Reich sein, lohnt sich, konnte man vor kurzem bei „Zeit Online“ lesen. Die Vermögen in Deutschland nähmen zu, die Einkommen aber kaum noch. Für alle, die schon viel haben, sei das schön, alle anderen könnten kaum noch durch eigene Arbeit reich werden. Heißt auch: Zehn Prozent der Deutschen gehört mehr als die Hälfte des Vermögens, die unteren 50 Prozent werden immer ärmer. Die fünf reichsten Deutschen haben sagenhafte 101 Milliarden Euro. Aber jedes fünfte Kind im Land wächst in einer einkommensschwachen Familie auf. Diese aktuelle Schieflage findet man in einem Bericht der Nationalen Armutskonferenz(NAK). Eine besorgniserregende Bilanz.
Die sozialen Ungerechtigkeiten verschärfen sich in unserem Sozialstaat. Viele fühlen sich abgehängt, winken bei politischen Debatten und vor Wahlen ab: Hat ja doch keinen Sinn, zur Wahl zu gehen. Die da oben machen, was sie wollen. Diese Spaltung der Gesellschaft ist nicht ungefährlich, zumal in der aktuellen politischen Situation. Eine niedrige Wahlbeteiligung schadet nun man in der Regel den Volksparteien und könnte neuen Bewegungen Zulauf bringen. Siehe die Flüchtlingskrise, die wachsende Unzufriedenheit in nicht wenigen deutschen Haushalten, die Sorgen und Ängste auch in der gesellschaftlichen Mitte, in einen Abstiegsstrudel zu gelangen.
Die NAK warnt vor jeder weiteren Verschärfung der Ungerechtigkeit in der Gesellschaft. Nach einer Studie der Universität Duisburg-Essen ging der Anteil von Haushalten mit mittleren Einkommen zwischen 1993 und 2013 von 56 auf 48 Prozent zurück, gleichzeitig habe sich der Niedriglohnsektor enorm ausgeweitet, so die Studie. Man weiß aus anderen Untersuchungen, dass eine solche Entwicklung zu Armut im Alter führen kann, weil mehr und mehr Rentner nur noch Mini-Altersbezüge bekämen.
Für viele nur Minijobs und Teilzeit
Viele Menschen aus unteren Einkommensschichten arbeiteten nur noch in Minijobs und Teilzeitarbeit, so Dr. Frank Johannes Hensel, Sprecher der Nationalen Armutskonferenz und Kölner Diözesan-Caritasdirektor. Sie haben gar keinen Zugang zu höher bezahlten Jobs. Hensel begrüßte, dass sich die Große Koalition in Berlin jetzt auch auf einen Mindestlohn für Flüchtlinge verständigt habe. Flüchtlinge dürften nicht für ein Lohndumping missbraucht werden.
Die unteren Lohngruppen konnten von der guten Konjunktur kaum profitieren, unsichere Beschäftigungsverhältnisse und Leiharbeit verstärkten diese Entwicklung noch, so die NAK. Mit der schlimmen Folge, dass „Arbeit längst kein Garant mehr ist zur Existenzsicherung oder gar für Wohlstand“. Schlecht gestellt sei es für die Bildungs- und Zukunftschancen benachteiligter Kinder. In kaum einem europäischen Land sei die Bildung so eng an die soziale Herkunft gekoppelt wie in Deutschland. Für NAK-Sprecher Hensel nicht nachvollziehbar.“ Es ist überhaupt nicht akzeptabel, dass Kinder so benachteiligt sind und praktisch schon früh und dauerhaft abgehängt werden. Schuld daran sind Versäumnisse und fatale Entscheidungen auf politischer Ebene.“
Eine falsche Steuerpolitik
Vor allem eine falsche Steuerpolitik kann man als Grund für die Fehl-Entwicklung heranziehen. Der DGB fordert seit längerem wegen der starken Konzentration von Privatvermögen in Deutschland, Kapitalverträge und Erbschaften höher zu besteuern. DGB-Chef Hoffman bezeichnete es kürzlich als „Unfug“, wenn Menschen für ihre Arbeit mit bis zu 42 Prozent des Einkommens besteuert würden, während auf Kapitaleinkommen lediglich 25 Prozent entfielen.
Für die Nationale Armutskonferenz ist es ganz offensichtlich, „dass sich immer mehr Langzeitarbeitslose und sozial Benachteiligte in Deutschland keine Verbesserung ihrer sozialen Lage mehr erhoffen“. Diese Resignation treibe viele Menschen aus der „Identifikation mit dieser freiheitlich-demokratischen Gesellschaftsform heraus und forciere deren Spaltung“. Und das habe zur Konsequenz: „Wer sich abgehängt fühlt, der geht häufig nicht mehr zur Wahl.“
Die Spaltung in wenige Reiche und viele Arme kann aber auf nationaler Ebene allein nicht bekämpft werden. Noch einmal DGB-Chef Hoffmann: Durch unterschiedlich hohe Steuersätze in den EU-Mitgliedsländern gehe der EU Jahr für Jahr eine Billion Euro durch Steuerflucht verloren, ein Großteil entfalle auf Deutschland.
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