Die AfD ist keine normale Partei, sie will unsere Demokratie zerstören. Deshalb hat vor Jahr und Tag NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst(CDU) gesagt, die AfD sei eine „Nazi-Partei“. Klarer kann man es nicht ausdrücken, wenn man über den Umgang mit dieser Partei reden will. Die AfD ist zwar demokratisch gewählt, aber ihre Abgeordneten sind deshalb noch lange keine Demokraten. Wenn einer wie Jens Spahn dazu auffordert, mit der AfD so umzugehen wie mit einer normalen Oppositionspartei, dann liegt der Mann, der innerhalb der Union mal als Fraktionschef und dann auch mal als Minister(für Wirtschaft?) gehandelt wird, glatt daneben. Die Grünen sind im neuen Bundestag eine normale Oppositionspartei, mit denen jeder Demokrat normal redet, weil sie sich an Spielregeln hält und nicht vorhat, diesen Staat zu untergraben. Die Grünen sind lupenreine Demokraten. Gerade noch haben die Grünen in der „Ampel“ mit der SPD und der FDP regiert, in NRW sitzen sie mit der CDU in einer Landesregierung wie übrigens auch in Schleswig-Holstein, in Baden-Württemberg stellen die Grünen seit Jahren den Ministerpräsidenten in einer grün-schwarzen Regierung, in Rheinland-Pfalz regieren sie mit der SPD und der FDP, in Hamburg stellen sie mit dem regierenden Bürgermeister Tschentscher von der SPD den Hamburger Senat. Niemand von den Demokraten von Düsseldorf bis Hamburg, von Stuttgart bis Mainz und Kiel denkt daran, die AfD als normale Partei zu betrachten. Niemand will mit dieser rechtsextremen Partei etwas zu tun haben.
Es gibt gute Gründe, die AfD nicht so zu behandeln wie etwa die Grünen oder die Linke. Man bekämpft Extremisten nicht, wenn man sie normalisiert, wenn man sie ins Präsidium des Bundestages wählt oder ihr den Vorsitz von Ausschüssen des Parlaments gibt. Das Bundesverfassungsgericht hat hier klar geurteilt und festgestellt, dass es zulässig ist, AfD-Kandidaten nicht zu wählen, sie waren bei Wahlen sowohl als Bundestags-Vizepräsidentin oder -Vizepräsident wie auch für Vorsitze für Ausschüsse durchgefallen. So funktioniert Demokratie, man braucht Mehrheiten, betonte Katja Mast für die SPD-Bundestagsfraktion. Und kein Demokrat kann gezwungen werden, AfD-Kandidaten für dieses oder jenes Amt zu wählen. Der Abgeordnete ist frei in seiner Entscheidung.
Die SPD ist alarmiert
Jens Spahn hat mit seinem Vorstoß die Diskussion in der SPD über die mögliche neue schwarz-rote Koalition verschärft. Möglich, dass ihn das umstrittene Verhalten seines Chefs im letzten Bundestag, als Merz einen Abstimmungs-Sieg mit Hilfe von AfD-Stimmen bewusst in Kauf nahm, dazu ermuntert hat. Das wäre ein mehr als riskanter Weg eines führenden Christdemokraten. Noch, Herr Spahn, ist der Koalitionsvertrag nicht unter Dach und Fach, noch läuft die Abstimmung in der SPD, eine Mehrheit scheint in greifbarer Nähe zu sein. Aber es gibt auch viele Bedenken, gerade um die Person, die Kanzler werden will. Es gibt Kritik in der SPD an den als dürftig eingestuften Passagen zur Außenpolitik und Verteidigung, wo kaum etwas zur Rüstungskontrolle oder zur Entspannungspolitik gesagt wird. Noch ist Friedrich Merz nicht gewählt. Und der Umgang mit der AfD ist vor allem für die SPD ein heißes Thema. Nie werden die Sozialdemokraten das, was Spahn da angeregt hat, tolerieren. Schon aus historischen Gründen ist die SPD hier mehr als alarmiert.
Hat Jens Spahn den Streit um den Otto-Wels-Saal nicht mitbekommen, den die AfD mit allen Mitteln der SPD wegnehmen will? Oder weiß er nicht um die Bedeutung von Otto Wels für die SPD? Dass dieser Mann 1933 als Chef der SPD im Reichstag vor der Abstimmung über das Ermächtigungsgesetz Hitlers das Nein der Sozialdemokraten mit den Worten begründete: „Freiheit und Leben kann man uns nehmen, die Ehre nicht.“ Die SPD stimmte als einzige Partei gegen das Gesetz, das Weimar beendete und dem Diktator Hitler alle Macht gab. Weiß Spahn das nicht oder fehlt ihm jedes Gespür für derartige Ruppigkeiten? Und dass führende AfD-Leute wie Brandner diesen Otto-Wels-Saal für sich beanspruchen, weil dieser SPD-Fraktionssaal vom Mief der SPD befreit werden müsste? Merkt er nicht, welche Verachtung für Demokraten aus diesen Worten spricht, welcher Hohn? Ich kann Ralf Stegner gut verstehen, wenn er zu Spahns Vorschlag einer Normalisierung des Verhältnisses zur AfD betont, diese Vorschläge „legten die Lunte an eine mögliche Koalition mit der Sozialdemokratie“. Übrigens ist Spahn nicht der einzige CDU-Mann, der so denkt wie Spahn, auch Sachsens CDU-Ministerpräsident Michael Kretschmar und der Unions-Fraktions-Vize Johann Wadephul, der als Minister im Merz-Kabinett gehandelt wird, werden ähnlich zitiert, AfD-Kandidaten sollen u.a. für Ausschuss-Vorsitze gewählt werden, wenn sie in der Vergangenheit nicht negativ aufgefallen seien. Anders äußerte sich der CDU-Abgeordnete Roderich Kiesewetter: Die AfD stehe in weiten Teilen nicht auf dem Boden der Verfassung. Wörtlich sagte Kiesewetter: „Wir sollten nicht die AfD verharmlosen und schon gar nicht normalisieren.“ Recht hat er.
