Wie immer: die Unschuldsvermutung gilt. So lange dem Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki nicht nachgewiesen wurde, dass er vor Gericht die Unwahrheit gesagt hat über sein Wissen an Missbrauchsdelikten ihm unterstellter Priester, ist er nicht zu belangen.
Dass die Staatsanwaltschaft Zweifel an seiner Glaubwürdigkeit hat, ist belegt durch die spektakuläre Razzia, mit der sie die Privaträume des Kardinals und weitere Geschäftsräume der Erzdiözese in dieser Woche überzog. Eine juristische Recherche, die Woelki überstehen oder verlieren kann.
Doch jenseits der Justiz gibt es für Unschuldsvermutung keinen Raum. Die undurchsichtige Rolle, die der Kölner Kardinal, aber auch der gestorbene Papst Benedikt und viele andere Oberhirten in den Missbrauchsaffären spielten, sind verantwortlich für die exorbitante Zahl von mehr als einer halben Millionen Menschen, die der katholischen Kirche in Deutschland 2022 den Rücken kehrten.
Die Kirche schafft sich ab, weil immer mehr Gläubige in ihr nicht einen Ort des Heils sondern eine „kriminelle Vereinigung“ sehen, wie der Salzburger Theologe Gregor Maria Hoff bitter gegenüber dem Kölner Stadtanzeiger urteilte.
Der Kölner Kardinal ist nicht der Allein-Verantwortliche, aber er ist für viele das Gesicht einer Kirche, in der sich Gläubige weigern, an einem Gottesdienst teilzunehmen, wenn er zelebriert. Wie jüngst bei der Heiligtumsfahrt in Aachen geschehen. Mitglieder eines Mädchenchors wollten nicht singen, wenn der Kölner Kardinal komme. Woelki blieb in Köln und kommentierte: Gottesdienst dürfe nicht zu einer Protestform geraten. Doch, er muss!!!
Anders ist diesen Hirten, die sich qua Amt in der Wahrheit des Glaubens wähnen, nicht beizukommen. Sonst wird diese Kirche nicht zu retten sein. Und bei aller Kritik, sie muss gerettet werden. Weil unzählige Gemeinden und soziale Initiativen das christliche Engagement in Kindergärten, Schulen, Krankenhäusern und für die Ausgestoßenen der Gesellschaft brauchen.
Sie sind Kirche, nicht die Woelkis, die ihre Lämmer verstören, als hätten sie eine zweite Herde im Keller.