Die SPD habe ein Imageproblem, schreibt die „Süddeutsche Zeitung am Wochenende“. Sie zitiert dabei aus einer Studie der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung. Die Untersuchung hat den Titel „Die arbeitende Mitte in Ost-und Westdeutschland“. Der Partei sei es zwar gelungen, zentrale Anliegen in der großen Koalition durchzusetzen, aber darüber hinaus sei es der SPD nicht gelungen, Wähler aus der Gruppe zwischen 25 und 45 Jahren zurückzugewinnen. Man vermittle den Eindruck von Schwäche, mache zu viele Kompromisse mit der Union, grenze sich von der Partei Merkels zu wenig ab und kämpfe nicht entschlossen genug für ihre eigenen Positionen.
Das Ergebnis ist für die Partei niederschmetternd. Es wiederholt sich das, was schon in der großen Koalition 2005 bis 2009 passierte: Die SPD-Minister, damals wie heute, machen gute Arbeit, die Ernte aber fährt Angela Merkel ein. Was bleibt, ist, dass die SPD in allen Umfragen bei rund 25 Prozent herumwurschtelt. Und: Die alte Partei der Arbeiterschaft, der Partei, die für mehr soziale Gerechtigkeit seit ihrer Gründung eintritt, Anwalt der kleinen Leute sein will, die Partei, die für Frieden und Freiheit immer gekämpft hat, ist draußen als solche nicht mehr erkennbar, gerade der Wechselwähler, der heute eine Wahl entscheidet, erfährt nicht mehr, für wen die SPD eigentlich Politik macht.
In der Falle der großen Koalition
Die SPD steckt wieder mal in der Falle der großen Koalition. Sie kann „ihre“ Vorhaben durchsetzen, aber am Ende hat Merkel sie längst zu ihren eigenen gemacht. Geschickt versteht sie es, etwaige Nachteile bei der Rente mit 63 oder beim Mindestlohn der SPD rüberzuschieben, die sich dann mit den Gegnern auseinandersetzen muss.
Die SPD, darauf weist die Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung hin, müsse wieder zu sich selbst finden, aus dem Herzen heraus Politik betreiben, den Menschen verdeutlichen, dass sie die Politik für sie machen und nicht für sich selbst, dass die Partei sich um sie kümmern werde. Das schließt selbstverständlich Konflikte mit der Union nicht aus, ja es schießt sie sogar ein. Man muss den Kraftakt wagen, um sein Gesicht zu zeigen. Die Menschen müssen erkennen, dass die Partei ihre Lebenswelt kennt und anerkennt. Und das darf nicht nur auf den Wahlplakaten stehen, das muss man vorleben, damit Politik wieder glaubwürdig wird.
Im Grunde wäre das alles eine Absage an die große Koalition, die man damals nach heftigen innerparteilichen Debatten eingegangen ist und die man jetzt nicht einfach über Nacht verlassen kann. Aber der Schmusekurs von Sigmar Gabriel führt nicht zum Ziel. Er wird sich überlegen müssen, wie er in die Offensive kommt. Kontrageben allein wird nicht reichen.
Es passt ins Bild, dass quasi zur gleichen Zeit Peer Steinbrück, der unglückliche Kanzlerkandidat der SPD bei der letzten Bundestagwahl, in einem Interview mit dem Hamburger Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ erklärt hat, dass seine ganze Kanzlerkandidatur ein Fehler gewesen sei, eine Selbsttäuschung. Stimmt, Herr Steinbrück. Da passte nichts zusammen, weder Partei, noch Programm, noch der Kandidat, der zudem mit erheblichen Imageproblemen zu kämpfen hatte. Man denke nur an seine vielen Reden, die er über die Jahre neben seiner Abgeordneten-Tätigkeit überall in Deutschland gehalten hatte, und die damit zusammenhängenden Einkünfte. Alles so nebenbei. Konnte es da verwundern, dass seine Glaubwürdigkeit gelitten hatte, ehe er sich auf den schweren Weg des Kanzlerkandidaten machte?
Olaf Scholz hat es gezeigt
Dass es anders geht, hat vor kurzem der besonnene Olaf Scholz in Hamburg gezeigt. Auch wenn man berücksichtigen muss, dass die Metropole an der Alster etwas anders zu bewerten ist als ein Flächenland. Aber die SPD hat mit Scholz ihre stolze Position im Norden verteidigen können, weil der Kandidat glaubwürdig war und ist. Die niedrige Wahlbeteiligung ist ein Ärgernis, keine Frage und muss alle Beteiligten zum Nachdenken zwingen. Hier läuft seit einiger Zeit einiges auseinander, und zwar überall in Deutschland.
Das darf jetzt auf keinen Fall bedeuten, dass Olaf Scholz als der kommende Kanzlerkandidat ausgerufen wird. Er wird das, ruhig wie er Politik macht, auch nicht mit sich machen lassen. Aber man kann von Hamburg einiges lernen. Die SPD hat auch dort schon bittere Niederlagen erlitten, jetzt ist die CDU in Hamburg im Keller. Beide Parteien haben erfahren, dass es keine Erbhöfe gibt, dass Regierungen abgewählt werden, wenn sie ihre Glaubwürdigkeit einbüßen, wenn Partei und Kandidaten nicht zusammenpassen.
Auf der Höhe der Probleme der Menschen zu sein, das ist die Kunst, die den Politikern abverlangt wird. Reden und Tun müssen wieder übereinstimmen. Bodenständigkeit gehört dazu, nahe bei den Bürgerinnen und Bürgern zu sein, sie zu verstehen und nicht über ihre Köpfe hinweg Politik zu machen. Volksvertreter im besten Sinne zu sein.
Zur Politik gehört der Streit um die Sache, um den besten Weg. Es wird nicht einfach, aber die SPD muss es wagen.
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Man muss schon genau hinhören: Die SPD habe ein Imageproblem; und das wird nun mit Steinbrücks gescheiterter Kandidatur in Verbindung gebracht. Zählen wir mal zusammen: Die Vorbereitung auf die Kandidatur war erbärmlich schlecht, geradezu schülerhaft. Die Vorbereitunhg auf die nächste Wahl beginnt am Tag nach der letzten Wahl und nicht später. Während der Wahlkampagne selber wird nicht der kleinste Fehler verziehen. War wohl vergessen worden. Zweitens. hat die SPD – nicht Steinbrück – vom ersten Tag an vergessen, dass es heute bei solchen Wahlen um gute Jobs, gute Jobs, gute Jobs geht, um einen wirtschaftlich halbwegs sicheren Platz am Sonnenhang des deutschen Mittelschicht- Gebirges. Drittens zählt in der SPD Streitlust immer noch mehr als Zusammenhalt. Viertens sind sich große Teile der SPD ihrer eigenen Geschichte nicht bewußt. Fünftens beschäftigt sich ein beträchtlicher Teil der SPD traditioinell lieber mit der Trockenheit in Nevada als mit Hart- und Schwarzbrot (Fördern und Fordern). Sechstens liebäugelt ein Teil der SPD mit Gysis “Linker” , stellt freilich notorisch ni c h t die Forderung, das zuerst die Antisemiten aus dieser Partei rausgeworfen werden müßten, bevor mit Gysis Wirrkopftruppe geredet wird. Angesichts dieser Umstände sind 25 Prozent nicht mal schlecht. Für meinen letzten Satz dieses Kommentars nehmen Politikberater viel Geld: Kampagnenfähigkeit beginnt damit, dass die Führungsspitze es schafft 48 Stunden vor jeder Kamera und in jedes Mikro da