Ob Merkel oder Altmaier, ob nun Scholz, Habeck oder Lemke – sie alle haben die Weichen für die deutsche Energiepolitik mutig gestellt, doch inzwischen wird es mehr und mehr deutlich, dass sie alle übermütig waren und es immer noch sind.
Steigender Strom-Verbrauch
Mehr Elektromobile, mehr Wärmepumpen, mehr Elektrolyse, mehr Strom in privaten Haushalten und in der Wirtschaft. Die deutschen Steinkohlenzechen fördern seit Jahren nichts mehr. Steinkohle wurde derweil aus Russland, Kolumbien, Australien und anderen fernen Ländern importiert. Das Aus für die heimische Braunkohle wurde ebenfalls eingeläutet: Bis 2030 soll sie noch im Rheinischen Revier abgebaggert werden; in den ostdeutschen Revieren soll es etwas länger gehen – vielleicht bis 2038. Die Kohlekraftwerke, die sehr verlässlich Strom liefern, sollen stillgelegt werden. Die Kernkraftmeiler, die für die Grundlast sorgten, sind endgültig im April diesen Jahres vom Netz genommen worden. Für die Überbrückung setzte die Politik auf Gas, zunächst aus Russland, weil Putin lange Zeit preiswert und lange Zeit zuverlässig lieferte.
Gas als Brücken-Energie?
Doch durch die Pipeline kommt nun seit langem nichts mehr. Robert Habeck pilgerte in andere Staaten des Mittleren Ostens, machte seinen Kotau vor den Autokraten, die dort regieren, um Gas zu bekommen. Auf die Schnelle wurden LNG-Terminals errichtet, selbst auf der Ferieninsel Rügen in Mecklenburg-Vorpommern. Dieses Flüssiggas wird aus den Frackingfeldern der USA, aus Kanada und anderen Ländern importiert. Das ist allerdings wenig umweltfreundlich. Deshalb wollen Scholz, Habeck und andere Ampelpolitiker, die Fracking-Förderung in Deutschland auch nicht genehmigen. Vielmehr träumen sie jetzt vom grünen Wasserstoff, der von Energieexperten als „Champagner der Stromwirtschaft“ bezeichnet wird. Bis dieser grüne Wasserstoff in ausreichender Menge für die Versorgung in Deutschland zur Verfügung stehen und damit Kohle- und Gaskraftwerke ersetzen wird, um die Industrie damit ausreichend zu versorgen und die Wärmeversorgung privater Haushalte von Öl und Gas umzustellen, wird es noch sehr lange dauern. Große Elektrolyse-Anlagen gibt es in Deutschland noch nicht, große Pläne für die klimafreundliche Energiewende jedoch schon.
Klimaneutral bis 2045 – aber wie?
Bis 2050 will die EU klimaneutral sein, Deutschland will es sogar bis 2045 schaffen. So sieht es jedenfalls der ehrgeizige European Green Deal vor. 166 Projekte sind dafür vorgesehen. Denn die EU erwartet, dass der Stromverbrauch bis 2030 um 60 Prozent steigen wird, zumal immer mehr Autos mit Strom statt Sprit fahren, immer mehr private Haushalte mit Strom statt Öl oder Gas heizen, immer mehr Unternehmen von fossilen Energien auf Strom umstellen werden. Dabei geht es zum einen um Kraftwerke ohne CO2-Emission und die klimaschonende Versorgung, zum anderen um den entsprechenden Ausbau der Infrastruktur wie etwa der Stromleitungen. Diese reichen in Deutschland längst noch nicht aus, um überall viele Millionen Wärmepumpen und die angepeilten 15 Millionen Elektromobile mit Strom zuverlässig zu betreiben. Bis 2030 – so die Erwartung der EU – müssen allein für den Ausbau der Stromnetze 584 Mrd. Euro investiert werden. Der größte Netzbetreiber Tennet, in Deutschland müsste allein in den nächsten 10 Jahren mehr als 110 Mrd. Euro investieren, um etwa den Strom aus dem windreichen Norden in die südlichen Industrieregionen zu transportieren. Hinzu werden viele Milliarden Euro an Investitionen kommen müssen, die von den Stromversorgern für die Verbesserung ihrer Verteilernetze aufzubringen sind.
