Die Deutschen sind Schuld am Wahlverhalten der Türken in Deutschland. So sieht das der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland. Erdogan gebe seinen hier lebenden Landsleuten die Anerkennung, die sie in Deutschland vermissen. Sie fühlen sich hier nicht genügend anerkannt und von den Deutschen akzeptiert.
Das ist nachvollziehbar. Die entscheidende Frage ist aber, weshalb dies so ist. Wenn Menschen in der ganzen Welt den Entschluss fassen, ihre Heimat zu verlassen und sich in das Land ihrer Wünsche und Hoffnungen begeben wollen, verlangt dies die grundsätzliche Bereitschaft, sich an die Rahmenbedingungen der dortigen Gesellschaft anzupassen und die Landessprache zu lernen. Das gelingt meistens, wenn das neue Heimatland dem gleichen Kulturkreis angehört und die Anforderungen an die Anpassungsnotwendigkeiten sich in Grenzen halten. Menschen aus dem europäischen Kulturkreis haben in Deutschland deshalb gute Startbedingungen. Die Erfahrungen aus der ersten Welle der Zuwanderung in den späten fünfziger und frühen sechziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts belegen dies. Die Eingliederung der Italiener, Spanier und Portugiesen gelang nahezu problemlos. Im Gegensatz dazu ist die Integration der Türken aus der derselben Zeit bis heute selbst in der zweiten Generation vielfach noch immer nicht abgeschlossen oder total gescheitert. Grob gesagt liegen die Ursachen an erheblichen Mentalitätsunterschieden und der engen Anbindung an den Islam, der in den Vorstellungen vieler Türkinnen und Türken eine eigene Gesetzmäßigkeit hat, die im Zweifel über den in Deutschland gültigen Rechtsregeln steht. Gerade bei der älteren Generation der Türken in Deutschland, die aus ländlichen und abgelegenen Regionen der Türkei stammen und bildungsschwach sind, fehlt die Bereitschaft zur Anpassung. Vielmehr wird beklagt, dass sich ihr Umfeld nicht an sie anpasst. Sie stellen sich Deutschland als die Klein-Türkei vor. Dass dies eine überkommene Denkschablone aus der Zeit des Osmanischen Reichs und der großen Gebietseroberungen in Europa ist, dringt nicht in das Bewusstsein ein. Schuld daran ist sicher auch die allzu große Neigung in Teilen unserer Gesellschaft, die Einnistung solcher Vorstellungen und Traditionen zu dulden. Die Duldung des Clan-Denkens, der Ghetto Bildung und die naive Aussage, die Islam gehöre zu Deutschland, haben Wirkung gezeigt. Wer sich ernsthaft mit dem Islam beschäftigt hat, kann eigentlich nicht auf die Idee kommen, Derartiges zu postulieren. Der Islam ist nicht nur Religion sondern eine politische Ideologie und Handlungsanweisung. Staatliches Handeln hat sich an dessen Regeln zu orientieren. Europäisches Rechtsverständnis ist dem Islam fremd. An dem Wahlverhalten der Bürgerinnen und Bürger mit türkischer Abstammung wird sich aus diesen Gründen mit gr0ßer Wahrscheinlichkeit auch bei kommenden Wahlen nichts ändern.