„Er golft und mosert“, lese ich in der SZ über den momentanen Zustand des noch amtierenden US-Präsidenten Donald Trump, der immer noch nicht wahrhaben will, dass er die Wahl verloren hat, und dass es seine Pflicht wäre, dem Nachfolger zum Sieg zu gratulieren und ihn ins Amt einzuführen. Er macht eine erbärmliche Figur dieser Trump, der im Grunde in seiner Amtszeit wenig erreicht hat, mit dem er in die Geschichtsbücher eingehen wird, es sei denn seine Sturheit und Kleingeistigkeit, mit der er an seiner Niederlage zweifelt, kämen zu zweifelhaften Ehren. Jetzt muss er erleben, wie mehr und mehr seiner Anhänger ihm nicht mehr folgen, obwohl er sie sinnlos aufgepeitscht hatte, gerade so, als wollte er einen Putsch versuchen. Bei klarem Verstand- hatte er ihn je?- hätte ihm viel früher einleuchten müssen, dass es vorbei war mit seiner jämmerlichen Herrlichkeit. Klagen über Klagen hat er verloren, dieser Egoist und Selbstdarsteller, nicht einen Streit hat er für sich entschieden, weil es keinen einzigen Beleg für einen Betrug gegeben hat. Seine Republikaner haben ihn endlich überstimmt zusammen mit den Demokraten wegen des Verteidigungsetats. Seine Macht zerbröselt.
Wie es anders geht, wie es eigentlich immer gehen sollte nach einer Wahl, schildert Barack Obama in seiner Autobiographie, die neben seinem Namen noch den Titel trägt: „Ein verheißenes Land.“ Ein dicker Wälzer von fast 1000 Seiten, der vor ein paar Wochen erschienen ist und in dem der Autor beschreibt, wie ein Farbiger wie er den Aufstieg meistert mit allen Hindernissen und wie er als erster Schwarzer Amerikaner Präsident wird. Das Wort „Schwarzer“ schreibt er, obwohl als Adjektiv gebraucht, stets groß. „Mein erster Besuch des Oval Office fand nur wenige Tage nach der Wahl statt, als die Bushs, gemäß einer alten Tradition, Michelle und mich einluden, unser künftiges Zuhause zu besichtigen“. So beginnt Obama die Erzählung über seinen ersten Besuch im Haus des jeweiligen USA-Präsidenten im November 2008(Seite 298 ff). Eine Selbstverständlichkeit, über alle inhaltlichen Streitigkeiten zwischen Bushs Republikanern und den Demokraten des neuen Präsidenten hinweg. Ja, es war der George W. Bush, den wir in Deutschland gar nicht so gut in Erinnerung haben, weil er den Krieg gegen den Irak vom Zaun gebrochen, den Kriegsgrund mit Lügen unterfüttert hatte. Der deutsche Bundeskanzler, der SPD-Politiker Gerhard Schröder, hatte „Nein“ gesagt zu diesem sinnlosen Krieg. Seine damalige Gegenspielerin von der Union, die heutige Kanzlerin Angela Merkel, hatte ihm über die „Washington Post“ ausrichten lassen: „Herr Schröder spricht nicht für alle Deutschen.“ Ein Affront, zumal das Kriegsziel, für Demokratie und Sicherheit im Irak zu sorgen, nicht erreicht wurde. Von den erwähnten Lügen abgesehen.
