Der ältere Zuschauer wird sich noch an die Rote-Socken-Kampagne der CDU unter Helmut Kohl erinnern. Generalsekretär war Peter Hintze, der vor Jahr und Tag verstorben ist. Damit wurde versucht, die SPD auf links zu drehen, wie es auch Heiner Geißler mehrfach gemacht hatte. Heißt, den Wählerinnen und Wählern wurde vorgegaukelt, wenn ihr die SPD wählt, bekommt ihr eine Koalition mit der Links-Partei, die vormals PDS, davor SED hieß. Gemeint die Kommunisten. Die Sache funktionierte, Kohls CDU konnte weiterregieren, die SPD blieb in der Opposition. Am Sonntag beim Triell packte Armin Laschet, der für seine Verhältnisse kämpferisch wirkte, zwar nicht die roten Socken aus, aber er drängte den SPD-Kanzlerkandidaten Olaf Scholz in die linke Ecke. Scholz solle abschwören, übersetze ich mal den CDU-Angreifer, hier und heute, gemeint vor laufender Kamera schwören, dass er mit den Linken keine Regierung bilden werde. Drei Worte genügten, meinte Laschet, die Scholz sagen müsste, um Klarheit zu schaffen. Laschet hatte sich verzählt, vier Worte wären es gewesen. Aber auch die verweigerte Scholz mit seiner stoischen Ruhe. Warum sollte er, hatte er doch selbst nach den Moderatoren von RTL ein solches Bündnis fast ausgeschlossen.
Die Linke als Schreckgespenst, weil sie will, dass die Bundesrepublik aus der Nato austreten soll. Das wird zwar nicht passieren, weil das weder die SPD noch die Grünen mitmachen würden. Die Linke mit ihrem gerade mal 6 bis 7 Prozent Wähleranteil kann das allein nicht bewirken. Eine solche Forderung würde in keinem Regierungsprogramm stehen. Aber es reicht, das Gespenst an die Wand zu malen: die Linke, die Kommunisten. Fehlt nur noch, dass der Russe vor der Tür steht. Aber es ist ja noch Zeit, es sind noch einige Wochen bis zur Wahl. Und wenn es eng wird für die Christdemokraten, können sie den Ball mit den Kommunisten immer noch spielen. Und es könnte eng werden, sehr eng. Denn Scholz und die SPD sind mindestens auf Augenhöhe mit der Union, in manchen Umfragen sogar an ihr vorbeigezogen.
Ein rot-rot-grünes Bündnis, der Untergang Deutschlands. Man kennt das aus der Vergangenheit. Gegen Helmut Schmidt versuchte es Helmut Kohl 1976 mit der Kampagne „Freiheit statt Sozialismus“. Es klappte nicht ganz, Schmidt blieb Kanzler, Kohl( trotz 48,6 vh) vor der Tür zur Macht. Ich kann mich an Witze erinnern, als man den Konservativen riet, sie möchten doch die Türken vor Wien aufleben lassen. Und heute würde man ihnen raten, wenn das mit den Russen keine Furcht auslöst, könnte man die Chinesen in Marsch setzen. Und wenn das nicht reicht, könnte man das Vorurteil schüren, die SPD habe von Wirtschaft und Finanzen keine Ahnung. Vor dem Triell hörte ich eine Äußerung von Armin Laschet, darin warnte er vor einer Massenarbeitslosigkeit, wenn die Linken mit SPD und Grünen an die Macht kämen. Wenn die CDU nicht mehr regieren würde.
Es darf gelacht werden, zumal man bedenken sollte, wenn man ehrlich darüber sinnieren würde, wer überall in den Landesregierungen von Hamburg über Hessen, Baden-Württemberg bis Bayern sitzt. Leute der CDU, der CSU, der FDP, den Grünen, der SPD, es gibt einen Ministerpräsidenten der Links-Partei, Bodo Ramelow, der in Thüringen das Sagen hat. Ansonsten regiert in München der CSU-Mann Markus Söder, in Stuttgart der Grünen MP Winfried Kretschmann, in Hessen der CDU-Senior Volker Bouffier, im Saarland der CDU-Mann Tobias Hans, in Rheinland-Pfalz die SPD-Ministerpräsidentin Malu Dreyer, in NRW Armin Laschet, in Niedersachsen Stephan Weil(SPD), in Schleswig-Holstein der CDU-Regent Daniel Günther, in Bremen steht die SPD vorn wie in Hamburg und in Berlin und in Mecklenburg-Vorpommern, in Sachsen ist es die CDU von Michael Kretschmer, in Brandenburg regiert die SPD, in Sachsen-Anhalt die CDU. Nirgendwo gibt es eine absolute Mehrheit einer Partei, in jedem Bundesland regiert eine Koalition aus SPD, CDU, der FDP, den Grünen, den Linken, den Freien Wählern. Mal der mit dem, dann der andere mit dem anderen. Aber wenn Rot-Grün-Rot das Sagen im Bund hätte, Deutschland wäre dem Untergang geweiht?
