Natürlich heben der Bundespräsident und die Bundeskanzlerin gleich mit dem Bundesflieger ab, um das Finale der Fußball-WM im Estádio do Maracanã in Rio live zu genießen. Egal, wie das Ergebnis sein wird, billiger kann man als Politiker nicht die Sympathie des Volkes einkassieren. Entweder wird Merkel als „Mutter der Nation“ die Helden, vermutlich situationsbedingt, leicht bekleidet in der Kabine herzen und kosen oder die Verlierer nach heldenhaftem Kampf im Namen des Volkes trösten. Schade, dass Christian Wulff nicht an ihrer Seite ist. Das wäre die perfekte „Bild-Inszenierung“ gewesen. Die Doppelspitze im Boulevardeinsatz wird aber trotz der fußballfernen „Spaßbremse“ Gauck funktionieren. Und die Kicker und Bundes-Jogi und natürlich alle Medien werde es lieben und loben. Dabei wäre es doch vielleicht einen Gedanken wert, ob sich die Bundeskanzlerin bei dieser Gelegenheit nicht, wie schon so oft und aufdringlicher als jeder Bundeskanzler vor ihr, so in den Vordergrund rücken sollte. Etwas staatsfrauliche Zurückhaltung wäre in der Sache und vor dem Hintergrund der Lage der nationalen und internationalen Politik angemessen.
Aber ganz sicher wird der Drang siegen, sich bildgerecht in Szene zu setzen und den politischen Anstand pausieren zu lassen. Schade, aber die Chancen stehen auch bei den Wettbüros schlecht. Wer darauf setzt, dass Merkel dem Kabinengangdrang folgt und sich inmitten der leichtbekleideten Helden, egal ob als Sieger oder Fast-Sieger, ablichten lässt, wird allenfalls den Wetteinsatz zurück bekommen. Wer den Uli Hoeneß in sich spürt und risikoreich zockt, kann aber mehr als das Fünffache aus dieser Wette herausholen. Die Chancen dafür stehen schlecht.
Das politische interessierte Publikum, das sich fragt, ob es während der größten Krise in den deutsch-amerikanischen Beziehungen nicht Wichtigeres gibt, wird ebenso enttäuscht werden. Die Antwort ist nämlich ein klares Nein. Die Kanzlerin hat sich wenig um NSA-Affäre, die millionenfache Verletzung der Grund- und Persönlichkeitsrechte von Bundesbürgern und kaum um den BND-Spionagefall gekümmert. Selbst die Tatsache, dass ihr Handy von den US-amerikanischen Freunden abgehört wurde, hat im schlimmsten Fall dazu geführt, dass die, wie es treffend der Postillion schreibt, die 3-Tagesbetrofenheit auf 5 Tage ausgedehnt wurde.
Jetzt, nachdem nun auch der MAD angezapft wurde, hat sich die Kanzlerin zu einem massiven Schritt hintreiben lassen, wohl um der bereits seit Monaten andauernden Empörung des Volkes zumindest etwas Rechnung zu tragen, und hat den für die Nachrichtendienste der USA verantwortlichen Militär „gebeten“, Deutschland zu verlassen. Eine in den Beziehungen zur USA bisher einmalige Maßnahme. Aber so groß die Krise auch sein mag, das Regieren kann warten. Erst einmal, zur Affäre passend, „wanzt“ sich die Kanzlerin an unsere Fußballer ran. Das gibt schöne Bilder und die mediale Aufmerksamkeit wird ihr sicher sein. Den BILD-Aufmacher vom Montag können wir schon erahnen. Das transatlantische Bündnis muss eben warten. Es gibt halt Wichtigeres. Das Ergebnis werden wir mit dem nächsten Politbarometer erfahren. Egal wie das Spiel ausgeht, Merkel hat dabei gewonnen. Ach ja, wer Weltmeister wird, steht dann doch, wie üblich, direkt nach dem Spiel fest.
Bildquelle: www.bundeskanzlerin.de