Aber dieser Texaner Bush mag rauh sein, er weiß dennoch, was sich gehört nach einer Wahl, die demokratisch war und die Sieger und Verlierer hervorgebracht hatte, den Sieger Barack Obama und den Verlierer John Mc Cain. Also lud er das künftige Präsidenten-Paar ins Weiße Haus und führte sie durch alle Räume. „Es war ein sonniger, warmer Tag, mit noch reichlich Laub an den Bäumen und einem prächtig blühenden Rosengarten“. Obama beschreibt sein Erstaunenund seine Bewunderung angesichts des Hauses, indem der mächtigste Mann der Welt seinen Platz hat- bald wird er dort einziehen und regieren. Er weiß es und scheint es dennoch nicht ganz zu fassen. Man darf nicht vergessen, woher er kommt, der erste Schwarze auf dem Stuhl des Präsidenten.(Ich benutze das Wort Schwarz, weil es auch Obama in seinem Buch benutzt, immer wieder)
Der Präsident und die First Lady Laura Bush begrüßten die Obama-Familie am Südportikus. Man merkt der Schilderung des Autors sein ganzes Empfinden an, seine Überraschung, weil er natürlich weiß, was ihm bevorsteht. Er beschreibt weiter, wie sie der Presse zugewinkt hätten, dann hätten sich Bush und er ins Oval Office begeben, „während Michelle Mrs. Bush zum Tee in den Wohntrakt folgte.“ Nach ein paar Fotoaufnahmen und nachdem ein junger Bediensteter Erfrischungen gereicht habe, habe der Präsident ihn gebeten, Platz zu nehmen. Danach liest man den Small Talk, der eigentlich genauso wie das vorher Geschilderte unwichtig ist. „Na“, fragte Bush den Neuen, „wie fühlt sichs an?“ Und Obama antwortete lächelnd: „Nach viel. Ich bin mir sicher, Sie erinnern sich noch daran.“ Klar konnte sich Bush an seine ersten Augenblicke im Zentrum der Macht erinnern. „Als wärs gestern gewesen.“ Und dann habe Bush die Dimension des Amtes kurz umrissen.“ Ich sag Ihnen was: Das ist ein Wahnsinnsritt, den Sie da vor sich haben. Mit nichts zu vergleichen. Sie sollten sich einfach jeden Tag selbst daran erinnern, dass Sie es zu schätzen wissen.“ Ein Wahnsinnsritt mit einer riesigen Verantwortung.
Barack Obama äußert sich sehr hochachtungsvoll über den Amtsinhaber und wie dieser das Amt an ihn übergeben habe. Wobei er nicht weiß, ob er dies aus Respekt vor dem Amt getan habe, oder weil sein Vater, der selber Präsident gewesen war, ihn das gelehrt hatte. Oder einfach aus purem Anstand. „Präsident Bush hatte am Ende alles getan, was er konnte, damit die elf Wochen zwischen meiner Wahl und seinem Weggang reibungslos verliefen. Für jedes Büro im Weißen Haus war eine detaillierte Gebrauchsanweisung vorbereitet. Bushs Mitarbeiter nahmen sich Zeit, ihre Nachfolger zu treffen, Fragen zu beantworten und ließen sich sogar bei der Ausübung ihrer Pflichten über die Schulter schauen. Die Bush-Töchter Barbara und Jenna, damals schon junge Erwachsene, verlegten ihre terminlichen Verpflichtungen so, dass sie mit Malia und Sasha(die Obama-Töchter) eine eigene Führung zu den lustigen Ecken im Weißen Haus unternehmen konnten. Ich gelobte im Stillen, meinen Nachfolger, wenn es so weit wäre, genauso zu behandeln.“ So weit diese Passage aus dem Buch, die Trump gewiss nicht gelesen haben wird, weil er ja die Zeit damit verbringt, sein Golf-Handicap zu verbessern und die verlorene Wahl doch noch in seinen Sieg zu verwandeln. Manches wirkte ja komisch, zum Lachen, wenn es nicht so ernst wäre. Der Mann im Weißen Haus hat fast alle Hebel der Macht in Händen. Wenn der sich vergreift…
Zurück zum erwähnten SZ-Artikel. Darin zitiert der Autor aus der Boulevard-Zeitung „New York Post“, einem bis vor kurzem Trump ergebenen Blatt. Neben „einem wenig vorteilhaften Bild“ von Trump habe in großen Lettern gestanden: „Stoppen Sie den Wahnsinn“. Darunter, in kleineren Buchstaben die Wahrheit: „Sie haben die Wahl verloren.“ Ob er es begreift? Oder weiter auf die Legende des Wahlbetrugs setzt? Der Beitrag der „Süddeutschen Zeitung“ endet, passend zur Weihnachtszeit, mit der frohen Botschaft: „Noch gut drei Wochen, dann ist es überstanden.“
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