Auch wenn sich Christian Lindner seine üblich gewordene Winner-Attitüde von der neuen PR Agentur mal wieder hat bestätigen lassen, und er nach wie vor gerne mit energisch vorgetragenen Superlativ-Vokabeln auf der Parteitagsbühne seinen Mann stehen möchte – nicht nur seine betont locker daherkommenden Sprechblasen wirken seltsam hohl, denn auch aus den perfekt geschminkten Mündern der jungen Damen Lencke Steiner und Katja Suding und auch Nicola Beer hören wir vorrangig cooles „Positive thinking “ – Gerede, leider. Was heißt das denn: „Ich will die weltbeste Bildung für jedes Kind, egal aus welchem Elternhaus…“, Frau Suding? Was ist egal, das Einkommen der Eltern? Und wenn es denen schlecht geht, wer hilft ihnen, damit das Klima zuhause zuversichtlich werden kann? Und warum auch hier die für alle Beteiligten strapaziöse Höchstform, „weltbeste“? Geht es auch für die Kleinen immer nur um Konkurrenz, so wie Ihr Chef gerne von „Speerspitze“ schwadroniert? Ob durch angestrengtes Dauerlächeln oder pseudospontanen „Wahnsinn“ – Ausbruch – so der juvenile Jargon der topfitten Jungunternehmerin aus Bremen – alles wirkt irgendwie behauptet, artifizielle Mienen und Gesten, in einem zwar teuren aber eher drittklassigen Coach-Crashkurs hoch motiviert gelernt, also viel Technik des Ankommens, Messages, kaum verbindliche Inhalte. Jede Menge Pastelltöne und heile Welt der penetrant strahlenden DarstellerInnen, nach dem ignoranten Motto: „Freie Bahn dem Tüchtigen.“ Ach ja, eigentlich ging es ja sowieso immer um „die Besserverdienenden“. Hauptsache immer extrem „gut drauf“, Hochglanz, wohin das Auge des müden Wahlvolks reicht.
Auf Ehrgeiz getrimmt, kommt vieles dieser narzisstischen FDP-Elite wie aus einem Werbespot für Banken und Versicherungen daher. Lifestyle ist das Gebot der Stunde, jedoch: ein wahrer Wärmestrom, der fehlt völlig. Was waren das noch für Zeiten, als Gerhart Baum, Sabine Leutheusser Schnarrenberger, Burkhard Hirsch, Liselotte Funcke und nicht zuletzt Hildegard Hamm-Brücher sich als Personen mit humanistischem Anspruch öffentlich Gehör verschafften und ihre berührende Kritikfähigkeit auch innerhalb dieser Partei noch mit allerhand Respekt zur Geltung kam! Und heute? „ German Mut“ wird beschworen, oh wie originell. Als gäbe es keine ernst zu nehmenden Krisen, als sei alles eine Frage der Befindlichkeit. Angst – gibt es bei uns nicht, stört doch nur das Erfolgsimage. Wer Angst hat, scheint im Unrecht, ja verdächtig.
Und Wolfgang Kubicki meint frohlockend und durch harte Realitäten am liebsten unbeeindruckt, die FDP jedenfalls habe „noch alle Tassen im Schrank“. Damit dürfte für ihn der berechtigte Zweifel am verhängnisvollen Turbo-Kapitalismus auch schon locker flockig ausgeräumt sein, sämtliche Kritiker von TTIP und anderen asozialen neoliberalen Plänen als unflexible „Spaßbremsen“ aus dem politischen Blickfeld möglichst entfernt. Insofern ist diese FDP ja so marktfixiert wie eh und je. Ein Comeback muss jetzt eben nur nach den erheblichen Einbrüchen in der Wählergunst „absolut perfekt“ rüberkommen. Dazu offeriert man schlauerweise neben den smarten Ladies nun Cannabis als muntere Partydroge, um sich bei der „jeunesse dorée“ als potentieller Klientel anzubiedern. Nun ja, Coup gelungen, das wurde vielleicht Zeit und wirkt sicher schicker als die durchsichtige “Mövenpick“ – Nummer von einst, schließlich will Lindner unbedingt „die Machtarithmetik in Deutschland“ verändern. Will heißen: Gebt uns gute 5 %, wir sind wieder im Spiel und gut is, oder wie?
Die aktuelle Kampagne beim „Parteitag der Substanz“ scheint also darauf aus zu sein, gewisse BürgerInnen als erfolgsorientierte Business-Leute und verwöhnbare KonsumentInnen anzulocken, nicht aber Individuen auch aus dem Bereich der Modernisierungsverlierer dergestalt ernst zu nehmen, dass sie sich durchaus als potentielles Kollektiv gegen Zumutungen einer nur noch „marktkonformen Demokratie“ zur Wehr setzen und ihre Rechte basisnah wahrnehmen können. Never ever!
So bleibt die Frage, wie oberflächlich und uninformiert eine FDP- kompatible Zielgruppe eigentlich sein soll, damit ganz reale sorgenbeladene BundesbürgerInnen diesen überaus optimistisch sich anbietenden Performern all diese neoliberalen Botschaften abkaufen könnten. Alles mutet als eine möglichst lukrative Einladung von cleveren Animateuren an: „Don’t worry, be happy.“ Gemeint sind: the Happy Few. Herr Lindner, eine „hammermäßige Zukunft“ – was soll uns das bloß sagen?
Vielleicht sollte man FDP wählen , nachdem Parteien gerne das Gegenteil dessen machen , was sie versprechen…
Die FDP hat ein Problem , das so schnell nicht auszuräumen sein wird , etwa die Hälfte ihrer heutigen Mitglieder sind während der Phase Westerwelle eingetreten , und wohl die meisten wegen ihm , ob die auch Werteliberalismus können , ist äußerst zweifelhaft.
Die Partei wackelt und kann jederzeit gekapert werden , von verschiedenen Seiten.