Kopper, Ackermann, Jain – diese Männer und ihre Vorstandskollegen haben als Manager der Deutschen Bank im letzten Jahrzehnt fast wie Finanzmagier höchstes Ansehen in der Wirtschaft, Öffentlichkeit und Politik genossen. Im Aufsichtsrat des Instituts sitzen Leute mit klangvollen Namen; ein jedes AR-Mitglied erhielt eine feste jährliche Vergütung von 100.000 €; für den AR-Vorsitzenden Achleitner wurde gar das Doppelte bezahlt. Hinzu kamen weitere Beträge für Aktivitäten in den AR-Ausschüssen.
Versager im Aufsichtsrat und Vorstand
Für das Geschäftsjahr 2014 stellt sich der Aufwand der Deutschen Bank für den Aufsichtsrat als nicht gerade bescheiden dar: Paul Achleitner, der oberste Aufseher und wichtigste Ratgeber, erhielt 818.548 €; im Jahr zuvor waren es 645.833 €: Andere Mitglieder im Aufsichtsrat kassierten für ihr Engagement bei der Deutschen Bank im Jahr 2014 zwischen 100.000 und 272.849 €; insgesamt waren das mit 4.588.710 € noch 700.000 € mehr als im Vorjahr.
Die Ergebnisse, die die Deutsche Bank jüngst offenbarte, sind ein riesiges Desaster. Allein für das 3. Quartal 2015 musste ein Verlust von 6 Mrd. € festgestellt werden. Über mehrere Jahre wurden schier unfassbare Fehler gemacht. Die Manager im Vorstand, die mit Millionen-Gagen Jahr für Jahr bezahlt wurden, haben dies in erster Linie zu verantworten. Doch auch der Aufsichtsrat kann und darf seine Hände nicht in Unschuld waschen; er muss ebenso in die Verantwortung genommen werden.
Blender als Polit-Berater
Das Desaster der einst so ruhmreichen Deutschen Bank begann mit dem Experiment mit der Bank 24. Damit wurden nicht nur Kunden vergrätzt, sondern auch hohe Beträge “verbrannt“. Das so glorifizierte Investmentbanking sollte Glanz und Gloria des Instituts mehren. Die Jongleure auf diesem Feld kassierten Millionenvergütungen und schier unfassbare Boni. Die bilanziellen Lasten wuchsen über einige Jahre hinweg an. Nach außen gab es indessen eine solch’ einzigartige Hochstapelei, dass zum Beispiel Joe Ackermann als Vorstandsprimus zum wichtigen Ratgeber von Angela Merkel und ihrem Finanzminister Steinbrück aufstieg. Sein Rat war wohl so wertvoll, dass es zu seinem runden Geburtstag ein Abendessen im Kanzleramt gab.
Bankster mit krimineller Energie
Hinter der glitzernden Fassade der Deutschen Bank entwickelten sich Aktivitäten, bei denen einst vornehme Bankiers nicht nur zu angloamerikanischen Bankern mutierten, sondern zu raffgierigen “Bankstern“, zu einer Mischung aus Bankern und Gangstern wurden. Kriminelle Machenschaften gab es in dieser Bank, die geradezu unfassbar sind. Mit Blick auf die Dimensionen, die mit Euribor- und Libor-Leitzinsmanipulationen, mit Geldwäschegeschäften oder Steuertricksereien erreicht wurden, stellt sich mancher Banküberfall von Geldräubern wie eine Bagatelle dar.
Die hochdotierten Vorstandsleute mimen die Unschuldigen, obwohl sie doch als Chefs der Deutschen Bank die Verantwortung tragen müssten. Wer im Vorstand für ehrliche und solide Geschäfte eintrat – wie etwa Rainer Neske –, wurde weggebissen. Sein Ausscheiden war jedoch ein überdeutliches Signal dafür, dass die Bank längst auf falschem Kurs war. Jain und Fitschen versuchten die Öffentlichkeit und auch die Aktionäre als Anteilseigner der Bank mit der Propaganda zu täuschen, dass man einen Kulturwandel eingeleitet habe. Ihren Worten folgten Taten, nämlich Untaten, die in fast wöchentlichem Rhythmus neue Gesetzesverstöße und kriminelle Aktionen aufblitzen ließen.
