Nun ist er gestorben. Still und nicht überraschend nach 87 Lebensjahren. Hans Koschnick, der große immer schnell sprechende Bremer, an den die Hansestadt gestern in einer Gedenkfeier erinnerte. Zuverlässig in seiner Freundschaft wie in seiner Hilfsbereitschaft, das war Hans Koschnick. Er war ein enger Freund von Willy Brandt und Egon Bahr. Vom Hamburger Hanseaten Helmut Schmidt wurde er nicht geschätzt. Das hat der Bremer Hanseat Koschnick verschmerzen können. Er war ein überzeugter Anhänger wie Verfechter einer demokratisch verfassten, toleranten Gesellschaft.
Das hängt sehr mit seiner Familiengeschichte zusammen. Der junge Mann ist, als die Wehrmacht 1939 in Polen einmarschiert, zehn Jahre alt. Der Vater, ein Funktionär der kommunistischen Revolutionären Gewerkschaftsopposition (RGO), hat in jenem Jahr bereits fünf Jahre Gefängnis, Zuchthaus und das KZ Sachsenhausen hinter sich. Unter dem Vorwurf des Hochverrats war er in den Abendstunden des 1. Mai 1933 verhaftet worden. Die Mutter verweigert den Hitlergruß ebenso wie den Eintritt in die Deutsche Arbeitsfront. Sie hält Verbindung zwischen verschiedenen Widerstandsgruppen. Immer wieder kommt sie in Untersuchungshaft. Der junge Hans wächst bei seinen Großeltern auf.
Bei Kriegsende ist er 16 Jahre alt. Das Land ist verwüstet, Bremen auch. 1950 tritt er in die SPD ein. 1963 wird er mit 34 Jahren Senator. Drei Jahre später Chef der Landesregierung. Das bleibt er bis 1985. Stellvertretender Parteivorsitzender unter Willy Brandt ist er von 1975 bis 1979. Zusammen mit Egon Bahr wollten sie ein anständiges Deutschland und auch eine neue Ostpolitik. Bahr kümmerte sich im Auftrag Brandts um die Sowjetunion. Koschnick um Polen: „Wir fragten uns, wie können wir einen wirklichen, spürbaren Beitrag zu einer Verständigungspolitik erreichen, die die Friedenspolitik ausarbeiten muss,“ formulierte es Koschnick im Rückblick auf jene beginnenden 70ger Jahre vor einiger Zeit.
1970 wird der Warschauer Vertrag abgeschlossen. Die Nationalkonservativen in Deutschland schäumen. Die Anerkennung der Oder-Neisse-Grenze ist für sie unakzeptabel. Brandt, Bahr, Koschnick und andere werden kritisiert, denunziert. Den noch jungen Bremer Bürgermeister hat das nicht eingeschüchtert. Außen- wie innenpolitisch lässt er sich von der von ihm einmal so formulierten Frage leiten: „Wie kann ich erreichen, dass die eine Seite nicht vergisst, wie es der anderen Seite geht?“
Bildquelle: Wikipedia, Heinz-Josef Lücking, Hans Koschnik auf einer Podiumsdiskussion auf dem evangelischen Kirchentag in Bremen 2009, CC BY-SA 3.0 de