Diskussionen über die Rentenhöhe gibt es seit Jahrzehnten. Sie haben jetzt wieder Konjunktur. Sogenannte Rentenexperten fordern immer wieder Kürzungen oder Erhöhungen des Rentenalters, um künftige Generationen der Beitragszahler zu entlasten.
Was würde das für eine Gesellschaft sein, die Legionen von Rentnerinnen und Rentnern ins finanzielle Abseits stellt oder über die physischen und psychischen Kräfte hinaus zur Altersarbeit zwingt.Es wäre die Aufgabe jedweder gesellschaftlichen Solidarität. Die Rente muss zum Leben reichen und nicht die Menschen zum Vegetieren verdammen, nur weil Beitragserhöhungen aus Gesichtspunkten der vorhergesagten demographischen Entwicklung notwendig werden könnten.
Bei all den Diskussionen wird gerade von den Vertretern der Union, die sich besonders intensiv für eine Revision der Leistungen der Rentenversicherung stark machen, unterschlagen, dass die Regierung Kohl bei der Vereinigung im Jahr 1990 die Rücklagen der Rentenversicherung extrem geplündert hat und dadurch erst die jetzige Finanz Misere verursacht hat. Um die Kosten der Vereinigung zu verschleiern, wurde für alle Rentnerinnen und Rentner sowie für alle Beschäftigten aus der DDR mit dem Stichtag der Vereinigung eine fiktive Beitragsentrichtung in die Rentenversicherung der Bundesrepublik ausgesprochen, obwohl niemals Beiträge entrichtet wurden und auch in den Rentenkassen der DDR keine nennenswerte Vermögensmasse vorhanden war. Nur so war es möglich, Rentnern aus der DDR sofort nach der Vereinigung Renten zu zahlen und die Beschäftigungszeiten von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern aus den neuen Ländern im Sinne einer Gleichstellung für spätere Rentenleistungen aus dem System der Bundesrepublik herzustellen. Daran mag sich niemand in der Union gern erinnern. Nicht das System der deutschen Rentenversicherung hat versagt, sondern die Akteure in der Bundespolitik.
Die jeweilige Generation der Rentnerinnen und Rentner hat ihren gesellschaftlichen Beitrag geleistet und darf nicht zum Spielball finanzpolitischer Jongleure werden, denen soziales Verhalten eine unbekannte Größe ist. Es gibt auch hinlänglich Spielraum für eine Verbesserung der Staatsfinanzen, die dann mühelos eine Erhöhung der Bundeszuschüsse ins Rentensystem möglich machen würde: Spitzensteuersatz, Erbschaftssteuer und Vermögenssteuer. Von der viel zu geringen Belastung in diesen Bereichen profitiert vor allem die „arme“ jüngere Generation, die sich so ausgebeutet durch die Rentnerinnen und Rentner sieht. Hubertus Heil, der gegenwärtige Arbeitsminister, hat mit seiner Bestandsgarantie für die Renten in einer Mindesthöhe ein sehr weitreichendes Versprechen abgegeben, das über frühere Bestandszusagen deutlich hinaus geht. Es kann ein Meilenstein für soziale Gerechtigkeit werden. An der Erfüllung dieses Versprechens wird die Regierungsarbeit der Ampel und die sozialdemokratische Teilhabe daran gemessen werden.