So hat es einer der Amts-Nachfolger von Hintze, Paul Ziemiak, bei Anne Will gesagt. Es stehe sehr viel auf dem Spiel- laut Söder alles-, denn mit der Wahl entscheide sich, ob Deutschland wirtschaftlich, sozial und außenpolitisch auf dem Kurs bleibe, den es bisher erfolgreich gefahren sei. Eine Regierungsbildung, die die CDU ausschließe und die SPD an die Führung stelle, würde laut Ziemiak „katastrophale“ Folgen haben. Mit der SPD, so der große Generalsekretär der CDU weiter, verliere Deutschland alles, was es bisher erreicht habe. Die Steuerentlastung der Bürger- er vermied zu präzisieren, dass vor allem die Vermögenden davon profitieren sollen- finde dann nicht mehr statt, die Bundeswehr werde mit Sparmaßnahmen bedacht- ein Amt, das zuletzt von zwei CDU-Ministerinnen geführt worden ist mit bitteren Folgen für nicht mehr funktionierendes Gerät unserer Armee-, unser Land werde sich außenpolitisch isolieren und seine wirtschaftliche Unabhängigkeit verlieren. Mein lieber Mann. Deutschland vor dem Abstieg zu einem Schwellenland? Nicht mit Ziemiak, der mit allen seinen Mitteln, die mir nicht bekannt sind, verhindern will, dass sozialistisches Gedankengut nochmals Einzug in die deutsche Regierung findet. Olaf Scholz, ein Kommunisten-Freund, ein Sozialist, der sich nur bürgerlich verkleidet hat? Ist Kevin Kühnert, der mit Paul Ziemiak bei Anne Will zu Gast war, der eigentliche Macher der SPD, nicht Olaf Scholz? Ähnliche Faselei hörte ich aus der sogenannten Promi-Runde bei RTL, an der auch Günther Jauch teilnahm. Da hieß es etwa so, der Scholz habe nichts zu sagen, der müsse sich seine Aussagen immer vorher bei der linken SPD-Spitze um Esken und Nowabo genehmigen lassen. Eine Analyse, die ich so noch nie gehört hatte. Jauch sollte sich besser seiner Millionärs-Show widmen, da überzeugt er.
Zurück zu den roten Socken. Ich erinnere mich, zu meinen aktiven Zeiten selbst ein paar rote Socken im Gepäck gehabt zu haben. Mal anläßlich einer privaten Geburtstagsfeier, wo ich eine entsprechende Frage- Alfons, wo sind deine roten Socken?- ähnlich beantworten konnte wie beim Presse-Abend am Tisch mit dem Kanzler Helmut Kohl am Vorabend eines CDU-Parteitages in Hannover. Ein Kollege einer großen Zeitung, eher konservativ unterwegs, sah mich am Tisch des Herrn Wein trinken und der gereichten Brotzeit zusprechen und rief mir zu: „Alfons, wo sind deine roten Socken?“ Ich habe ihm meine in rotes Tuch gewickelten Füße gern entgegengestreckt.
Und noch ein Wort zum Triell. Hören wir noch einmal Armin Laschet, den Angreifer, reden. „Spüren wir nicht alle den Wind der Veränderung, der uns ins Gesicht bläst?“ Meinte der Aachener den Wind of Change? Von den Scorpions. Des Altkanzlers Schröder Freunde. Ich muss da was überhört haben, vielleicht, weil ich mein Hörgerät nicht in den Ohren hatte. Aber 1990 ist nicht 2021. Aber ja doch, Veränderung ist zu spüren, nötig wegen des Klimawandels. Aber Laschet sieht sich nicht an der Spitze der Veränderung, sondern eher als Fels in der Brandung. Als Garant für Stabilität. Damals, 1990, ging es um den Change, die Wende und ihre Folgen, ein Jahr nach dem Mauerfall. Sollte sich Laschet als Sieger des Triells gefühlt haben, wie es Markus Söder verkündet hat, lagen beide daneben. Eine Blitz-Umfrage von „Forsa“ sah Olaf Scholz als klaren Sieger vor Annalena Baerbock, die sehr aktiv war an dem Abend, und erst an dritter Stelle rangierte der Kanzlerkandidat der Union. Da half auch Söders Versuch der Attacke nicht, Scholz sei im Grunde ein Erbschleicher. Weil er Angela Merkel beerben wolle. Stoisch, in sich ruhend, Regierungs-Erfahrung ausstrahlend. Den Merkel-Satz „Sie kennen mich“ sagte Scholz nicht- er meinte es aber genauso. Oder wie es der „Münchner Merkur“- nicht gerade für seine Unions-Gegnerschaft bekannt- kommentierte: „In der Umfrage-Kategorie – wer kann das Land führen-gelang Scholz fast schon ein Erdrutschsieg…Das positive Image der Kanzlerin als ruhige Lenkerin könnte..auf ihren Stellvertreter Scholz übergehen… Wenn sich dieser Effekt verfestigt, dann steht die Union vor dem lange Zeit Undenkbaren: Dem Gang in die Opposition.“
Bildquelle: Pixabay, Bild von Terri Cnudde, Pixabay License