Verwirrende Förderpolitik
Die von der Ampel-Regierung geplante und zum Teil bereits realisierte Energiewende ist von Anfang an völlig falsch programmiert worden. Richtig ist allein das Ziel, das die Bundesregierung verfolgt, nämlich den Ausstieg aus klimaschädlichen Energieträgern und die Transformation der Wirtschaft und der privaten Haushalte hin zu geringeren, möglichst zu Null-CO2-Emissionen. Was auf dem Weg dahin jedoch an immer mehr Gesetzen, Verordnungen und Vorschriften in den letzten zwei Jahren beschlossen wurde, überfordert alle und insbesondere unsere Volkswirtschaft. Dasselbe gilt für die Industrie, den Verkehr, den Hausbau und für die privaten Haushalte. Dafür gibt es eine Flut von Investitionen und Förderungen aus den öffentlichen Haushalten, die immer höhere Milliarden-Summen erfordern. Auf der anderen Seite werden immer noch weit über 20 Mrd. Euro für klimaschädliche Fertigungen und Erzeugnisse aus der Staatskasse gezahlt.
CO2-Abgabe: Die beste Alternative
Politische Interventionen erfolgen in immer größerem Umfang. Selbst technische Details werden von der Bundesregierung und ihren Beamten – unterstützt von Spindoctors von AGORA und anderen Beratern – ersonnen und ins Gesetz geschrieben. Dieser Wust von politischen Vorschriften verunsichert und lähmt alle Investoren – von der Industrie bis hin zum Eigenheim. Das alles führt zur Deformation unserer Sozialen Marktwirtschaft und damit zum Attentismus von Produzenten und Konsumenten. Klimaschutz, der vor allem auf Subventionen und Interventionen beruht, ist „nicht zukunftsfähig“ – so der Chefökonom des Potsdam-Instituts für Klimaforschung. Hinzu kommt, dass diese Strategie auf Dauer nicht mehr zu finanzieren ist. Das muss die Ampel-Regierung seit dem jüngsten Urteil des Bundesverfassungsgerichts endlich zur Kenntnis nehmen.
Dringend notwendig ist deshalb eine Rückkehr zum Ordnungsrecht. Dabei sollte der CO2-Preis das Leitinstrument werden; staatlich vorgeschriebene Standards und notfalls einige Verbote können bestenfalls als Ergänzung eingesetzt werden.
CO2 vermeiden: Gewinn für alle
Denn es gilt, überall die CO2-Emissionen zu vermeiden. Denn die Treibhausneutralität, die bis zum Jahre 2045 hierzulande erreicht werden soll, hat ihren Preis. Bis Ende 2030 wird er 200 Euro pro Tonne CO2 kosten, damit es sich für alle lohnt, die Emissionen zu vermeiden. Nur so ließen sich fossile Energien unrentabel machen und in diesem Jahrzehnt weitgehend aus dem Markt drängen. Mit neuen Technologien, weitestgehend finanziert mit der Mobilisierung von privatem Kapital, wären größere Erfolge für das Klima zu erzielen. Der Ausbau von Wind- und Sonnen-Energie sollte viel schneller vorangehen – ohne die träge Bürokratie bei der Suche nach Standorten. Der Bau von Strom-Speichern muss forciert werden, um gegen die Dunkelflaute gewappnet zu sein. Der Streit über den Einsatz von E-Fuels, über Technologien im Heizungskeller und über vieles mehr – bei der klaren Vorgabe von Grenzwerten wäre das meiste überflüssig und von allen bestens zu verstehen. Förderprogramme sind zielgerichtet für einkommensschwache private Haushalte einzusetzen sowie für innovative Technologien – etwa in der Industrieproduktion, jedoch nicht als Dauersubvention. Wenn nicht bald die Energie- und Klimapolitik vom Kopf auf die Füße gestellt und das Ordnungsrecht durchgesetzt wird, kann die dringend erforderliche Klimawende nicht gelingen. Wohlstand für alle bedeutet schließlich eine lebenswerte Umwelt und eine lebendige Wirtschaft mit zukunftsfähigen Arbeitschancen. Nicht die von der Ampel gezielte staatliche Mikrosteuerung wird zum Erfolg führen. Vielmehr sollte der Staat die Angebotsbedingungen möglichst breit und wettbewerbsfördernd gestalten. Dadurch erhöhen sich die Chancen für einen nachhaltigen und produktiven Strukturwandel, der zu mehr Wachstum, Wohlstand und Widerstandsfähigkeit in Deutschland führt.
Ost bemängelt Verwirrung in der Förderpolitik und sieht die Energiewende von Anfang an als falsch programmiert an. Er schlägt vor, zum Ordnungsrecht zurückzukehren und den CO2-Preis als Leitinstrument zu nutzen. Der Autor betont die Notwendigkeit einer Neuausrichtung auf marktwirtschaftliche Prinzipien, klare Grenzwerte, gezielte Förderprogramme und verstärkte Nutzung privaten Kapitals für den Ausbau erneuerbarer Energien. Insgesamt wird die Bedeutung einer umfassenden Neuausrichtung betont, um langfristigen Wohlstand und Umweltschutz zu gewährleisten.