Viele erinnern sich noch an Karl-Theodor zu Guttenberg. Der Jungstar aus bayerischen Gefilden war kaum im Bundestag angekommen, da setzte er auch schon in Berlin zu einem Höhenflug an. Zunächst wurde der forsche Jungpolitiker Chef des Bundeswirtschaftsministeriums. Einige betriebswirtschaftliche Grundkenntnisse hatte er ja zuvor in der heimischen Gutsverwaltung erworben. Von einigen Medien wurde er sogleich zu einem Nachfolger von Ludwig Erhard hochgeschrieben; es reichte kaum zum Erbe von Heinz Erhardt.
Als es um die Rettung von Opel ging, lieferte er keine substanziellen Beiträge, doch eine Menge von verbalen Inszenierungen. Das ging bis zur Androhung seines Rücktritts vom Ministeramt, falls staatliche Knete zur Stützung des Autokonzerns fließen sollte. In der Politik hatte eigentlich niemand ernsthaft daran gedacht; deshalb war Guttenbergs Drohung ohnehin eine echte Luftnummer – ganz nach dem Prinzip mit Rücktritt drohen, wenn Verbleib gesichert.
So sonnte er sich medial als Freiherr der Marktwirtschaft, obwohl er im zuständigen Ministerium nahezu nichts zustande brachte und bis auf das Foto von ihm, das dort an der Wand hängt und ihn in der Ahnenreihe seiner Vorgänger präsentiert, keine Spuren hinterließ.
Nach dem wahrlich kurzen Intermezzo im Bundeswirtschaftsministerium übernahm er quasi wie ein neuer Messias das Verteidigungsressort. Karl-Theodor zeigte sich der staunenden Öffentlichkeit als Möchtegern-Feldherr. Seine Truppenbesuche in Afghanistan, natürlich in Begleitung seiner Frau und vieler Fernsehteams, ließ er Hollywood-like inszenieren. Sogar eine TV-Talkshow wurde vor Ort im Kampfgebiet aufgezeichnet.
Der Superstar wurde indessen schnell zu einer Sternschnuppe, die für eine Selbstverglühung sorgte. Seine Doktorarbeit zeichnete sich durch viele Plagiate aus, was er zunächst bestritt, dann jedoch kleinlaut zugeben musste, dass er mehr bei anderen abgeschrieben denn eigene Geistesblitze in seine Dissertation gebracht hatte. Karl-Theodor war in kürzester Zeit so entzaubert worden, dass er den Ministersessel räumte und ins “Exil“ in die USA floh.
Aber das Schweigen ist seine Sache nicht. Zwar verschmähte er noch die Entgegennahme des Ordens wider den tierischen Ernst in Aachen und schickte dort seinen Bruder ins Gefecht. Doch mit verschiedenen Beiträgen, aus den USA abgefeuert, versuchte Karl-Theodor seine Sicht der Weltpolitik – vornehmlich in der Bild-Zeitung – allen zu erklären und sich damit in Erinnerung zu bringen. Angesichts der personalpolitischen Nöte und Engpässe, die sich in der CSU auftun, mag er auf einen Ruf aus Bayern hoffen und gleich alle Fenster in seinem amerikanischen Refugium offen lassen.
Was er indessen gerade jüngst zu den politischen Entwicklungen in der Ukraine und im Nahen Osten zum Besten gab, damit disqualifiziert sich der einstige Hoffnungsträger. Just zum NATO-Gipfel in Wales warf er insbesondere Europas Politikern ziemlich unverfroren vor, dass sie keine Strategie hätten, dass sie unwissend seien und dass ihnen alles egal sei. Karl-Theodor zu Guttenberg haute richtig auf den Putz und hielt den Politikern Europas in Sachen Ukraine-Russland, Naher Osten und Dschihad “wahnhafte Entrückung“ vor. Sie seien wie die einst vor dem 1.Weltkrieg Handelnden “Schlafwandler“. Erbärmlich – so Karl-Theodor zu Guttenberg aus dem amerikanischen Hinterhalt – sei die Kürzung des deutschen Wehretats und die Berufung der italienischen Außenministerin Federica Mogherini zur Außenbeauftragten der EU sei ein “historischer Fehler“.
Das ist wahrlich starker Tobak eines politischen Gernegroß, der solche Geschütze auffährt, die indessen zu Rohrkrepierern werden. Wer – wie der fränkische Freiherr – immer noch im Glashaus sitzt, sollte dort etwas mehr Demut üben und nicht so dicke Böller abschießen. So organisiert er ein weiteres Scherbengericht für sich selbst, zumal die Scherben, die er in seiner kurzen Politiker-Karriere in Berlin hinterlassen hat, noch nicht weggekehrt sind. Schweigen ist bisweilen wirklich Gold, Guttenbergs Worte sind jedoch Blech. Er ist und bleibt der große Blender und der am meisten überschätzte Politstar, ein Felix Krull aus bayerischen Gefilden.
Bildquelle: „Guttenberg with soldiers in Kunduz Province“ von ISAF Headquarters Public Affairs Office from Kabul, Afghanistan – [1]. Lizenziert unter Creative Commons Attribution 2.0 über Wikimedia Commons
Guttenberg aus dem amerikanischen Hinterhalt, welch gutes Bild.
Aber wer hatte ihm den die Plattform gegeben?
Mag er auf einen Ruf aus Bayern hoffen, bitte nicht, dort trollen sich doch schon zu viele Amigos in der Politik.