliche Verantwortungsbewusstsein von Sachkennerinnen und Sachkennern außerhalb der Politik wären wir diesen Machenschaften nie auf die Schliche gekommen. Übrigens auch nicht ohne Hinweisgeber aus dem Innern der Zirkel, die sich den Griff in die Kassen der Allgemeinheit zum Geschäftsziel gemacht haben. Und auch nicht ohne investigative Journalisten, die mit akribischen Recherchen und hohem persönlichen Risiko immer wieder Licht ins Dunkel bringen.
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An dieser Stelle kommt die beispielgebende Berufsauffassung des Eckart Seith ins Spiel. Er hätte sich damit begnügen können, seinen Auftrag zur Zufriedenheit seines Mandanten zu erfüllen und ansonsten wegzugucken. Es hätte ihm viel Ärger erspart. Das hat er nicht getan. Im Gegenteil, er hat im Gewirr des Falles einen losen Faden entdeckt und ihn so geschickt aufgewickelt, dass die üblicherweise bestens verhüllten Täter am Ende nackt dastanden.
Auf der Suche nach den Motiven für ein so außergewöhnliches Verständnis von anwaltlicher Tätigkeit liegt es nahe, etwas über die Person Eckart Seith in Erfahrung bringen zu wollen:
Eckart Seith, Jahrgang 1957, entstammt einer traditionsreichen Juristenfamilie. Seit fünf Generationen bestimmen Fragen und Antworten der Rechtsprechung und das Thema Gerechtigkeit Denken, Handeln und viele Gespräche in der Familie Seith. Der Vater war, so hat es mir Eckart Seith berichtet, ein christlich konservativer, politisch engagierter, der Gerechtigkeit verpflichteter Jurist. Evangelische Hauskreise beförderten den Meinungsaustausch zu gesellschaftlichen Fragen. Das prägt den jungen Mann schon, bevor er sich zunächst in Tübingen und ab 1979 an der Hamburger Universität für das Jurastudium einschreibt. Dort lehrt Wolfgang Hoffmann-Riem, der später noch Hamburger Justizsenator unter dem Ersten Bürgermeister Henning Voscherau und danach Richter im Ersten Senat des Bundesverfassungsgerichts werden soll.
Besonders geprägt habe Eckart Seith aber sein Mentor, der Hamburger Steuerrechtler Rainer Walz. Dessen Fragen danach, was Ursprung und Aufgabe des Steuerrechts sei und was Steuergerechtigkeit bedeute, hätten ihn tief beeindruckt.
Der Beginn seiner anwaltlichen Tätigkeit war von außen betrachtet dann aber eher klassisch. Es ging um die rechtliche Vertretung von Anlegern, die – so Seiths Fazit – meistens aussichtslos gewesen sei. In diesem Zusammenhang stieß er aber bald auf obskure Praktiken von Banken, denen seine Mandanten vertraut und am Ende dafür mit hohen Verlusten bezahlt hatten. Seith erkannte: Die alte Monopoly-Weisheit, dass die Bank immer gewinnt, hat – von Ausnahmen abgesehen – auch im wahren Leben Gültigkeit.
Eine der Ausnahmen kam mit dem Fall des Drogerie-Milliardärs Erwin Müller. Er war auf der Suche nach besonders lukrativer Reichtumsmehrung einem Fonds aufgesessen, der in Cum/Ex-Geschäfte investierte. Geschäfte also, bei denen Aktien über sogenannte Leerverkäufe so geschickt ihre Besitzer wechselten, dass sie praktisch gleichzeitig mehreren Personen gehörten. Sie alle konnten sich Steuern erstatten lassen. Bezahlt hatte aber nur ein einziger Aktionär. Über sogenannte Loopings wurde dieser Raubzug noch vervielfacht.