Die AfD wird sich, wie gehabt, in einer Opferrolle sehen, wenn man wie bisher sie von Ausschuss-Vorsitzen fernhält wie vom Präsidium des Bundestages. Das muss man aushalten, diese Partei würde diese Posten nur ausnutzen, wie sie das nach ihrem ersten Einzug 2017 getan hat. Damals hatten die anderen Parteien AfD-Kandidaten in solche Ämter gewählt mit der Folge, dass es zu Eklats kam. Wie war das noch vor Monaten mit der Wahl eines AfD-Mannes in Thüringen? Schon vergessen, wie er sich damals verhalten hat? Schon vergessen, wie die AfD Sympathisanten der Partei in den Bundestag eingeladen hat, wie diese dort andere Abgeordnete wie auch Minister anpöbelten? Wie man das ja kennt aus Plenarsitzungen.
Kein Vertrauen
Nein, die AfD hat die Basis für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit längst zerstört. Von Reue war nie bei ihr die Rede. „Die AfD ist keine normale Partei“, hat Katja Mast, die Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion gesagt. „Sie versucht, unsere Institutionen zu zersetzen“. Mehrere Landesverbände der AfD werden von Verfassungsschutzämtern als „gesichert rechtsextremistisch“ eingestuft, die Bundes-AfD gilt als rechtsextremistischer Verdachtsfall. Im Koalitionsvertrag von Union und SPD gibt es den Passus, dass die Koalitionspartner „auf allen politischen Ebenen jede Zusammenarbeit mit verfassungsfeindlichen, demokratiefeindlichen und rechtsextremen Parteien“ ausschließen. Das ist die Brandmauer, die CDU, CSU und SPD festgeschrieben haben.
Die AfD ist keine normale Partei, sie will diese Demokratie aushöhlen, ja beseitigen, sie verhöhnt die Gremien des Parlaments, sie will den Euro abschaffen, die EU zerstören. Diese Partei gehört verboten. Ein Verbots-Antrag kann u.a. vom Bundestag beschlossen und ans Bundesverfassungsgericht zur Prüfung geleitet werden. Ein solcher Antrag wurde im letzten Bundestag von einer parteiübergreifenden Gruppe unter Leitung des CDU-Abgeordneten Marco Wanderwitz gestellt. Er fand leider nicht die Unterstützung der Fraktionsführungen von Union und der SPD aus Sorge, man könnte den Streit in Karlsruhe verlieren. In der laufenden Legislaturperiode soll ein neuer Anlauf genommen werden. Wanderwitz ist aus dem Bundestag ausgeschieden, einige seiner Mitstreiterinnen und Mitstreiter machen weiter, darunter die SPD-Abgeordnete Carmen Wegge. „Ich werde mich weiterhin dafür einsetzen, dass in Karlsruhe ein Verfahren gegen die AfD eröffnet wird. Ich bin davon überzeugt, dass die AfD die Voraussetzungen für ein Parteiverbot erfüllt“. Auch der Grünen-Abgeordnete Till Steffen will einen neuen Antrag starten. Dafür nötig wäre eine Hochstufung der AfD durch den Bundesverfassungsschutz und ein entsprechendes Gutachten. „Es gibt viele Kolleginnen und Kollegen vor allem in der Union“, so Steffen gegenüber dem ZDF, „die ihre Entscheidung von dem Gutachten des Verfassungsschutzes abhängig machen. Es ist gewissermaßen der Schlüssel.“ Da die Bundestagswahl vorbei ist, könnte das Gutachten jetzt bald veröffentlicht werden. Steffen: „Der Verfassungsschutz soll endlich entscheiden.“ Über Pläne zur Hochstufung der AfD als gesichert rechtsextremistisch hatte die „Süddeutsche Zeitung “ im Februar 2024 berichtet.
Es ist erschreckend, mit welch einer Naivität Herr Spahn der AfD gegenübertritt. Er spielt den Populisten in die Hände, wenn er die Opferrolle der AfD übernimmt mit dem Hinweis, sie sei ja demokratisch gewählt worden. Herr Spahn sollte sich eindeutig erklären, wie er zu der gemeinsamen Auffassung der Mehrzahl der demokratischen Abgeordneten steht, auf keinen Fall mit der AfD zusammenarbeiten zu wollen. Das darf natürlich nicht zu einer Selbstblockade führen, wenn zu befürchten ist, dass die AfD auch bei Vorhaben der wirklich demokratischen Parteien zustimmen würden. Das heißt aber nicht, dass man sehenden Auges die Zustimmung der AfD heraufbeschwört, wie es Herr Merz aus populistischen Gründen mit dem Entschließungsantrag gemacht hat.
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