Die Entscheidung der Stadt Köln, basierend auf einem Ratsbeschluss im September dieses Jahres, weiterhin Schulräume an die AfD für Parteiveranstaltungen zu vermieten, sorgt für hitzige Debatten und völliges Unverständnis. Auch kämpfen verschiedene Initiativen gegen das Nutzungskonzept. Denn am Ende bedeutet dies, dass die Folgen dieser politischen Entscheidung der demokratischen Parteien im Kölner Rat auf dem Rücken der Schulleitungen und der Schulen ausgetragen werden.
In dem Nutzungskonzept wird geregelt, dass Schulen auch künftig weiter kostenlos für Partei-Veranstaltungen genutzt werden können. Aus sogenannten Gründen der Gleichberichtigung muss dieses Recht wohl auch für die AfD gelten. Die Konsequenz: die Schulleitungen müssen der AfD, einer Partei, die als rechtsextremer Verdachtsfall eingestuft wird, nun – Räume zur Verfügung stellen. Und: die Schulleitungen müssen auch gegenüber Eltern, Lehrerinnen und Lehrern sowie Schülerinnen und Schülern stillschweigen wahren, um Proteste der Schulgemeinde nicht zu fördern. Nur, die Schulleitungen haben gar keinen Einfluss auf die Vergabe der Räume. Dies regelt die Stadt. Sie müssen nur die Folgen ausbaden und werden von der Kölner Politik allein gelassen.
Die AfD ist nicht einfach eine Partei wie jede andere. Teile ihres Programms, insbesondere ihre Angriffe auf Menschenrechte, Minderheitenschutz und eine offene Gesellschaft, stehen in direktem Widerspruch zu den Werten, die Schulen vermitteln sollen: Toleranz, Inklusion und ein respektvolles Miteinander. Köln hat sich als weltoffene Stadt positioniert, die klar gegen rechtsextreme Ideologien auftritt. Dennoch öffnet sie der AfD, die vielfach mit rassistischen, sexistischen und geschichtsrevisionistischen Äußerungen auffällt, die Türen zu öffentlichen Bildungseinrichtungen.
Und dies mag diesen einen Grund haben, dass eine mögliche Entscheidung der Kölner Politik für ein Nutzungsverbot der AfD auch die anderen Parteien betreffen würde. D.H. auch die anderen Parteien könnten dann die Räume in den Schulen nicht mehr nutzen. Im Klartext: die Kölner demokratischen Parteien entscheiden sich aus Eigennutz heraus nicht für ein klares Nutzungsverbot schulischer Räume durch die AfD. Zwar wird in der neuen Nutzungsverordnung eine Extremismusklausel eingeführt: „ Eine Überlassung ist ausgeschlossen, sofern die Räumlichkeiten zur Durchführung von Veranstaltungen genutzt werden sollen, bei denen die hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass auf diesen politisch extremistisches, rassistisches, antisemitistisches, radikalislamitisches, sexistisches oder verfassungsfeindliches Gedankengut dargestellt wird…“ Auf Nachfrage der Initiative des Gymnasium Neue Sandkaul teilt die Verwaltung mit, dass an er Erarbeitung eines Leitfadens zur Umsetzung der Klausel gearbeitet wird. Allerdings im Jahre 2018 hat der Rat die Verwaltung bereits aufgefordert einen ähnlichen Leitfaden zu erarbeiten…
Und es geht eben nicht nur um Räume. Die Folgen für die Schulgemeinde können dramatisch sein. Die Konsequenzen für Schülerinnen und Schüler, Lehrerinnen und Lehrer und Eltern dürfen nicht unterschätzt werden. Schulen sind nicht nur Gebäude, sondern Orte der Wertevermittlung. Die Vermietung an die AfD befördert in der Schulgemeinschaft Ängste und Spannungen, insbesondere bei Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund, queeren Jugendlichen oder anderen Gruppen, die regelmäßig Zielscheiben der AfD-Rhetorik sind. Es entsteht der Eindruck, dass die Stadt nicht konsequent genug hinter ihrem Anspruch steht, für eine offene und demokratische Gesellschaft einzutreten.