So ein Geschäft lohnt sich für die Beteiligten nur, wenn eingesetztes Geld von einer Bank gehebelt wird. Wenn also das Zigfache des Fondsgeldes in Hunderte Millionen Aktientransfers gepackt wird – und wenn natürlich auch die oder der eine, der tatsächlich Steuern gezahlt hat, an der Beute beteiligt wird. Mit anderen Worten: Wenn es eine bandenmäßige Zusammenarbeit von Fondsgründern und Banken gibt, die den Raub in einem verschwiegenen Kartell organisieren und die Beute untereinander aufteilen. Das wurde schon lange vermutet, konnte aber nie bewiesen werden.
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Ich sage das nicht aus Mitleid für milliardenschwere Anleger, die sich verzockt hatten. Ich frage auch nicht, bei welchen Renditen ein erfolgreicher und als eher misstrauisch geltender Unternehmer Warnlampen hätte wahrnehmen müssen. Hohe Renditen gehen in aller Regel mit hohen Risiken einher. Hohe Renditen bei geringem Risiko müssten jedenfalls Argwohn wecken und bei einem potenziellen Anleger Fragen aufwerfen. Mir steht zu dem besagten Fall kein Urteil zu. Ich kann allerdings bestätigen, dass die angebotenen Goldesel auch für ansonsten erfahrene Anleger kaum zu durchschauen waren.
Eckart Seith hat sich die Frage nach dem Warum gestellt. Er hat Kontakte zu Personen geknüpft, die Antworten hatten. Ihn hat die Erkenntnis nicht ruhen lassen, dass hier ein dreister Raub am Geld der Allgemeinheit begangen wird. Am Ende hatte er eine Beweiskette für eine riesige Schweinerei in der Hand.
Im März 2013 schrieb er an das Bundeszentralamt für Steuern. Gleichzeitig stellte er Strafanzeige gegen die Täterbank. Der Brief vom März 2013 ziert denn auch die Seite eins der Akte, die zurzeit im Aufsehen erregenden Cum/Ex-Prozess vor dem Bonner Landgericht verhandelt wird.
Sagte ich, „am Ende“ hatte er eine Beweiskette“? Es war natürlich nicht das Ende der Geschichte. Wir sprechen schließlich von einer Szene, die mit Geschäften zu Lasten der Allgemeinheit zig Milliarden verdient. Darunter sind viele Berater mit Jahreseinkommen in zweistelliger Millionenhöhe. Solche Leute lassen sich ungern in die Suppe spucken. Das Schweizer Bankhaus Sarasin erwies sich dabei anders als andere, die zumindest nach außen Einsicht zeigten und nach einem Vergleich suchten, als ein besonders uneinsichtiger Akteur. Es verklagte den Aufklärer Seith und seine Whistleblower vor Schweizer Gerichten – wegen Wirtschaftsspionage und Geheimnisverrats. Aus dem Anwalt Seith, der seinen Mandanten gegen Betrug vertrat, wurde der Angeklagte Seith.
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Die Zeit, in der Eckart Seith den Faden aufnahm, fällt in meine Amtszeit als Finanzminister von Nordrhein-Westfalen. Im Jahr 2011 habe ich der Wuppertaler Steuerfahndung die Erlaubnis erteilt, von Whistleblowern aus dem Innern der Schweizer Bankenwelt Datenträger, bekannt geworden als Steuer-CDs, notfalls auch gegen Geld zu erwerben. Dass wir dem deutschen Steuerzahler für Kosten von 19 Millionen Euro auf diese Weise 7,2 Milliarden Euro hinterzogener Steuern zurückholen konnten, war ein sehr schönes, aber nicht das einzige Ergebnis.
Mit der CD-Auswertung war nämlich ein enormer Erkenntnisgewinn über Praktiken der Finanzberater verbunden. Daraus ergaben sich Hausdurchsuchungen bei Banken. Sie führten unter anderem zur Offenlegung von Cum/Ex-Geschäften und brachten enorme Unruhe in die Szene der Finanzakrobaten. So wurde Cum/Ex für so manchen Anleger zum Verlustgeschäft, weil die Banken zuerst einmal ihre eigenen Schäfchen ins Trockene brachten. Das war auch bei dem von Eckart Seith vertretenen Drogerie-Unternehmer so.
