Wir sind gut über den letzten Winter gekommen: Die Wohnungen blieben nicht kalt, der Strom musste nicht abgeschaltet werden. Doch es ist gut, früher an später, also an den nächsten Winter, zu denken und Vorsorge zu treffen.
Das gilt insbesondere für die Gasversorgung. Denn die Krise ist noch nicht vorbei. Der Krieg von Putin gegen die Ukraine tobt weiter; die Konsequenzen müssen weiterhin bewältigt werden. Immerhin lag der Anteil der russischen Gaslieferungen bei über 50 Prozent des deutschen Verbrauchs. Niemand vermag derzeit vorauszusagen, wie sich die Gasnachfrage in Europa und damit auch die Gaspreise entwickeln werden. Auf jeden Fall wird für den nächsten Winter weniger Gas aus Russland nach Europa fließen als vor dem Krieg.
Gas-Füllstand bei fast 80 Prozent
Ende Juni lag der Füllstand der deutschen Gasspeicher bei 79 Prozent und damit um einiges über dem Niveau früherer Jahre. Dennoch könnte es bei einem harten Winter zu Problemen kommen. Wichtig ist auf jeden Fall, weiterhin Gas einzusparen. Denn es fehlen noch Kapazitäten, um die sichere Versorgung – vor allem in Ostdeutschland – zu garantieren.
Fracking-Gas aus den USA
Inzwischen wurden neue Verträge für die Lieferung von verflüssigtem Erdgas (LNG) u.a. aus den USA abgeschlossen. Der amerikanische Produzent Venture Global LNG wird jährlich 2 Mrd. Kubikmeter LNG liefern. Das amerikanische Fracking-Gas wird jedoch nur einen Mini-Anteil ersetzen. Denn in früheren Zeiten strömten rund 60 Mrd. Kubikmeter Russengas durch die Nordsee-Pipeline Nordstream 1. Auf die Schnelle wurden LNG-Terminals an deutschen Küsten errichtet.
Norwegen: Gaslieferant Nr. 1
Größter Gaslieferant ist inzwischen Norwegen. Allerdings wird sich der Export norwegischen Gases kaum noch steigern lassen. Angesichts des Russland-Kriegs gegen die Ukraine und des Boykotts russischer Gaslieferungen sind die Preise im vergangenen Jahr fast durch die Decke gegangen. Der norwegische Exporteur machte 2022 einen Umsatz von etwa 150 Mrd. US-Dollar und einen Rekordgewinn in Höhe von 75 Mrd. US-Dollar. Nach einem leichten Absinken der Gaspreise sind sie in der jüngsten Zeit wieder gestiegen. Und ob die von den EU-Staaten beschlossene Bündelung des Gaseinkaufs die Preise stabilisieren oder gar senken wird, ist kaum vorauszusagen.
Wärmepumpen-Pläne für öffentliche Gebäude?
Die privaten Haushalte werden im nächsten Winter die Raum-Temperatur kaum noch weiter senken können. Die Industrie, vor allem die Chemie, spart viel Gas ein, doch sind auch hier in den meisten Unternehmen die Grenzen erreicht. Die Kernkraftwerke sind endgültig vom Netz genommen worden. Für die Stromversorgung bleiben die Kohlekraftwerke mit besonders hohen CO2-Emissionen und die Gaskraftwerke, die viel Gas einsetzen müssen und nicht sehr klimafreundlich sind. Wie weit Minister Habeck mit seiner Wärmepumpen-Strategie die öffentlichen Gebäude – die staatlichen Verwaltungen, Schulen, Universitäten usw. – gasfrei und klimafreundlich gestalten wird, dafür hat er bislang noch kein Gesetz präsentiert. Offenbar wartet sein Haus noch auf die Pläne seiner Berater von Agora.
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