Das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) sendet SOS. Die weltweite Fluchtbewegung mit mehr als 65 Millionen Flüchtlingen sprengt gegenwärtig die Möglichkeiten, das Elend der davon betroffenen Menschen zu lindern, darunter Millionen Kindern derzeit auch nur angemessen helfen zu können. Bereits jetzt sind 25 Millionen Flüchtlinge außerhalb der Landesgrenzen von Süd nach Nord unterwegs, während 40 Millionen (noch) innerhalb ihrer Länder vor Bürgerkriegen oder religiösem Fanatismus Sicherheit suchen oder vor Hunger und Dürre von einem Landesteil in einen anderen fliehen. Es liegt auf der Hand, dass damit die Ausweitung der Hungerzonen programmiert ist.
Wir haben es mit von Menschen gemachten Katastrophen zu tun. Wer glaubt, durch Grenzzäune oder Leugnung der Fakten, wie den Klimawandel, sich aus der Mitverantwortung stehlen zu können, wird weitere Millionen Menschen zu Flüchtlingen machen. Wenn der amerikanische Präsident Donald Trump China vorwirft, der Klimawandel sei eine chinesische Erfindung, um den USA zu schaden, dann ist das nicht nur Ignorant sondern wirkt wie eine Kriegserklärung des Nordens des blauen Planeten gegen die der Sonne nähere südliche Hälfte der Erdkugel und dort lebender Menschen.
Insoweit ist das Interesse an den Themen des Gipfeltreffens der G-20, der wichtigsten Industrie und Schwellenländer, naheliegend. Sie vertreten über 80 Prozent des weltweiten Wirtschaftsaufkommens und ebenso sind bei dem Treffen unter deutschem Vorsitz in Hamburg alle wichtigen Organisationen des Welthandels vertreten. Mit dem Austritt der USA aus dem Weltklima-Abkommen der Vereinten Nationen und der Ankündigung von Trump, den freien Welthandel durch Schutzzölle für die amerikanische Wirtschaft einzuschränken, hat Washington das Themenspektrum für Hamburg gesetzt.
Ob es zudem möglich ist, auch die Flüchtlingsfrage und die Kriegsfolgen im Nahen Osten, und Demokratie und Menschenrechte an den zwei Tagen am 7. und 8. Juli in der Hansestadt zu behandeln, erscheint eher fraglich. Jedenfalls werden sich die USA auf eine Situation, allein gegen den Rest der Welt, einzustellen haben. Das wird die Sympathien für das Land zwischen Pazifik und Atlantik nicht steigern und möglicherweise den Zorn der Demonstranten, die das Treffen begleiten, eher noch erhöhen. Die brennenden Kabelschächte an den Bahnlinien von S-und U-Bahnen sind darauf ein Vorgeschmack.
Vor diesem Hintergrund wirkt es geradezu seltsam und fern aktueller Wirklichkeit, dass ausgerechnet die deutschen Sozialdemokraten offenbar nicht eine Sekunde darüber nachgedacht haben, wie es wohl wirken muss, sich jetzt mit einem Reformprogramm für nationale Steuern und Abgaben in Szene zu setzen. Irgendwie schaffen sie es doch immer wieder, vergessen zu machen, dass sie einst die internationale Arbeiterbewegung repräsentierten und schon 1925 die Vereinigten Staaten von Europa forderten. Steuern und Abgaben haben gewiss mit einer sozial gerechten Verteilung des Wohlstandes im Land zu tun. Es wäre allerdings durchaus naheliegend gewesen, sich mit der gleichen Fragestellung für einen Welthandel einzusetzen, der den Süden der Erde nicht allein lässt und den solidarischen Blick in die Welt nicht verkümmern lässt.
Immerhin der Parteitag der Grünen hat sich diese Chance nicht nehmen lassen. Ein angemessener Aufruf auch der SPD an die G20 und Forderungen einer linken Volkspartei für einen solidarischen Welthandel, der die Ausbeutung des Südens beendet, wäre eine Chance gewesen, auf sich aufmerksam zu machen. und eine Strategie gegen aufkommenden Nationalismus und Isolationismus zu entwickeln. Die Steuerreform auf die zweite Hälfte des Parteitages am kommenden Wochenende zu setzen, hätte ein Beitrag sein können, das Übliche zu lassen und das Besondere zu tun.
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