John Cryan auf Schrumpfkurs
Seit kurzem ist John Cryan der neue Chef der Deutschen Bank. Die Berufung dieses ebenso klugen wie kühlen Briten war wie eine Verzweiflungstat des Aufsichtsrates mit Paul Achleitner an der Spitze, der damit seine exponierte Position retten wollte. Nun soll die Deutsche Bank wieder einmal völlig umgebaut werden. So war es bereits einige Male von Vorständen und Aufsichtsräten angekündigt worden, doch ging es immer tiefer in die Tinte. John Cryan will die Kosten um fast 4 Mrd. € senken. Dazu sollen 200 der 750 Bankfilialen geschlossen, etwa 9.000 Mitarbeiter abgebaut und das IT-System verbessert werden. Das Bankgeschäft will Cryan schlanker machen, risikoreiche Geschäfte um über 90 Mrd. € reduzieren und das Investmentbanking eindämmen.
Bis 2017 soll diese jetzt eingeleitete Sanierung der Deutschen Bank laufen, um dann wieder auf einen Erfolgskurs zu gelangen. Für 2015 und 2016 werden die Aktionäre auf Dividendenzahlungen verzichten müssen. Auch die Bonus-Zahlungen für leitende Mitarbeiter sollen gekürzt werden – hoffentlich auch für Vorstände und Aufsichtsräte. Unkalkulierbar sind jedoch auch für den neuen Mann an der Spitze die rund 9.000 Rechtsprobleme und Gerichtsverfahren, die noch hohe Strafen und harte Sanktionen nach sich ziehen könnten. Mit der Strategie “Tarne und Täuschen“ soll indessen Schluss sein.
Angestellte zahlen die Zeche
Schon wird von Deutschlands größtem Institut als “Bad Bank“ gesprochen. Der Börsenkurs ist auf rund 25 € abgestürzt, viele Aktionäre haben verkauft, weil ihr Vertrauen dahin ist. Auch bei den Mitarbeitern sind die Zweifel und Befürchtungen groß; das spiegelt sich in einer internen Befragung, die Mitte diesen Jahres stattfand, wider. Demnach halten gerade noch 56 % die Deutsche Bank für integer, nur 53 % identifizieren sich noch mit ihrem Arbeitgeber. Und nicht einmal 50 % halten die Bank für innovativ.
Im gesamten Personalbereich wird es gewaltige Turbulenzen geben: Insgesamt wird die Zahl der Mitarbeiter – nicht zuletzt auch durch den Verkauf der Postbank und anderer Beteiligungen – um 20.000 auf 86.000 verringert. 14.000 Arbeitsplätze werden vor allem im kundennahen Geschäft und in der Infrastruktur abgebaut; 5.000 Neueinstellungen sind insbesondere im IT-Sektor vorgesehen. Bei externen Dienstleistern werden 6.000 Stellen zu verringern sein. Allein in diesem Jahr muss die Deutsche Bank über 1 Mrd. € für den Personalabbau an Abfindungen zahlen. Per Saldo müssen also die Angestellten die Suppe auslöffeln, die ihnen die Topleute im Vorstand und Aufsichtsrat eingebrockt haben. Zu Recht wird bezweifelt, ob die schweren Probleme und die Krise mit einem solchen Personal- und Kostenschnitt gelöst werden können. Das sind waghalsige Operationen in der Defensive, die der Not um’s Überleben entspringen. Was in dem Gesamtkonzept völlig fehlt, ist eine Strategie für die Offensive – mit besseren Geschäften, mit höheren Erträgen, mit Innovationen, mit intensiver Kundennähe. Der Neubau aus Trümmern wird jedenfalls sehr schwierig.
Bildquelle: Screenshot von http://whatnowtoons.com/wnt_prints.asp, von Keith Tucker
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