Jeden Tag starren wir auf diese schrecklichen Zahlen. Die neusten Meldungen des Robert-Koch-Instituts: An einem Tag 16.417 neue Corona-Infektionen und 879 neue Todesfälle, die im Zusammenhang mit dem tückischen Virus stehen. Diese Zahlen wollen einfach nicht so deutlich zurückgehen, wie wir es wünschen. Das Licht am Ende des Tunnels scheint manchmal fast schon wieder zu verschwinden. Viele haben Angst, ich auch. Dann kommen auch neue Negativ-Meldungen aus der Pharma-Industrie. Längst nicht so viel Impfstoff wird produziert und geliefert, wie erhofft, erwartet und benötigt. Und dann gibt es jetzt noch weitere Zahlen, die auch Sorgen auslösen sollten. Denn sie signalisieren: Die Bürger vertrauen den Entscheidungsträgern in der Politik längst nicht mehr so stark wie zu Beginn der schier endlosen Pandemie. Das lässt Schlimmes erwarten für den weiteren Kampf gegen Corona, der nur bestanden werden kann, wenn die Gesellschaft geschlossen agiert und reagiert.
Laut ARD-DeutschlandTrend empfinden 49 Prozent, also etwa die Hälfte der Bürger, die geltenden Corona-Einschränkungen als starke oder sehr starke Belastung. Ein geradezu rasanter und damit dramatischer Anstieg in kürzester Zeit. Denn noch in der Woche vor Weihnachten klagten nur 36 Prozent über die Einschränkungen. Noch schlimmer die nächsten Zahlen: 54 Prozent, also eine knappe Mehrheit der Deutschen ist inzwischen mit dem Krisenmanagement der Politik „weniger oder gar nicht zufrieden“. Kurz vor Weihnachten hingegen war noch eine deutliche Mehrheit (57 Prozent) zufrieden oder gar sehr zufrieden.
Fazit: Mit ihrem Vor- und Zurück, dem Rauf und Runter, den oft gewaltigen Unterschieden zwischen den Ländern, was hier erlaubt und dort verboten ist, den gebrochenen Versprechungen, den widersprüchlichen Regelungen hat die Politik es sich beim Bürger verdorben, hat es regelrecht verkackt. Das Vertrauen der Bevölkerung in das Corona-Management der Regierenden ist weitgehend verspielt. Damit schwindet zwangsläufig auch die Bereitschaft der Menschen, mitzumachen, wenn ihnen immer neue Kraftakte zugemutet werden.
Oft wurde „von oben“ Solidarität beschworen. Und in den ersten Wochen und Monaten der Seuche hatte das gut geklappt. Aber mit der Disziplin waren auch Erwartungen verbunden. Die wurden großenteils nicht erfüllt. Die Gesundheitsämter können die Kontakte der Infizierten schon lange nicht mehr verfolgen. Dann wurde der Anfang der Impfkampagne regelrecht verstolpert. Ob die Schuldigen in Berlin, den Landeshauptstädten oder in Brüssel sitzen, ist den Alten und Kranken egal, die längst geimpft sein wollten. Geradezu zynisch, wenn die dann auch noch an eine dauer-besetzte Telefonnummer oder sogar an Internet-Seiten verwiesen werden, über die sie sich gefälligst selbst einen Impftermin besorgen sollen.
Schlimm, was offenkundig bei den Herstellern der Impfstoffe los ist, oder nicht los ist. Da werden Lieferzusagen einfach mal so gebrochen. Und die Order-Politik der EU-Kommission scheint höchst mangelhaft gewesen zu sein. Dafür gibt es genügend Belege und überzeugende Recherchen seriöser Medien. Aber auch Berlin muss sich fragen lassen, warum Deutschland unter den Top 20 bei den verabreichten Impfdosen ganz weit hinten rangiert, hinter Ländern wie Dänemark, Litauen, Spanien, Slowenien, Italien, Schweiz, Österreich und sogar Rumänien.
Der Befund, dass die Politik zumindest teilweise versagt hat, muss allerdings doch ein wenig ergänzt oder erweitert werden. Das gebietet die Ehrlichkeit. In die bedrückende Lage mit einem erfolglosen Lockdown nach dem anderen sind wir nicht schuldlos geraten. Viele Bürger wollten und wollen die Gefahren nicht so ernst nehmen, wie sie sind. Sie hielten und halten sich nicht an Auflagen oder suchten und suchen zumindest klammheimlich hier eine Nische und dort eine Lücke, nahmen und nehmen sich Freiheiten, die gegen das Gebot der Solidarität verstoßen. Denn so konnte und kann sich das Virus immer weiter ausbreiten.
In dieser Melange der Versagens von Politik und Bürgern ist es geradezu ein Treppenwitz, wenn verlangt wird, schon jetzt ein konkret terminiertes Ausstiegsszenario zu verkünden, wann also was wieder hochgefahren werden kann. Erst einmal müssen alle zur Vernunft kommen – die da oben, aber auch wir hier unten.
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