Bürgerproteste in Form von Demonstrationen, Aufrufen und Berichten in Medien sind notwendig, um die Diskussion über wirksame politische und rechtliche Maßnahmen der Bundesregierung, der betroffenen Länderregierungen und auch der demokratischen Parteien zu beleben. Dies scheint langsam zu gelingen.
Im NPD-Urteil aus dem Jahr 2017 hat das Bundesverfassungsgericht neben der Festlegung des Grundsatzes der Potentialität auch die Möglichkeit eröffnet, verfassungswidrige Parteien von der Parteienfinanzierung auszuschließen. Mit dem Hinweis auf die Potentialität hat das Gericht erläutert, weshalb es von einem Verbot der NPD abgesehen hat. Mit dieser „wertenden Gesamtbetrachtung“ wurde auf den geringen Mitgliederbestand, mangelhafte Organisationsstruktur und sich daraus ergebender fehlender Aussicht auf erfolgreiches Handeln gegen die Schutzgüter des GG verwiesen. Mit anderen Worten: zu klein und zu unbedeutend, um Schaden anrichten zu können.
Für die AfD sind andere Maßstäbe anzulegen. Neben dem Ausschluss von der Parteienfinanzierung bleibt das schärfste Schwert der Gefahrenabwehr für unsere Demokratie: Das Parteiverbot gem. Art 21 GG in Verbindung mit § 43 BverfGG. Wir wissen inzwischen, dass die AfD ähnlich wie die NSDAP in den frühen dreißiger Jahren des vergangenen Jahrhunderts über üppige Spenden Quellen verfügt, die die Abhängigkeit von staatlicher Parteienfinanzierung stark relativieren. Außerdem könnten vorhandene Mittel aus dem gesamten Parteivermögen auf die drei Bundesländer Thüringen, Sachsen und Brandenburg, in denen 2024 gewählt wird, konzentriert werden. Das würde einen Ausschluss von der Parteienfinanzierung in diesen Bundesländern, auf die sich ein entsprechender Antrag beim Bundesverfassungsgericht richten würde, vollends unwirksam machen. Daraus folgt, dass eine wirksame Bekämpfung der AfD auf Länder Ebene, was rechtlich möglich und von der entsprechenden Landesregierung nach § 43 Abs. 2 BVerfGG in Verbindung mit § 46 Abs.2 BVerfGG einzuleiten wäre, nur mit einem Parteiverbot zu machen ist.
Die Hürden dafür sind hoch, aber nach den vorliegenden Erkenntnissen u.a. der Verfassungsschutzämter in den drei Bundesländern keineswegs unüberwindbar. Um die Verfassungswidrigkeit der AfD darzulegen, müßte gem. Art.21 Abs.2 GG festgestellt werden, dass sie geeignet ist, “ nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgerichtet ist, die freiheitlich demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden“. Die Verfassungsschutzberichte aus zwei der drei Bundesländern, die der AfD “ erwiesenermaßen rechtsextremistische Bestrebungen“ nachweisen, geben reichlich Gesichtspunkte, mit denen eine Verfassungswidrigkeit begründbar wäre. Und dass die AfD angesichts der Umfragen das vom Bundesverfassungsgericht geforderte Potentialitätskriterium nicht erfüllen könnte, muss wohl angesichts der Umfragen kaum befürchtet werden.
Ein oft vorgebrachtes Argument, derartige Parteien würden sich nach einem Verbot eben mit anderer Namensgebung neu organisieren, ist aus der Geschichte der Bundesrepublik widerlegt. Für die 1952 verbotene Sozialistische Reichspartei und ebenso die KPD ( Verbot 1956 ) gab es keine erfolgreichen Nachfolgeorganisationen. Auch der Zeitverzug zwischen Verbotsantrag und Urteil ( ca. 2-3 Jahre ) ist kein wirkliches Gegenargument für ein solches Verfahren gegen die AfD in den drei Ländern. Allein die öffentliche Wirkung der Verbotsanträge kurz vor den im Herbst anstehenden Wahlen wäre enorm. Mindestens die Wählerinnen und Wähler, die nicht ausgewiesen rechtsextremistisch gesinnt sind, wären damit wohl von einer Stimmabgabe für die AfD abzuhalten. Hinzu kommt, dass niemand seine Stimme wirkungslos vor dem Hintergrund eines drohenden und wahrscheinlichen Parteiverbots „verschenken“ will.
Wenn wir nicht blindlings wie 1933 ins Verderben abgleiten wollen, gibt es für ein Verbot der AfD keine Alternative. Abwarten heißt, der AfD die Tür zur Demontage unserer Demokratie zu öffnen. Es ist nicht zu spät für Verbotsanträge der AfD in den betroffenen Bundesländern. Zu spät für den Erhalt unserer Demokratie ist es, wenn wir weiter tatenlos zusehen. Das Risiko des Scheiterns vor dem Bundesverfassungsgericht ist nichts im Vergleich mit dem drohenden Verlust unserer demokratischen Grundwerte.