Götterdämmerung. Vor die Wand. Drama. Am Boden. Aktienabsturz. Und so weiter. Was man auch liest in deutschen Zeitungen und Magazinen: VW steht im Brennpunkt, aber nicht so, wie sich das die Herren in Wolfsburg wünschten. Im VW-Fall liegt die Betonung auf dem ersten Wort. Es brennt im Hause VW und zwar an allen Ecken und Enden. Aber es scheint längst nicht mehr nur um den guten alten Volkswagen zu gehen, es geht um mehr, um das Made in Germany, die deutsche Zuverlässigkeit, auf die immer Verlass war, während woanders in der Welt der Schlendrian zu Hause war. Ist Deutschlands Wirtschaft nun angeschlagen oder gar angezählt?
VW ist ja nicht irgendeine Firma, eine Bude, wie man am Tresen gern lästert. VW steht für das deutsche Modell, die deutsche Ingenieurskunst. Nicht gerade billig, aber von hoher Qualität und überall in der Welt begehrt. Und jetzt hat VW mehr als einen Kratzer abbekommen, und das mit dem Abgas-Betrug ist mehr, das sieht nach einem Crash aus. Die „Süddeutsche Zeitung am Wochenende“ zeigt auf der ersten Seite einen VW-Passat, der vor die Wand gefahren ist, ein Bild, das im Innern wiederholt wird. VW vor der Wand, platt? Totalschaden? Der „Spiegel“ bringt auf seiner Titelseite einen Käfer, wie er von sechs Herren in Trauergewändern und mit Zylinder beerdigt wird, ein Käfer wie auf einer Bahre. Dazu die Zeile: Selbstmord. Klar, er ist von eigener Hand gemacht, der Abgas-Skandal, über den seit Tagen nur noch diskutiert wird und der Deutschlands größten Konzern, über Jahre das Aushängeschild für den Export-Weltmeister, ins Gerede gebracht hat.
Was wusste Winterkorn? fragt die „FAZ am Sonntag“. Eine Antwort kann die Zeitung nicht liefern, aber wer den Stoff liest, hat Zweifel an der Darstellung des einstigen Vorstandschefs von VW, dass der nichts gewusst haben will von der Sache, über die ein Techniker die Firma VW schon vor Jahren informiert haben soll. Warum hat niemand reagiert? Weil man sich für unschlagbar hielt? Wir doch nicht? Die können uns doch gar nicht? Wir die Größten, nachdem wir Toyota abgehängt haben und nunmehr auf Platz 1 der Weltrangliste stehen? Die Hybris der deutschen Autobauer? War es das, ist das der Grund für diesen Riesenfehler, der nicht nur Herrn Winterkorn den Platz an der Sonne gekostet hat, sondern der noch weit schlimmere Folgen haben kann.
Deutsche Bank, Lufthansa, Siemens
Schon wird erinnert an andere Skandale und Affären mit einstigen deutschen Edelnamen: Deutsche Bank, Siemens, Lufthansa. Wer hätte je gedacht, dass Siemens mit Schmiergeldern versucht hätte, sich Aufträge in aller Welt zu besorgen? Oder denken wir an RWE, an den Strudel, in den dieser einstige Energie-Riese geraten ist und der nicht weiß, wie seine Zukunft aussehen wird. Hätte das jemand für möglich gehalten? Wenn nur ein paar Köpfe rollen würden, aber die Firmen, die die Herren vertraten, wieder ihren Weg in die Erfolgsspur fänden und ihre vielen Mitarbeiter wieder gutes Geld verdienten, um ihre Familien zu ernähren, dann wäre das ok. Aber Götterdämmerung? Die Zukunft von Made in Germany in Gefahr? Ist der Ruf erst ruiniert… Man mag gar nicht weiterdenken.
Was wusste die Politik, die sich ja immer gern mit den großen Autobauern gezeigt hat, mal mit Piech, mit den Daimler-Größen? Eine Politik, die ihren Kurs gern mal abgestimmt hat mit den Wünschen und Forderungen aus den PS-Schmieden der Republik. War nicht gerade wieder der große Auftritt auf der IAA in Frankfurt? Was bleibt von dem Glanz und Glamour im Lichte dieses Skandals? Kleinere Fragen kommen hinzu: Wie sieht die weitere Zukunft des Bundesligisten VFL Wolfsburg aus, der in der Champions-League spielt und den man voreilig zum Bayern-Jäger Nr. 1 erhoben hatte? Und wie ist das mit einer Stadt wie Wolfsburg, die von VW lebt?
Er läuft und läuft und läuft. Das war mal der Erfolgs-Slogan für den VW-Käfer. Und jetzt? VW will die in Frage kommenden Diesel-Fahrzeuge nachbessern, auf eigene Kosten. Das ist eine Selbstverständlichkeit, keine soziale Tat. Ihr von VW müsst liefern und zwar schnell. Sonst wird der Schaden nur noch größer.
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