So wie es immer ist, wenn die deutsche Fußballnationalelf mit dem Rücken zur Wand steht, dann ist sie zu den dringend erforderlichen Leistungen durchaus in der Lage.
Gegenüber den letzten Qualifikationsspielen zeigte sich die Mannschaft gestern Abend in Frankfurt in der wichtigen Begegnung gegen den bisherigen Tabellenführer Polen erheblich verbessert, zeigte ein insgesamt gutes, temporeiches Spiel mit bemerkenswertem Einsatzwillen und gewann völlig verdient mit 3:1. Alle Tore gingen auf das Konto von Spielern des FC Bayern München: auf deutscher Seite Thomas Müller und zweimal Mario Götze, auf polnischer Seite Robert Lewandowski.
Die polnische Mannschaft, bekannt für ihr blitzschnelles Konterspiel aus einer sicheren, dicht gestaffelten Abwehr heraus, überraschte in den Anfangsminuten mit selbstbewussten, offensiven Aktionen. Dann legte die deutsche Mannschaft ihre anfängliche Nervosität ab und konnte bereits in der 12. Minute nach einer schnellen Kombination durch Müller in Führung gehen, eingeleitet über links durch Linksverteidiger Jonas Hector vom 1. FC Köln im zielstrebigen Doppelpassspiel mit Karim Bellarabi von Bayer Leverkusen. Bereits in der 19. Minute erhöhte Götze nach feiner Einzelaktion mit einem Schuss mit Rechts ins linke kurze Eck zum 2:0, eingeleitet wieder durch ein Zuspiel von Hector.
Ein Abspielfehler im Mittelfeld führte in der 36. Minute zu einem blitzschnellen Konter der Polen über Linksaußen und zu einer präzisen Flanke fünf Meter vor das Tor von Manuel Neuer, wo Robert Lewandowski mit einem spektakulären Hecht-Flugkopfball zum 2:1 verwandelte. Auch Mats Hummels von Borussia Dortmund war nicht mehr in der Lage, den mit Urgewalt heranbrausenden bayerischen und polnischen Mittelstürmer aufzuhalten. Danach drehten die Polen mächtig auf und für die deutsche Mannschaft gab es bange Minuten zu überstehen. So zwang in der 45. Minute ein fulminanter Schuss von Lewandowski von der Strafraumlinie Manuel Neuer vom FC Bayern München zu einer großartigen Parade; beim anschließenden Eckstoß rettete Götze per Kopf auf der Torlinie.
Die zweite Halbzeit begann mit einem zerfahrenen Spiel der deutschen Mannschaft, das sich merklich verbesserte, als Ilkay Gündogan von Borussia Dortmund in der 53. Minute eingewechselt wurde. Die Folge waren einige hochkarätige Chancen, so setzte Götze den Ball in der 57. Minute an den Pfosten. Er konnte aber in der 82. Minute mit einem Abstaubertor letztlich verdient auf 3:1 erhöhen. Danach waren die Polen physisch und psychisch nicht mehr in der Lage, nochmal Kräfte frei zu machen und sich gegen die Niederlage zu stemmen.
Bemerkenswert der Einsatz von Götze von Beginn an bis zur 90. Minute, der sich mit einer auffallend guten Leistung revanchierte. Deprimierend für Lukas Podolski, dass es für ihn nur zum Zeitschinden reichte, als er nämlich in der 90. Minute für drei Minuten Nachspielzeit für Götze eingewechselt wurde und zu überhaupt keiner nennenswerten Aktion kam. Die von Trainer Jogi Löw seit Jahren immer noch an den Tag gelegte Affenliebe zu Podolski ist unerklärlich und so langsam wirklich unangebracht.
Linksverteidiger Hector scheint sich zu einer echten Alternative zu Höwedes zu entwickeln. Er machte ein gutes Spiel, stark in der Abwehr und über Linksaußen immer wieder antreibende Kraft. Rechtsverteidiger Emre Can von FC Liverpool wartete mit einer nicht schlechten Leistung auf. Beim polnischen Gegentor wurde er durch einen Fehler im Mittelfeld überrascht und ermöglichte durch schlechtes Stellungsspiel den Gegenkonter über seine Seite. Offensive Aktionen über Rechtsaußen waren in der 1. Halbzeit Fehlanzeige, so dass sich das deutsche Angriffsspiel nur über Linksaußen oder eben durch die Mitte vollzog. In der 2. Halbzeit tauchte Can dann öfter mal auf Rechtsaußen auf. In Anbetracht seines ersten Länderspiels ist Nachsicht angebracht, insgesamt wird man mittelfristig auf ihn setzen können.
Verbesserungsmöglichkeiten für das eigene so genannte Positionsspiel sind prinzipiell immer gegeben. Bei Gegnern mit solch hervorragenden spielerischen Qualitäten, wie eben bei der polnischen Mannschaft, lassen sich natürlich gegnerische Torchancen nicht grundsätzlich verhindern, eine Binsenweisheit. Manuel Neuer hat mit zahlreichen ausgezeichneten Paraden gezeigt, dass auf ihn Verlass ist und er erst mal überwunden werden muss.
Bemerkenswert die immer noch vorhandene Harmlosigkeit der deutschen Mannschaft bei Standards, vor allem bei Eckbällen. Dieses Problem ist schon Jahre alt und sollte doch endlich mal abzustellen sein.
Kritisiert werden müssen auch die vielen Abspielfehler im Mittelfeld und im gegnerischen Strafraum, wobei sich vor allem Müller in der 2. Halbzeit „auszeichnete“. Zu viele eigene Angriffsbemühungen konnten dadurch nicht zu einem Abschluss gebracht werden oder es wurden in der Vorwärtsbewegung der deutschen Mannschaft gegnerische Konter ermöglicht.
Der italienische Schiedsrichter Rizzoli, der auch schon das Weltmeisterschaftsendspiel gepfiffen hatte, erbrachte eine gute Leistung, nicht zuletzt auch, weil es ihm die beiden Mannschaften durch ihre weitgehend anständige Spielweise nicht schwer machten. Die gelbe Karte für Schweinsteiger in der 79. Minute allerdings war nicht gerechtfertigt, fast schon albern. Eine an sich harmlose Berührung mit anschließendem „Zusammenbruch“ des berührten Spielers wird normalerweise als Schwalbe bezeichnet und sollte eben nicht zu Gelb führen.
Mit der in Frankfurt gezeigten Leistung sollte am kommenden Montag das Spiel in Glasgow gegen Schottland gewonnen und die Teilnahme an der Europameisterschaft im nächsten Jahr in Paris gesichert werden.
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