Zwar – und dies zeichnet Köln und die Schulleitungen aus – entstehen wunderbare Initiativen an Schulen, die sich gegen dieses Vorgehen der Kölner Politik wehrt. Oder Schulen verhindern kreativ die Nutzung der Räumlichkeiten durch die AfD. So ist am Gymnasium Neue Sandkaul in Köln-Widdersdorf eine Initiative gegründet worden, die gegen das Nutzungskonzept der Stadt kämpft und deutlich macht, dass Kölner Schulen keinen Platz haben für rassistisches, antisemitisches und verfassungsfeindliches Gedankengut. Oder das Heinrich Mann Gymnasium in Köln-Volkhoven veranstaltet in der Woche vom 9. bis zum 13. 12 eine schulische Projektwoche mit dem Titel “Demokratie gegen Rechtsextremismus“. Zahlreiche Projekte in dieser Woche setzen sich mit der Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Bedeutung der Demokratiebildung auseinander. Zufällig hatte die AfD sich für diese Woche um Räumlichkeiten am Heinrich Mann Gymnasium bemüht, um ein Kreisverbandstreffen abzuhalten. Dies geht nun nicht, da die Räumlichkeiten durch die schulische Veranstaltung belegt sind….
Allerdings muss auch hervorgehoben werden, dass z.B. der Deutsche Städtetag keine einheitliche Empfehlung zur Vermietung von Schulräumen an die AfD veröffentlicht hat. Es gibt allgemein Hinweise und Diskussionen in Städten und Kommunen zur Nutzung öffentlicher Räume durch politische Parteien. Städte stehen hierbei vor einem Spannungsfeld zwischen der Wahrung von Neutralität, der Gewährleistung von Meinungsfreiheit und den rechtlichen Rahmenbedingungen.
Einige Kommunen und Organisationen, wie beispielsweise die kommunalen Spitzenverbände und das Innenministerium in Rheinland-Pfalz, haben in Erklärungen klargestellt, dass sie sich gegen Rechtsextremismus und diskriminierende Ideologien positionieren. „Die lokale Demokratie muss geschützt und gestärkt werden. Nur wenn wir den Extremismus vor Ort wirksam schützen und bekämpfen, wird es uns gelingen, die drohende Spaltung der Gesellschaft zu überwinden. Der Schlüssel für den Erfolg liegt in dem gemeinsamen Handeln von Land, Kommunen und Bürgerschaft“, betonten die beiden Vorsitzenden der kommunalen Spitzenverbände Bürgermeister Aloysius Söhngen und Oberbürgermeister David Langer sowie Landrat Volker Boch. In der gemeinsamen Erklärung vom 22. April 2024 wird betont, dass Städte Orte der Offenheit und des Zusammenlebens unterschiedlicher Menschen sein sollten. In dieser klaren Erklärung wird allerdings nicht explizit auf die Nutzung von Schulräumen eingegangen – sie gibt aber eine eindeutige politische Orientierung.
Zurück nach Köln: Köln, wie auch andere Städte, befindet sich in einer Zwickmühle: Die rechtlichen Vorgaben scheinen klar, doch der Preis für die Entscheidung ist hoch. Es stellt sich die Frage, ob sich die Demokratie selbst beschädigt, wenn sie rechtsextreme Kräfte toleriert, um ihre Prinzipien (und ihren Eigennutz) aufrechtzuerhalten. Der Ratsbeschluss mag juristisch korrekt sein, doch gesellschaftspolitisch bleibt er höchst problematisch. Und für die Kölner würde ein Blick über die Grenzen nach Leverkusen genügen, um zu sehen, wie Politik auch konsequent handeln kann: Hier hat der Rat der Stadt Leverkusen mehrheitlich beschlossen, dass Schulen keine Orte für Parteiveranstaltungen sind: Schulen, Jugendhäuser und Bürgerzentren stehen nicht mehr für parteipolitische Veranstaltungen zur Verfügung.
Vielleicht erinnert sich Köln ja doch noch an sein Image als vielfältige und offene Stadt und bringt den „Arsch Huh“….