Insofern trägt der vor Ihnen stehende Laudator eine „Mitschuld“ daran, dass Erwin Müller nicht anstandslos seine Rendite bekam und stattdessen einen Anwalt einschalten musste. Eckart Seith hat mir selbst etwas scherzhaft gesagt, dass er die Suppe auslöffeln müsse, die unter anderen ich ihm eingebrockt hätte. Und dass in der Schweiz vor allem zwei deutsche Politiker bis heute für Bluthochdruck sorgen: Peer Steinbrück, der wegen der notorischen Beihilfe Schweizer Banken zur Steuerhinterziehung einmal mit der Kavallerie gedroht hatte – und ich, der seinen Steuerfahndern die Zusammenarbeit mit Whistleblowern und die Bezahlung für deren Dienste erlaubt hatte.
Seither bin ich in der Schweiz der Prototyp eines Hehlers. Damit kann ich leben. Aber gegen drei der NRW-Steuerfahnder besteht seit sieben Jahren ein bis heute nicht aufgehobener Haftbefehl. Das ist unerträglich.
Ich war mehrfach in der Schweiz, um meine Haltung in Talkshows und Interviews zu erläutern – sorgsam begleitet von einem Aufpasser der deutschen Botschaft. Dabei war mir immer eines wichtig: Es geht nicht gegen die Schweiz und erst recht nicht gegen die Schweizerinnen und Schweizer. Es geht gegen Teile der Schweizer Finanzwelt, die den guten Ruf der Schweiz zu ruinieren drohen. Schweiz, das ist leider schon heute für viele nicht mehr in erster Linie das präzise Uhrwerk, sondern die Fluchtburg für Taxophobe.
Dieses von mir immer wieder vertretene Weltbild hatte mit dem Haftbefehl gegen die Fahnder aus NRW Risse erste bekommen. Teile der Schweizer Justiz deckten mit ihren Klagen gegen die, die Licht ins Dunkel gebracht hatten, geradezu verbissen die Dunkelmänner selbst. Mehr noch, uns erreichte die Nachricht geheimdienstlicher Ausforschung der nordrhein-westfälischen Finanzverwaltung durch einen sogenannten Maulwurf.
Dieses Gebaren hat mit dem Vorgehen der Schweizer Justiz gegen Eckart Seith noch einmal eine andere Qualität bekommen. Die Schweizer Politik und die Schweizer Rechtsprechung sichern das Spielfeld ihrer Banken ab – egal, wie weit sie sich jenseits der Seitenlinie bewegen. Die Schweiz dreht die Europäische Menschenrechtskonvention ins Gegenteil: nicht die, die strafbare Handlungen offenlegen, werden durch die Auslegung des Artikels 10 geschützt. Nicht Whistleblowing, sondern die Bekämpfung der Transparenz dient nach Ansicht der Schweizer Staatsanwaltschaft dem darin formulierten Postulat der „Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und der Verhütung von Straftaten“. Strafbare Geschäfte ans Licht zu befördern, wird als Geheimnisverrat und Wirtschaftsspionage abgestempelt. Die Schweiz ist damit auf dem Weg, jede Art des Whistleblowings abzuschaffen, das die Europäische Union gerade besser schützen will.
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Der bislang letzte Akt ist die Aufhebung der Aufhebung des Urteils gegen Eckart Seith und zwei Schweizer Bankmitarbeiter. Sie hatten ihm wichtige Hinweise gegeben. Im Dezember 2021 hatte das Obergericht des Kantons Zürich den Staatsanwalt für befangen erklärt, dessen angebliche Beweise zur Verurteilung von Eckart Seith und zwei Mitangeklagten geführt hatten. Die düpierte Staatsanwaltschaft legte Beschwerde ein. Im August folgte das Schweizer Bundesgericht in Lausanne diesem Einspruch. Damit geht die Odyssee weiter, die wir für beendet gehalten hatten.
