Nun ist das Maut-Debakel perfekt. Der Bund muss den Betreiberfirmen der 2019 gescheiterten Pkw-Maut 243 Millionen Euro an Schadenersatz zahlen. Das ist das Ergebnis eines Schiedsverfahrens zwischen den Maut-Betreibern und dem Bundes-Verkehrsministerium. Der Haushaltsausschuss hat dem Vergleich in einer geheimen Sitzung zugestimmt. Eine bittere Summe, wie der amtierende Verkehrsminister Volker Wissing(FD) bei der Bekanntgabe des Schiedsspruchs betonte. Und wie an anderer Stelle hinzugefügt wurde, sind für den Schaden allein die CSU und deren früherer Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer verantwortlich. 243 Millionen Euro, für die alle Steuerzahler zur Kasse gebeten werden und das an anderer Stelle als Investition fehlen wird.
Für die CSU war die Ausländer-Maut ein Vorzeige-Projekt für ihre Wahlkämpfe, die aber nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs im Jahre 2019 gegen EU-Recht verstößt, weil es eine Diskriminierung für Ausländer darstellt, nur sie mit Autobahn-Gebühren in Deutschland zu belasten, die deutschen Autofahrern aber mit Abschlägen bei der Kfz-Steuer zu entlasten.
Ein kurzer Rückblick: Angestoßen hatte die Ausländer-Maut der damalige bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer(CSU). In bester Bierzelt-Manier zielte der frühere CSU-Chef auf den Ärger deutscher Wählerinnen und Wähler, die sauer waren darüber, dass sie in vielen europäischen Ländern eine Autobahn-Maut zahlen mussten, während Ausländer auf deutschen Schnellstraßen unbehelligt blieben. Eine Debatte, die vielfach sehr populistisch geführt wurde. Die Milliarden-Euro-Kosten für die Instandhaltung deutscher Autobahnen wurden ins Feld gebracht, die allein deutsche Steuerzahler entrichten müssten. So wahr mancher geäußerte Gedanke war, so schwierig war es, einen Entwurf für ein entsprechendes Gesetz vorzulegen, das das Ziel gehabt hätte, Ausländer entsprechend zur Kasse zu bitten und deutsche Autofahrer zu schonen.
Dobrindt und Seehofer
Der damalige Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt(CSU)-und heutige CSU-Landesgruppenchef in Berlin- tat seinem Parteichef den Gefallen und griff den Gedanken Seehofers zwischen 2013 und 2017 auf. Gegen alle Einwände namhafter Juristen plädierte er für den aberwitzigen Plan, alle Pkw-Nutzer auf deutschen Autobahnen sollten eine Maut bezahlen, aber die deutschen Fahrzeughalter sollten komplett schadlos bleiben, indem ihre Kfz-Steuer zu mindestens 100 Prozent um jenen Betrag gesenkt wird.
Dobrindts Amtsnachfolger Andreas Scheuer(CSU) ging dann 2018 und unter großem Druck der CSU übereilt und mit Eifer an die Sache heran. Kritische Stimmen, die vor einer Diskriminierung von Ausländern warnten und auf eine mögliche Klage vor dem Europäischem Gerichtshof hinwiesen, wurden von CSU-Seite vom Tisch gefegt. Motto: Mia san mia, uns kann keiner. Wir wissen es besser.
Scheuer schloss mit den Firmen „Kapsch“ und „Eventim“ unter „haushalts- und vergaberechtlich fragwürdigen Umständen(so die Zeitung „Die Welt“) einen für die „Unternehmen komfortablen Betreibervertrag“ zur Erhebung von Maut-Gebühren. Warum der Minister die damals schon laufende Klage aus Österreich und den Niederlanden nicht abwartete, sondern unterschrieb, bleibt sein Geheimnis. Und als der EUGH dann das CSU-Vertragswerk für europarechtswidrig erklärte, war es wiederum Scheuer, der die Verträge mit den Firmen in einem Hauruck-Verfahren(„Die Welt“) kündigte. Die Folgen hat nun der amtierende Bundesverkehrsminister Wissing auszubaden beziehungsweise der Steuerzahler, also wir alle.
Es ist verständlich, dass die anderen Parteien der CSU und Scheuer Vorwürfe machen. Es wirkte fast lächerlich, als der CSU-Bundestagsabgeordnete Stephan Mayer, ehemals Generalsekretär der Partei(Gegenüber einem Journalisten drohte er einst: „Ich werde Sie vernichten“) und Parlamentarischer Staatssekretär unter Bundesinnenminister Horst Seehofer, nach dem Schiedsspruch Scheuer ein wenig in Schutz nahm und betonte, nicht allein die CSU sei Schuld an dem Maut-Desaster. Damit will er wohl ablenken von dem Versagen von Scheuer, Dobrindt, Seehofer. Am 8. Oktober ist Landtagswahl im Freistaat. Markus Söder kann einen solchen Skandal nicht gebrauchen.
Aber es ist auch seine Verantwortung, dass einer wie Andreas Scheuer, CSU-Politiker aus Passau, bekannt für seine Selbstüberschätzung und mangelnde Bescheidenheit, als Minister im Amt bleiben konnte und weiter für die CSU im Bundestag sitzt. Scheuer hat das Maut-Debakel wesentlich allein verursacht. Es bleibt ungeklärt, ob der Mann einst im Untersuchungsausschuss zur Klärung der Maut-Fragen gelogen hat. Bisher gab es kein Wort der Entschuldigung von ihm, war nichts von ihm zu hören, dass er Einsicht zeigen würde, einen Fehler gemacht zu haben. Er doch nicht, Andreas Scheuer. Und es bleibt abzuwarten, ob der bayerische Ministerpräsident Söder auch nach der Maut-Pleite noch einmal die Grünen so attackieren würde wie gehabt. Die politischen Folgen des Debakels hat die CSU zu tragen. Und Söder.
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