„Heimlich“ ist es zwar nicht, aber doch kaum bemerkt.
Unheimlich ist aber der Run auf Öl und Gas unter dem Meeresboden schon!
Neulich las man, dass ein Run auf Öl- und Gasressourcen sowie eine Erweiterung der Förderkapazitäten zu beobachten sei – eine Schockerkenntnis für jenen Teil der Menschheit, der auch nach dem Trumps Wahlerfolg die Erwärmung des Planeten noch stoppen möchte.
Man lernte auch, dass alle die erheblichen Bemühungen seit etwa 30 Jahren auch dieses Jahr einen weiteren Zuwachs an CO2 in der Atmosphäre nicht verhindern werden. Die Aussicht auf sinkende Konzentration von Treibhausgasen wird im Lichte beider Informationen immer weiter in die Zukunft verschoben. Manche Beobachter haben schon vor Jahren gewusst, dass das sog. 1,5° Ziel deutlich verfehlt wird, jetzt räumen es auch die zu klimapolitischem Optimismus neigenden internationalen Organisationen ein und trösten sich mit Visionen gigantischer Erfolge einer CO2-Rückholung aus der Atmosphäre und Versenkung des Treibhausgases im Untergrund von Land und Meer. Die Beobachtung realer Gesellschaften lassen nicht vermuten, dass das jemand bezahlen wird.
Es gibt – wenig beachtet und nur insofern heimlich – eine weitere Entwicklung, die zeigt, was in den Augen wesentlicher Staaten wirklich wichtig ist: das ist die fortschreitende nationale Beanspruchung des Meeresbodens als „Ausschließliche Wirtschaftszone“ (AWZ) vor den Küsten. Da geht es zwar auch um Fische, Manganknollen und darin enthaltene Mineralien, aber das scheint sekundär zu sein gegenüber dem Interesse an weiteren Öl- und Gaslagerstätten unter dem Meeresboden. Es dürfte dabei eine Rolle spielen, dass off-shore-Bohrungen nach Gas und Öl anders als Tiefseebergbau eine etablierte, kalkulierbare Technik ist, anders als Tiefseebergbau mit seinen enormen Umweltrisiken .
Es ist die UN-Seerechtskonvention von 1982 (seit 1994 in Kraft), die die Ausdehnung der AWZ auf 200 Seemeilen (370 km) und darüber hinaus erlaubt bis zum Abbruch des Kontinentalsockels plus einer Sedimentzone, die dem Kontinentalsockel zugeschlagen werden darf.
Ein Küstenstaat konnte seit dem beantragen, seinen anerkannten Festlandsockel entweder pauschal um weitere 60 km auszudehnen oder so weit, wie die Sedimentschicht noch eine Dicke von 1% der Entfernung von der Abbruchkante des Sockels aufweist.
Eine von den Vereinten Nationen berufene Wissenschaftliche Kommission (Festlandsockelkommission) hat nationale Anträge auf Erweiterung der AWZ zu prüfen. Es geht dabei um wissenschaftlich erhobene Daten zur Größe des Festlandsockels bis zur Abbruchkante und ggf. zur Existenz einer vorgelagerten Sedimentschicht und deren Dicke. Wegen kommerzieller Bedeutung werden diese Daten von Antragsteller und Kommission geheim gehalten. Damit hat die Kommission unkontrollierte und unangreifbare Macht festzulegen, wo in diesem Sinne das „offene Meer“ als schrumpfendes „gemeinsames Erbe der Menschheit“ beginnt. Es ist im Lichte dieses Völkerrechts ein scheinbar rein wissenschaftliches Verfahren – eine Herausforderung an die Unabhängigkeit der Mitglieder, die zumeist aus interessierten Küstenstaaten stammen!
Die anerkannten exklusiven Wirtschaftszonen nehmen bereits 53% der Meeresfläche von 360 Mio. km² ein, weitere Ansprüche sind angemeldet.
Da diese Ansprüche auch in Bezug auf Inseln und Inselchen gelten, ist Frankreich mit seinen weltweiten Territorien vor allem im Pazifik klarer Gewinner des Rennens um national zu bewirtschaftende Meeresflächen und -böden; es soll sich um 10 Mio. km²handeln, das 20fache seines europäischen Territoriums.
Einen quantitativen Eindruck vermittelt die Wikipedia entnommene Weltkarte von 2019. Es gibt dabei solche Skurrilitäten wie die unbewohnte norwegische Bouwetinsel, die mit 49 km²zwischen Südafrika und Antarktis einen Anspruch auf 500.000 km² ermöglicht.
Hierbei taucht ein weiterer Zusammenhang mit der Erderwärmung auf: der steigende Meeresspiegel kann Inseln und Korallenriffe so „nachhaltig“ überspülen, dass die Souveränitätsrechte des betroffenen Staates insoweit erlöschen würden. Man wird also in den nächsten Jahren beobachten, dass betroffene Staaten versuchen werden, was China im Meer vor Vietnam bereits aus anderen Gründen tut, nämlich die Inseln durch Aufschüttung und Verfestigung b.z.w. Ansiedlung von Korallen vor Überschwemmung zu schützen.
Die Erwähnung Chinas erinnert auch daran, dass die Erweiterungsansprüche der Küstenstaaten oft Meeresgebiete betreffen, die zugleich von Nachbarn beansprucht werden. So treffen im Nordmeer um den Pol herum Ansprüche Russlands auf solche der NATO-Staaten USA, Kanada und der Skandinavier einschließlich Dänemarks wegen Grönland. Auch im östlichen Mittelmeer konkurrieren die Anlieger bereits intensiv um kürzlich entdeckte Erdgaslagerstätten. Es ist abzusehen, dass Konflikte wie die um die Spratly-Inseln zwischen China, den Philippinen, Vietnam, Malaysia und Brunei häufiger werden.
Die geschilderte Landnahme von Meeresboden birgt also enormen Konfliktstoff nicht nur, wenn es um energetische oder mineralische Rohstoffe geht, sondern – vielleicht noch wichtiger – wenn es um freie marine Handelsrouten und geopolitisch strategische Positionierung im Hinblick auf mögliche Auseinandersetzungen militärischer Art geht.
Und da wird der durchaus nicht geheim gehaltene Vorgang noch unheimlicher.