Vor 3 Wochen wurde im Blog der Republik die personelle Misere der Deutschen Bank-Spitze geschildert und gefordert: „Neues Vertrauen als wichtigstes Kapital muss neu erworben werden – von neuen Leuten an der Spitze.“
Danach gab es zunächst noch einmal Beruhigungspillen vom Aufsichtsratsvorsitzenden der Bank, Paul Achleitner, und vor allem von den beiden Vorstandsführern, Anshu Jain und Jürgen Fitschen. Selbst als die Aktionäre auf der jüngsten Hauptversammlung den beiden CEOs gerade einmal mit 61 Prozent – üblich sind deutlich über 90 Prozent! – die Entlastung erteilten, schüttelten sie sich und gaben kund, ihren Job noch längere Zeit fortzusetzen.
Doch hatten Jain und Fitschen ihre Rechnung ohne den Aufsichtsrat gemacht. Der zog jetzt die Notbremse: Jain muss Ende Juni seinen hochdotierten Vorstandssessel räumen, Fitschen darf noch bis zum Mai 2016 bleiben. Er soll dem neuen Chef der Deutschen Bank, dem Engländer John Cryan, noch ein wenig beim Einstieg in das schwierige Umfeld der Bank begleiten.
Der neue Mann kennt die Untiefen des Kreditinstituts gut; er war seit 2013 schon Mitglied im Aufsichtsrat und früher Finanzvorstand der Schweizer Großbank UBS. Cryan war zuvor auch im Investmentbanking aktiv, ihm sind die spekulativen Übertreibungen und hohen Gefahren in diesem Bereich also nicht fremd. Doch ist er mehr als andere der klassische, seriöse Beratungsbanker, den der Aufsichtsrat jetzt für die Herkulesaufgabe engagiert hat.
John Cryan muss Vertrauen, das Jain und Fitschen verspielt haben, für die Deutsche Bank zurückgewinnen. Die vielen Skandale und Prozesse, die Milliarden-Kosten verursacht haben, müssen erledigt werden. Das wird schon nicht sehr einfach sein, denn mit vielen Fällen sind noch ordentliche Gerichte beschäftigt. Selbst in jüngster Zeit kamen noch weitere Skandale und Rechtsstreitigkeiten hinzu. Die finanziellen Konsequenzen sind gewaltig und fressen einen großen Teil der Gewinne der Deutschen Bank auf. Das führt zu einem beachtlichen Verdruss bei den Investoren, die mit ihren Aktien viel Geld verloren haben.
Der Durchgriff auf die Mitarbeiter und Führungsfiguren, die für Zinsmanipulationen, fragwürdige Hypothekengeschäfte, Geldwäsche, Beihilfe zur Steuerhinterziehung und anderem mehr verantwortlich sind, war unter Jain und Fitschen eher lasch denn mutig.
Den angerichteten Schaden in Milliarden-Höhe muss indessen von anderen „beglichen“ werden, vor allem von den Mitarbeitern in den Filialen der Bank. Die Schließung vieler Niederlassungen, die Entlassung vieler Angestellter sowie andere Sparmaßnahmen an der Basis waren bislang die Jain-Fitschen-Strategie, die auch noch als Teil des angekündigten Kulturwandels der Deutschen Bank gepriesen wurde. Als auch noch der hervorragende Rainer Neske, Vorstandschef im Privatkundengeschäft, das Institut verließ, muckte der Betriebsrat auf: Das negative Image der Bank wurde offen kritisiert, personelle Konsequenzen an der Spitze gefordert.
John Cryan wird als Herkules in der Deutschen Bank nun nicht nur einen Kulturwandel, sondern eine Kulturrevolution in Gang setzen müssen. Das Institut ist in nicht weniger als 7.000 juristische Verfahren verwickelt; hier muss vieles ab- und aufgeräumt werden – mit harter Hand auch gegen die dafür Verantwortlichen. Sowohl ins Firmen- als auch im Privatkundengeschäft muss die Deutsche Bank wieder eine erste Adresse werden. Das gilt auch für andere Bereiche – wie etwa für das Wertpapiergeschäft –, wo für solide Beratung qualifiziertes Personal durchaus vorhanden ist. Für gute Dienstleistungen werden die Kunden durchaus Preise zahlen, mit denen die Erträge zu steigern sind.
Das risikoreiche Investmentgeschäft und andere Bereiche sind zu überprüfen, ob hier nicht „die Gier Hirn zerstört“ und den Chancen mit krimineller Energie nachgejagt wird. John Cryan, der neue Mann an der Spitze, wird großen Mut dafür haben und mit hartem Besen die „Schmuddelecken“ ausheben müssen. Doch mit Transparenz, klaren Prinzipien, sauberen Geschäften und neuer Faszination der Angestellten auf allen Ebenen wird sich ein Wechsel des Kurses zum Besseren und zur „Leistung aus Leidenschaft“ erzielen lassen.
Deutschland als große Wirtschaftsnation mit globaler Verflechtung braucht auch in Zukunft zumindest eine große, leistungsfähige und international operierende Bank. So viel Häme die Riege von Ackermann, Join und Fitschen zurecht in der Vergangenheit erfahren hat, so sehr ist dem neuen Krisen-Manager Cryan Erfolg und Fortüne zu wünschen.