Es ist eine erstaunliche Entscheidung des Sozialgerichts Karlsruhe (S 12 AS 213/21 ER). Danach haben Empfänger und Empfängerinnen der sozialen Grundsicherung bei Arbeitslosigkeit wöchentlich Anspruch auf 20 FFP2-Masken zum Schutz vor Corona-Viren. Wer dies Sachleistung nicht in Anspruch nehmen will, kann sich als Anspruchsberechtigter zum Zweck der Anschaffung 129 € auszahlen lassen.
Seit wenigen Tagen ist es so, dass die Anspruchsberechtigte monatlich 10 solcher Masken zur Verfügung gestellt bekommen. Anspruchsberechtigt weil arbeitsuchend wären rund 5,4 Millionen Menschen in Deutschland.
Die Zahl 20 pro Woche ist etwas kurios, weil solche Masken nach Angaben von Fachleuten mehrfach zu nutzen sind, sofern sie nach Gebrauch aufgeklappt, sozusagen zum Trocknen aufhängt werden, sodass man mit sieben Masken über die Woche verteilt bei wenigen Außenkontakten auskäme. Aber wie auch immer.
Zum öffentlichen Skandal wird die Entscheidung des Sozialgerichts im Einzelfall nicht durch den Kreis der Anspruchsberechtigten und die Zahl der Masken (wie erwähnt: kurios), sondern durch einen Teil der Begründung. Der Teil lautet: Es sei davon auszugehen, dass wenige Personen bereit und fähig seien, fortlaufend zuverlässig die sehr hohen Sorgfaltsanforderungen an die private Wiederverwendung von FFP2-Masken zu erfüllen.
Nachdem ist das gelesen hatte, bin ich unter´s Dachfenster gestiegen, um mir meine aufgereihten, mit einem Tageshinweis versehenen Masken: Mo-Di-Mi usw. anzugucken. Bin ich Elvis, wächst mir Gras in der Tasche? Ich soll eine der „wenigen Personen“ sein, die so was können? Die anderen können das nicht? Zu doof? Nicht „bereit“ eine Maske mit Hilfe einer Wäscheklammer aufzuhängen? Oder jemanden zu fragen, der dabei hilft? Kann doch nur ein Fake sein, ging mir durch den Kopf.
Ich kann mir Einzelfälle vorstellen, in denen 20 Masken erforderlich sind, aus medizinischen Gründen zum Beispiel. Aber darüber hinaus?
Weiter meinte die Kammer:
Diese (Masken, vom Autor eingefügt) seien zum Einmalgebrauch für geschultes Medizinpersonal konstruiert. Ach so.
Und: Ohne die Beachtung der zum Trocknen notwendigen Hygiene-Routinen würden ggfs. über mehrere Tage und Wochen hinweg für den Infektionsschutz ungeeignete oder sogar virushaltige Masken getragen. Diesen Hinweis halte ich, wie man im Rheinland sagt, komplett für „verdötscht“.
Schließlich: Diese (Masken, vom Autor eingefügt) erweckten nur den falschen Anschein des Infektionsschutzes.
Ich habe dann versucht, ungläubig wie ich bin, am 16. Februar unter sozialgerichtsbarkeit.de mich davon zu überzeugen, dass die Begründung so lautet, wie ich sie gefunden habe. Und was passiert? Es erscheint der Spruch: „Wegen dringender Wartungsarbeiten steht der Server bis auf weiteres leider nicht zur Verfügung.“
Ich glaub ja nicht daran, dass Elvis noch lebt, aber an solche Zufälle …..
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Die Gleichzeitigkeit der kritischen Haltung einerseits und der Offenheit für die Entscheidungsbegründung durch das Gericht sind sehr erfreulich.
Die Entscheidung ist auch jenseits von http://www.sozialgerichtsbarkeit.de online veröffentlicht, insbesondere in den einschlägigen juristischen Entscheidungsdatenbanken, z. B. bei http://www.beck-online.de. Unter Angabe des Aktenzeichens findet sie sich dort im Volltext.
MfG,
P.
Die oben dargelegten Zweifel des Autoren an der Entscheidung dürften sich durch deren aufmerksame Lektüre verflüchtigen.