Ernst sieht sie aus. Die weißen Haare wehen im Fahrtwind. Der Blick, die Augen, sorgenvoll. Die Mundwinkel eher zuversichtlich. Alles wird gut, soll das signalisieren. Dicke Headphones über den Ohren. Gekleidet in einen Bundeswehrparka. Handschuhe zum Schutz gegen die Kälte. Eine Feldherrin, die den Kommandeur des Transportpanzers Boxer um einen halben Kopf überragt. Eine Ministerin, verkleidet als Soldatin.
Christine Lambrecht bei einem Besuch des Truppenübungsplatzes in Munster. Zu sehen auf einem großformatigen Foto in der Süddeutschen Zeitung.
Eine Ministerin ganz nah an der Truppe. Eine IBuK, die Inhaberin der Befehls- und Kommandogewalt also, die mehr sein möchte als politische Befehlsinhaberin. Nicht nur das, sie inszeniert sich als Teil der Truppe, die sie in Friedenszeiten zu befehlen hat.
Sie verwechselt im Bundeswehrlook politische Leitung, die sie ausüben muss, und militärische Führung, die sie zu kontrollieren hat.
Eine IBuK in militärischer Pose auf einem Panzer. Für dieses verstörend anbiedernde Bild hätte sich der letzte sozialdemokratische Verteidigungsminister Peter Struck nie hergegeben. Das höchste der Gefühle, das er sich an militärischem Outfit erlaubte, war eine Schutzweste in Einsatzgebieten, wenn ihn die Sicherheitsbeamten dazu drängten. Gestandene seiner Vorgänger wie Helmut Schmidt oder Georg Leber, immer gefeiert als „Vater der Soldaten“, hielten es mit dem Primat des Zivilen genau so.
Politische Leitung dieses schwierigen Ressorts heißt Kontrolle, heißt, das Diktat des Politischen gilt; heißt nicht, sich als Teil der Truppe zu inszenieren. Schwache Minister und Ministerinnen sind dem Zauber des sich Gemeinmachens mit der Truppe immer dann verfallen, wenn ihr Ruf in der Öffentlichkeit in Gefahr war. Bilder von Rudolf Scharping mit Stahlhelm tauchten 2001 auf, als längst sein Abschied eingeläutet war. Fotos von Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg, als er sich in Afghanistan kostümierte, als sei er Teil der Bundeswehr.
Gerade in diesen hoch komplizierten Zeiten braucht das Verteidigungsministerium eine Leitung, die nicht posiert, sondern sich positioniert für die schwierige Aufgabe, die Bundeswehr aus ihrer nur bedingten Einsatzbereitschaft herauszuführen. Dass Christine Lambrecht dafür die richtige IBuK ist, daran gibt es nicht nur in der Truppe erhebliche Zweifel. Schon nach gut hundert Tagen im Amt murren Soldatinnen und Soldaten: „beratungsresistent“. Bundeswehr-Kenner, Jahrzehnte in führenden Funktionen im Verteidigungsministerium, klagen: „Zum Fremdschämen.“ Es rächt sich, dass Kanzler Olaf Scholz auf die Benennung ausgewiesener Polit-Profis für dieses Amt verzichtete, weil sie Männer waren. Die Quote fürs Kabinett war ihm wichtiger. Dabei sollte Kompetenz ebenso wichtig sein. Keine gute Entscheidung für die Bundeswehr, der schwere Jahre bevorstehen.