Gas und Öl strömen weiterhin ungebremst aus russischen Leitungen, auch via Ukraine. Es gibt keinen Mangel. Aber die Preise explodieren dennoch. Für Strom, Gas, Heizen und Autofahren sind sie seit dem russischen Überfall auf die Ukraine sprunghaft angestiegen. Es wird wieder einmal gut verdient in Krisenzeiten. Die Angst ist ein mächtiger Treiber. Aber langfristig wird es „duster“.
Bei allem Verständnis dafür, dass die Politik sich völlig auf den Stopp des Krieges konzentriert, wundert es, dass bisher kurz- und mittelfristige Konzepte für eine stabile, bezahlbare und deutlich unabhängigere Energie- und Mobilitätspolitik fehlen. Über Nacht war es möglich, 100 Milliarden für die Bundeswehr aufzutreiben. Ähnlich wie die Preise für Benzin und Diesel explodieren seitdem die Aktienkurse der Rüstungsindustrie. Aber außer einem Appell zum Energiesparen, dem vorgezogenen Wegfall der EEG-Abgabe bei Strom und unsinnige Überlegungen wie z.B. die Atomkraftwerke länger laufen zu lassen oder sogar abgeschaltete Meiler wieder ans Netz zu nehmen, fällt den Energiepolitikern bislang wenig hilfreiches ein. Ok, Flüssiggas soll nun importiert werden. Die USA hören das gerne, da sie ja der größte Anbieter und Exporteur von Fracking-Gas sind (auch da steigen die Aktienkurse rasant). Und Umweltaspekte spielen da im Moment überhaupt keine Rolle. Diese Ideen sind alles tote Pferde. So werden die Energiewende und der Klimaschutz in schwierigen Zeiten um Jahre zurückgeworfen.
Im Herbst 2020 bezahlten Haushaltskunden für eine Jahresmenge von 20.000 kWh weniger als 1100 EURO. 2021 schon über 1400. Und heute kostet in Düsseldorf die gleiche Menge über 2000 EURO, in München beim lokalen Versorger 2800 EURO (alles Neukundenpreise).
Beim Benzin und Diesel ist der Preisanstieg noch rasanter. Wer vor einem Jahr noch für ca. 1,30 EURO einen Liter Diesel tankte, musste heute Morgen schon 2,30 also einen EURO mehr berappen.
Und ähnlich sieht es beim Strom aus. Auch ohne den Ukraine-Krieg explodierten seit Ende 2021 die Preise. Kam Ende 2020 ein Zweipersonenhaushalt (3600 kWh) noch mit ca. 1000 EURO aus, werden jetzt dafür über 1500 EURO mehr fällig. Rechnet man bei Strom, Gas und Diesel/Benzin mal die Mehrkosten aus, so kommen wir bei einem sparsamen Zweipersonenhaushalt mit einem kleinen Auto und wenig Laufleistung (<15.000 km/Jahr) auf eine Mehrbelastung von ca. 200 EURO im Monat. Und die Preise galoppieren ja noch weiter. Der zum 1.7. beschlossene Wegfall der EEG-Abgabe beim Strom deckt dann noch nicht einmal einen Monat ab. Andere Preissteigerungen hierbei noch nicht einmal berücksichtigt!
Laut ZfK sieht „Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (..)die Energieversorgung in Deutschland trotz des Kriegsbeginns von Russland als nicht gefährdet. Wichtige Pfeiler sieht er in einer künftigen Gas- und Kohlereserve, deutschen LNG-Terminals sowie dem raschen Ausbau der Erneuerbaren.“
Das stimmt. Es gibt noch keine Knappheit an Energie und auch mittelfristig werden wir das schon schaffen. Da hat Habeck Recht. Aber die Wahrheit ist: Es werden immer weniger Bürger das bezahlen können. Es trifft nämlich Menschen mit durchschnittlichen oder unterdurchschnittlichen Einkünften, Rentner und auf Sozialleistungen angewiesene Menschen in brutaler Härte. SUV oder Porschefahrer können diese Preissteigerungen locker wegstecken.
Wir brauchen langfristige wie auch kurzfristige Strategien. Energiesparen tut Not. Tempolimit 120 auf den Autobahnen sofort. Höhere Besteuerung von Umweltmonstren wie SUVs. Sozialtarife bei Strom und Gas, die eine preiswerte Grundversorgung allen Bürgern ermöglichen. Es gibt Vieles, was man sofort umsetzen könnte. Die Deutsche Umwelthilfe hat errechnet, dass mit Tempo 100 auf der Autobahn, 80 außerorts und Tempo 30 innerorts über 9 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr eingespart werden können. Und bis zu 3,7 Mrd. Liter Benzin und Diesel. Bei den aktuellen Preien entspräche einer Einsparung von über 8 Milliarden EURO. Das verhindert aktuell insbesondere die FDP.
Dann natürlich Abbau der Hemmnisse für den zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien. 16 Jahre Merkel haben hier mittlerweile eine Flut kaum noch zu überschauender Hürden entstehen lassen. In Bayern und auch in den anderen CDU-regierten Bundesländern ist es mittlerweile einfacher ein Braunkohlekraftwerk zu bauen als eine Windkraftanlage. Auch müssen viele Hürden beim Ausbau der Photovoltaik abgebaut werden. Überhaupt die Überregulierung in der Energiewirtschaft muss sofort fallen. Wer eine Photovoltaikanlage auf seinem Dach hat, kann Überschüsse im Moment kaum an seinen Nachbarn liefern oder den (eigenen) überschüssigen Strom im Büro oder unterwegs an einer Ladesäule nutzen. All diese Probleme gehören sofort angefasst. Das sollte doch ähnlich schnell gehen können wie die Öffnung aller Schleusen bei den Rüstungsausgaben. Man muss es nur wollen und anpacken.