Nun wissen wir also, dass es gut 100 Hinweise auf angebliche Gewalttäter/innen gibt, die beim Hamburger G20 Gipfel randaliert haben sollen. Die Polizei hat in einer noch nie dagewesenen Weise zur Fahndung 107 Fotos ins Netz gestellt, um derer Herr zu werden, die an mehreren Tatorten auffällig gewesen sein sollen. Der Leser erinnert sich, die zwanzig wichtigsten Industrie- und Schwellenländer versammelten sich am 7. und 8.Juli 2017 in Hamburg, um irgendwas gegen den Hunger in der Welt zu tun und dies vor allem in Afrika.
Der Veranstaltungsort Hamburg war Angela Merkels Wunsch. Deutschland war Einladungsland des G20-Gipfels und Merkel präsidierte. Allerdings entgegen ihrer Aussage waren weder Bundespolizei noch das Bundesamt für Verfassungsschutz in die Vorbereitungen eines Sicherheitskonzepts für den Gipfel einbezogen. War dies alles nur Ausdruck größtmöglicher Naivität der politisch Verantwortlichen, und wo möglich war Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz so geschmeichelt, dass er glaubte, die Anwesenheit von 30 000 Polizisten und ein wenig überzeugendes Sicherheitskonzept wären für einen solchen Gipfel schon ausreichend?
Hatte er wirklich geglaubt, dass die Anwesenheit von Donald Trump und Wladimir Putin und deren Aura keine Spuren hinterlassen würde? Und zusätzlich die Ankündigung, dass der türkische Präsident Erdogan sich ebenfalls die Ehre geben würde. Und so kam, was alle Sicherheitsexperten kundig voraussahen, was kommen musste: Eine ebenso naive Polizeiführung war unfähig, die aus ganz Europa nach Hamburg strömende Masse der Kritiker und deren Opposition gegen den Hamburger Gipfel überhaupt zu verstehen. Zumal Trump gerade mitgeteilt hatte, die US-Zustimmung zum UN-Klimagipfel und seinen Beschlüssen zurückzunehmen.
Nichts konnte das zu erwartende Unheil aufhalten. Und weder der Gipfel selbst, noch seine vage und entschlusslose Abschlusserklärung, hatten und haben seitdem Einfluss auf die weltpolitische Lage genommen und auf einen US-Präsidenten, der mit seinem Rückfall in nationalistische Alleingänge dabei ist, die Krisen in der Welt zu verschärfen, statt sie politisch einzuhegen.
Unter dieser Fahndung nach den vermuteten Hamburger Gewalttätern, die neue Maßstäbe setzt, sollte jedenfalls nicht die Notwendigkeit leiden, eigene Fehler der Polizei aufzuarbeiten und die Verantwortlichen zu benennen. Die Hamburger Gipfelei zeigte obendrein nur zu deutlich, dass es derzeit keine adäquate politische Antwort darauf gibt, die weitere Zerstörung und Verwüstung des Planeten zu beenden und durch ein Weltwirtschaftsmodell zu ersetzen, das die Anforderungen für eine lebensfähige Zukunft nicht weiter verschüttet. Nicht nur Donald Trump liefert Gründe dafür, den Zorn, der in Hamburg sichtbar war, weiter zu steigern. Mal sehen, ob die Verhandlungen für eine tragfähige Regierung zwischen CDU/CSU und SPD sich an Antworten versuchen werden, die diesen Widerspruch mildern könnten.