Nordrhein-Westfalen, einstmals auch Energieschmiede der Republik, hat schon lange mit schwindendem Bedeutungsverlust zu kämpfen. Das sind nicht nur die strukturellen Probleme von Kohle und Stahl, neben prosperierenden Landschaften am Rhein oder in Westfalen, generationsübergreifenden Subventionsmentalitäten neben innovativen Hochschullandschaften; das sind auch die zwei Energieunternehmen Eon und RWE, die gerade jetzt in den Zeiten der großen Krise wie gewohnt subtil gegeneinander los gehen und jeder auf eine ganz besondere Art sein Heil aus dem Niedergang sucht.
Zu der entsprechenden politischen Landschaftspflege gehören natürlich auch die Unternehmenslobbyisten, die am „Hof“ in Berlin oder Brüssel das Konzept des „ Gegners „ madig machen. Statt gemeinsam den Weg aus der Krise zu suchen, bewertete RWE-Chef Peter Terium die Eon-Strategie einer Aufteilung des Unternehmens in einen grünen zukunftsträchtigen Bereich und einen Restbereich „Uniper“ mit der Kernenergie öffentlich als falsch. Recht hat er zwar, wie die abermalige Volte von Eon-Chef Johannes Teyssen zeigt, der plötzlich seine von ihm selbst als alternativlos postulierte Strategie nach entsprechenden Signalen aus der Politik wieder gekippt hat und den Bereich Atom nun doch wieder in die neue/alte grüne EON holen will. Da zeigt sich die stupende Hilflosigkeit eines hochdotierten Managements. Doch solche auf offener Bühne irrlichternde Schaukämpfe bieten keine Lösungen, sondern erschweren auch der Politik das Handwerk. Sie will das Thema endlich los werden und ist die vielen gegensätzlichen Ansprechpartner aus der Energiewirtschaft leid. Sicher, Eons Lobbyisten haben in Brüssel und Berlin mächtig gegen die RWE-Braunkohlekraftwerke gestänkert, auch weil ihre eigenen „sauberen „ Gaskraftwerke still stehen, aber dieses kleinkarierte Spiel der Energie-Netzwerker ist nach hinten gerichtet.
Den großen Wurf, das Geschäftsmodell deutsche Energiewirtschaft 2030, können und konnten sie bislang immer noch nicht vorlegen. Jeder versucht seine eigene Haut zu retten. RWE probiert das mit immer neuen Sparprogrammen, Personalabbau, Verschlankungen, Verkäufen wie Dea und der Hoffnung auf bessere Zeiten. Ihren Klotz am Bein, die Braunkohle, wird sie eher kurz- als langfristig als eine Übergangsenergie mit Auslaufzeiten aus der Bilanz streichen müssen.
RWE hat mit rund 25 Prozent kommunaler Besitzer ohnehin traditionell oft mehr mit Energiepolitik als mit Energiewirtschaft zu schaffen. Darunter sind auch hochverschuldete Revierkommunen, die noch vor einiger Zeit von Evonik den Kohlekraftwerksbetreiber Steag gekauft haben. Kohlekraftwerke, deren Ende abzusehen sind. Altes Revier eben mit Seilschaften aus unbekümmertem Glück auf Zeiten. Daraus wuchsen Machtansprüche, die gerade jetzt wieder im Revier an die alten Zeiten von Filz und sorglosem Postengeschacher erinnern.
Werner Müller, ehemaliger Bundeswirtschaftsminister und Evonik-Chef, will mit kommunaler Unterstützung Aufsichtsratsvorsitzender von RWE werden. Das könnte auch, wie es heisst, für RWE eine Teilabwicklung oder Teilverstaatlichung zur Folge haben. Ob dies jedoch mit den Haftungsfragen der Kernkraftwerke vereinbar ist, – siehe EON -, die ja auch noch im wahrsten Sinn des Wortes zu verkraften sind, darf bezweifelt werden. Müller-Freunde verweisen dabei auf die Ewigkeitskosten der Steinkohle, die mit der RAG-Stiftung aufgefangen worden sind. Ähnliches könnte bei der Kernenergie mit einer Atomstiftung geschehen.
Schon bei der nächsten Sitzung am 18. September soll Werner Müller in den Aufsichtsrat gewählt werden, die CDU verzichtet dafür sogar auf eines ihrer beiden kommunalen Mandate. Der parteilose Müller, der als SPD-nah gilt, hat mit Helmut Linssen, dem ehemaligen CDU-Granden, einen wackeren Mitstreiter, der ihm auch in der RAG-Stiftung mit einem hochdotierten Posten eng verbunden ist. Insider wissen, wenn Müller zu RWE kommt, ist Peter Terium wohl geliefert. Müller gilt als taktisch gewieft, politisch bestens vernetzt und mit einer spielerischen Chuzpe versehen, die ihn zu einem der kühlsten Zocker der deutschen Industrie gemacht hat. Auch Norbert Römer, SPD-Fraktionsvorsitzender im Nordrhein-Westfälischen Landtag, gilt als Truppenführer in der Sammlungsbewegung Werner Müllers. Zudem hat er im Evonik-Konzern Mitstreiter, die vor einer offenen Feldschlacht, wie sie nun zu bestaunen ist, sicher alle Winkelzüge bedacht haben.
Noch RWE-Chefaufseher Manfred Schneider ist müde und verbraucht. Sein Favorit, Werner Brandt, der ehemalige Finanzvorstand des Softwarekonzerns SAP, wird in seiner Funktion als Vorsitzender des RWE-Prüfungsausschusses von Fachleuten geschätzt, doch: Die kommunalen Anteilseigner führen gegen ihn ins Feld, Brandt sei wie Peter Terium ein ehemaliger Controller und ein Controller könne nicht der Chefaufseher eines anderen Controllers werden. Nach dieser Logik darf ein Bademeister nicht schwimmen können oder, oder…
Bei diesen Ruhrfestspielen darf mit spannenden Aufführungen gerechnet werden. Gegeben wird das Dauergastspiel „ Die Büchsenspanner „….
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