Was ist los in der Union? Die Christdemokraten geben Anlass zu der Frage, warum sie jede Gelegenheit nutzen, um diejenigen in der SPD zu bestärken, die sich bestenfalls eine Minderheitenregierung vorstellen können. Wenn das die Stänkereien der Union begründet, dann allerdings ist sie dabei, selbst den Preis für eine Tolerierung durch die SPD hoch zu treiben. Jedenfalls nutzt die CDU jede Gelegenheit, der SPD eine Gesicht wahrende Rückkehr in eine große Koalition möglichst zu verbauen. Mit oder ohne Eintritt der Sozialdemokraten in eine neue Bundesregierung wird die Union einige Kröten zu schlucken bekommen, die vor allem der CSU Bauchschmerzen verursachen werden.
Dabei geht es nicht allein um die Nutzung von Pflanzenschutzmitteln wie Glyphosat. Die nachvollziehbare empörte Reaktion der SPD als Schmierentheater abzutun, zeigt ja nur, dass hier wohl auch auf die Noch-Kanzlerin Merkel gezielt wird. Deren Abgang auf Raten scheint damit eingeläutet zu sein. Wie soll sie einer Koalition vorstehen, in der die Schwesterpartei den Schwenk nach Rechts nur deswegen nicht vornehmen darf, weil das jede Zusammenarbeit mit der SPD torpedieren würde? Genau das aber, glauben die Christsozialen, wäre für sie die Rückkehr zur Mehrheit in Bayern, die sie gerade bei der Bundestagswahl mit dem schlechtesten Wahlergebnis in ihrer Geschichte verloren haben.
Was sollen Warnungen an die SPD?
Die Bayerische Schwester brachte etwas über sechs Prozent zum Gesamtergebnis der Union auf die Waage, tut aber so, als ob sie vor Kraft nicht laufen kann. Was sollen daher Warnungen an die SPD, sich mit Forderungen zurückzuhalten. Was soll der Hinweis auf das eigene Wahlprogramm, das Geltung habe. Sind Kompromisse ausgeschlossen, zumal die CSU ja schon im Vorfeld der Jamaikaverhandlungen die CDU zu Tisch bat, um mit einem Formelkompromiss zur Flüchtlingsfrage und einer kaum verdeckten Obergrenze widerwillig in die Verhandlungen einzutreten. Kein Wunder, das mehr als 100 ungelöste Fragen übrig waren, als der selbstverliebte Herr Lindner und FDP-Vorsitzende den Stecker zog und sich über Jamaika Dunkelheit ausbreitete.
Da waren allerdings schon fast zwei Monate ins Land gegangen und jetzt darf sich die SPD jeden Tag Aufforderungen anhören, nun mal schleunigst wieder in die ungeliebte GroKo zurückzukehren, die für beide Partner gerade vom Wähler gehörig abgestraft worden war. Zwei Stunden nun beim Bundespräsidenten und die Aufforderung, die einzig verbliebene Alternative für eine Regierungsmehrheit nicht von vornherein auszuschließen. Kaum beendet, war der Schwur, von diesem Gespräch nichts nach draußen dringen zu lassen, schon gebrochen, bevor der SPD-Vorsitzende eigentlich nur zu seiner Bekräftigung vor die Presse treten wollte.
Merkel hat eigenen Laden nicht unter Kontrolle
Wer das tut, muss wissen, dass er damit jedes Vertrauen in die Redlichkeit seiner Argumente zerstört. Gleichzeitig wird deutlich, dass Angela Merkel den eigenen Laden nicht mehr unter Kontrolle hat. Ob ihre Tage gezählt sind und wer sie beerben könnte, ist weiterhin unklar. Allerdings hat sie bislang auch noch nicht einen einzigen Hinweis gegeben, mit welcher Mission sie in die jedenfalls letzte Periode ihrer Kanzlerschaft gehen möchte. Gleichgültig, wie viel Zeit die eigene Partei und die CSU ihr dafür von der vierjährigen Legislaturperiode zu lassen gewillt ist.
Das die SPD vor diesem Hintergrund Zeit braucht, ist mehr als einsichtig. Es sollte zudem nicht vergessen werden, dass im Bundestag die von ihren Regionalinteressen besessene CSU dabei ist, den rechten Rand noch zu stärken. Damit ist klar, wer das staatspolitische Interesse hintanstellt, und sich davon Vorteile und Rückkehr zu alter Stärke verspricht. Vieles spricht dafür, dass dies eher die AfD, jedenfalls kaum die CSU sein wird.
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