Aktueller kann der Zeitpunkt einer Verleihung des Arnold-Freymuth-Preises also gar nicht sein. Kaum eine Preisverleihung ist deshalb so wichtig wie diese, denn es kommt auf öffentliche Aufmerksamkeit und die Empörung möglichst vieler an. Es sind schließlich die deutschen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler insgesamt, die von den Cum/Ex-Plünderern ausgenommen wurden.
Schon im Dezember des vergangenen Jahres hat die Bürgerbewegung Finanzwende mit einer Demonstration vor dem Zürcher Gericht einen Beitrag geleistet, der den Schweizer Behörden deutlich gemacht hat: Wir gucken hin.
Ich kann Ihnen, lieber Herr Seith versichern, dass das so bleiben wird. Es darf kein Kampf eines einzelnen Don Quichote gegen übermächtige Windmühlen sein. Wir brauchen das Zusammenstehen aller, die sich für ein gerechtes und funktionierendes Gemeinwesen einsetzen. Zur Unterstützung Ihrer Arbeit, für die Sache insgesamt und ganz im Sinne Arnold Freymuths.
Sie haben diesen Preis verdient. Ich wünsche Ihnen und uns allen, dass er eine sichtbare Botschaft sendet: die große Mehrheit der Anständigen in diesem Land nimmt es nicht hin, dass einige Wenige die Vorzüge dieses Landes sehr zu schätzen wissen, aber wenn es um die Rechnung geht, den Anständigen einen Tritt in den Hintern versetzen.
Die Politik hat viel zu lange weggesehen, weil vielen die Materie viel zu komplex und den Wählerinnen und Wählern nicht vermittelbar erschien. Nur so ist für mich zu erklären, dass die Parteien der seinerzeit regierenden Großen Koalition im Jahr 2017 mit dem Abschlussbericht zum Parlamentarischen Untersuchungsausschuss Cum/Ex nicht gerade von Aufklärungswillen beseelt waren. Vernebeln und Wegducken erscheint in diesem Gestrüpp oft erfolgversprechender als in die Tiefe zu gehen, Einblicke zu schaffen und zu erklären.
Es ist nicht gut, wenn gute steuerpolitische Positionen eines Wahlprogramms in Koalitionsverhandlungen auf der Suche nach einem Kompromiss auf der Strecke bleiben. Aber in gewisser Weise ist es nachvollziehbar, solange der Aufschrei der Wählerschaft dabei wesentlich leiser ist als beim Verzicht auf andere wichtige Wahlversprechen. Erst recht, wenn der Aufschrei ganz ausbleibt.
Das wird sich nur ändern, wenn Schleifenlassen in Sachen Steuergerechtigkeit Imageverlust befürchten lässt. Wenn die Parteien merken, dass sie mit Untätigkeit im Kampf gegen den Betrug an der Allgemeinheit Wahlen verlieren können. Dazu braucht es eine sensible, hörbare Öffentlichkeit. In den letzten Jahren hat sich schon einiges getan. Auch deshalb heißt es im Koalitionsvertrag der Ampel: „Deutschland wird beim Kampf gegen Steuerhinterziehung und aggressiver Steuervermeidung eine Vorreiterrolle einnehmen.“ Jetzt geht es darum, den Regierenden auf die Finger zu gucken, damit aus Ankündigungen Taten werden.
Handeln wie Ihres, lieber Herr Professor Seith, und kluge Preisverleihungen wie die der Arnold-Freymuth-Gesellschaft leisten einen unschätzbaren Beitrag zur dringend nötigen Sensibilisierung und Empörung der Zivilgesellschaft, wenn deren Kassen mit immer neuen Tricks geplündert werden.
Dafür vielen Dank an Sie!
Noch einmal herzlichen Glückwunsch und alles Gute!