Aus Anlass der aktuellen Diskussion zu einer Reform der öffentlich rechtlichen Medien
Qualität bezahle ich gerne!
An die hochdotierten Verantwortlichen der Programmplanung:
Ich finde, es ist an der Zeit: lassen Sie das Publikum in Frieden mit dieser ekligen Inflation von crime, entertainment & sonstiger verdummender Zerstreuung. Ich meine es ernst: Ich plädiere für eine gründliche PROGRAMMÄNDERUNG ab sofort: die Welt verroht, und wir brauchen weder dümmliche Drehbücher noch brutale Nahaufnahmen in den Kriminalfilmen von Messern, die in fette Bäuche oder zarte Mädchenkörper gerammt werden, neuerdings darf man das auch superhörbar mitkriegen, denn inzwischen wird akustisch nachgeholfen: wenn ein Teppichmesser zum Morden eingesetzt wird, hört man das Durchtrennen der verschiedenen Körperschichten. Wir brauchen auch keine unendlichen Kamerafahrten durch Pathologie-Räume, irres Gemetzel, bescheuerte Dialoge. Unsere Zeit ist kostbar!
Eine dumpfe Verrohung der Zuschauer*innen kann doch so auch aus dieser Quelle nicht ausbleiben. Was glauben Sie, wo dieser Müll mental endet? Sehen Sie nicht, wie gefährdet wir sowieso schon sind in dieser rasanten auch charakterlichen Orientierungslosigkeit? Und die Verlierer – global und lokal – mit welcher Perspektive sind sie geneigt, sich an Regeln zu halten, die sie gleichzeitig ausschließen?
Ist die ARD und das ZDF dermaßen verantwortungslos, dass Sie uns allen zur primetime diese Unmengen an Gewalt auftischen, nur um der scheiß Quote willen? Die wirklich guten Dokumentationen bieten die Ö-R spätabends an, wenn die „mühselig und beladenen“ Werktätigen und Pflegekräfte und Handwerker und Kindergärtner längst erschöpft in ihren Betten liegen, weil sie früh wieder fit an die Lohn-Arbeit müssen.
Apropos lukratives „Werberahmenprogramm“: Die Reklame bräuchte gar nicht sein, die Führungsebene im Rundfunk ist sowieso überbezahlt.
Es ist klar, dass Sie damit auch schleichend eine Hemmschwelle senken, mit diesen verrohenden „Angebotsdrogen“. Das ist keineswegs Ihre Aufgabe, dafür werden Sie von uns Demokraten sehr ungern finanziert!
Also Stopp
mit Ihren verantwortungslosen und überteuerten Geschäftsmodellen !!!
Und: Reden Sie mit dem zahlenden Publikum, stellen Sie sich. Es gäbe ganz andere Möglichkeiten, das Programm sinnvoll zu füllen, mit Informationen und humanistisch orientierten Spielfilmen, wo übrigens ein „Tatort“ – Star keineswegs 200.000, – € pro Sendung kassieren muss! Ich habe nichts gegen Komik, aber bitte ernsthaft, ohne primitive Verachtung. Erinnern Sie sich mal an meinen Freund, den großen Schauspieler Günter Lamprecht, der konnte den ZuschauerInnen berichten von dem Amoklauf eines DEUTSCHEN Jungen mit den Waffen seines Vaters am 1. November 1999, wo 5 Tote dann das Resultat waren – und Lamprecht und seine Frau und der Fahrer lebensgefährlich verletzt in ihrem Blut lagen. Günter hat danach vor Schmerzen nachts wochenlang im Krankenhaus nicht schlafen können, hat sich damals schlaflos durch die TV-Programme gezappt, was sah er: nur GEWALT! ( Im STERN von Januar 2000 können Sie unser Interview mit ihm über diesen Horror lesen)
Bitte tun Sie alles, damit es zu einer konzertierten Aktion zumindest im Öffentlich Rechtlichen kommt, damit eine Hand wieder begreift, was die andere tut, und es aufhört, in allen Himmelsrichtungen Deutschlands und Europas Leichen zu platzieren: „Die Toten vom Bodensee“, von Istanbul, von Lissabon, Amsterdam, Nord – und Ostsee, jetzt gar Masuren; keine große Stadt, kein Landstrich, keine schöne Gegend wird von groben Gewaltfantasien verschont.
Und es gab sie doch und gibt sie selten auch noch heute: Manchmal gibt es gute Ausnahmen, wie neulich mit Dagmar Manzel und Sylvester Groth, oder der Tatort „Der tiefe Schlaf“ Buch und Regie Alexander Adolph oder Drehbücher von Beate Langmaack, auch ihre Bella Block – Drehbücher, wie „Die Frau des Teppichlegers“ mit der wunderbaren Hannelore Hoger.
Wesentlich ist: Wir haben das Recht, für unsere Gebühren aufrichtig mit einem durchaus spannenden und auch witzigen Programm versorgt zu werden, das zum „Selbstdenken“ anregt.
Das destruktive Geschäftsmodell jedoch triggert mit inflationären Gewaltszenen eine profitable Haltlosigkeit, die moralisch kaputt macht.
Brauchen wir das?
Ich hoffe sehr, Sie werden jetzt endlich aktiv, die vernünftigen BürgerInnen werden es Ihnen danken!
Bildquelle: Rotkaeppchen68 (in de.wikipedia), CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons
Liebe Frau Bäumler,
Ich gebe Ihnen in fast allen Punkten recht. Gewaltdarstellungen, vor allem extremen Gewaltdarstellungen, im ÖR brauchen wir nicht.