Markus Söder ist in Schwierigkeiten, sein Bayern-Land wird von Putins Gas-Blockade stark getroffen, die Energiekrise könnte vor allem die Bürgerinnen und Bürger seines Freistaats im nächsten Winter frieren lassen. Dazu hat Österreich eigene Ansprüche angemeldet, was den Gasspeicher in Haidach betrifft, der in Österreich liegt und nicht besonders gut gefüllt ist. Flüssiggas per Schiff aus Übersee anzuliefern, ist schwer bei einem Land, das nicht am Meer liegt. Es rächt sich jetzt, dass Bayern unter Söders Vorgänger Horst Seehofer den Bau von Hochspannungsleitungen be- und verhindert hat, womit man Windkraft aus dem Norden in den Süden hätte transportieren können. Seehofer wollte verhindern, dass die schöne Landschaft zwischen Franken und der Zugspitze verschandelt wird, die Einwände von Bauern kamen hinzu. Jetzt soll eigenes Gas gewonnen werden in Deutschland, durch das umstrittene und teils verbotene Fracking, aber nicht in Bayern, sondern in Niedersachsen sieht der große bayerische Ministerpräsident die entscheidenden Erdgasfelder im Boden, die man heben müsste. Getrost nach dem St. Florians-Prinzip: Verschon mein Haus, zünd andere an.
Pech nur für Söder, dass der niedersächsische CDU-Landeschef Bernd Althusmann, in der großen Koalition in Hannover als Vizechef und Wirtschaftsminister neben dem SPD-Ministerpräsidenten Stephan Weil sitzend, sich gegen Fracking in seinem Lande ausgesprochen hat. Erlaubt ist Fracking in Deutschland nur in Sandsteinschichten, nicht jedoch in Schiefergestein. Um das Schiefergas zu heben, wird ein Gemisch aus Wasser, Sand und Chemikalien durch ein Bohrloch gepresst, um dadurch Risse in der Gesteinsschicht auszulösen und dadurch das Gas freizupressen, das dann durch das Bohrloch nach oben fließen kann. Diese Methode ist sehr umstritten, weil sie das Grundwasser gefährdet, Erdbeben auslösen kann, die möglichen Schäden durch die Chemikalien im Untergrund sind ungewiss. Die SZ zitiert in ihrem Interview die Energie-Expertin Claudia Kemfert: „Fracking ist in Deutschland aus gutem Grund verboten. Es ist riskant, teuer, birgt enorme Umweltrisiken und schädigt das Klima.“ Dagegen sieht die Bundesanstalt für Geowissenschaft und Rohstoffe die Gefahren für Trinkwasser und durch Erdbeben in Niedersachsen für beherrschbar. So die SZ.
Es war ja irgendwie zu erwarten, dass Markus Söder nach der Wahlniederlage im Bund die gewählte Ampel-Regierung in Berlin attackieren würde. Es war zu erwarten, dass er die Schuld für alles, was in Bayern schiefläuft, bei Scholz und Co suchen werde. Dabei ist seine Argumentation in der nicht nur für Bayern besonders wichtigen Energiefrage unterirdisch. Der Egomane aus Franken zeigt Richtung Norden, um den Schuldigen auszumachen, Niedersachsen, dort wird im Herbst ein neuer Landtag gewählt. Und dort will er natürlich den SPD-Ministerpräsidenten Stephan Weil in Schwierigkeiten bringen. Deshalb fordert er Fracking im Norden der Republik, nachzulesen in einem Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“.
Damit gibt er sich aber nicht zufrieden, er holt gegen die Ampel-Regierung kräftig aus, wirft dem SPD-Kanzler und den Grünen vor, den Freistaat zu benachteiligen. Das hat er vor kurzem schon mal gemacht. Er will ablenken von den eigenen Versäumnissen, von schlechten Umfragewerten, die die Führungsrolle der CSU in Bayern und damit seine Regentschaft in Zweifel ziehen. Von der absoluten Mehrheit ist die CSU meilenweit entfernt. Die Masken-Affäre setzt ihm zu, die vor allem mit dem Namen Tandler verbunden wird, der Tochter des einstigen CSU-Granden Gerold Tandler, seinerzeit Spezl von Franz-Josef Strauß. Und die Tochter Tandler muss sich gerade den Fragen eines Untersuchungsausschusses stellen. Sie und ihre Firma haben viele Millionen mit dem Masken-Deal gemacht, die Not der Menschen wegen Corona wurde zu einem Riesen-Geschäft.
Söder zitiert in dem SZ-Interview das alte Lied, das man gern in Stadien singt, wenn der ruhmreiche FC Bayern München antritt: Zieht den Bayern die Lederhosen aus. „Aber das wird- wie beim Fußball-nicht gelingen.“ Dabei ist Söder kein FC-Bayern-Fan, sein Verein ist der 1. FC Nürnberg, der in der 2.Liga kickt. Er fordert mehr Tempo in der Diskussion um den Weiterbetrieb der drei noch in Deutschland laufenden Kernkraftwerke, wobei es ihm um eine Verlängerung bis Mitte 2024 geht. Dann werde man sehen, ob weitere Kernkraftwerke nötig seien, sagt er und hält es sogar für möglich, stillgelegte Meiler wieder in Betrieb zu nehmen. Er vergisst dabei, dass die Union unter Federführung von Bundeskanzlerin Angela Merkel als Folge der Katastrophe von Fukushima den vollen Ausstieg aus der Kernenergie beschlossen hatte mit den Stimmen der CSU. Und er vergisst die massiven Einwände gegen die Kernkraft in weiten Teilen der Gesellschaft, nicht nur bei den Grünen, weil z.b. die Frage der Entsorgung des atomaren Mülls nicht geklärt ist. Es gibt immer noch kein Endlager in Deutschland. Man frage mal Markus Söder, wie er dazu steht und ob er ein Endlager in Bayern sieht oder ob der Untergrund des hochgelobten Freistaates für diese Art des Wirtschaftens zu schade ist. Der Präsident des Bundesamtes für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung, Wolfram König, hat im übrigen längere AKW-Laufzeiten abgelehnt. Eine solche Abschätzung müsste nicht nur die Sicherheit der Atomkraftwerke berücksichtigen, sondern auch die Entsorgung der radioaktiven Abfälle, so König in der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.“ In beiden Fällen wären die gesamtgesellschaftlichen Kosten für einen Weiterbetrieb erheblich und zudem würde der einst mühsam errungene gesellschaftliche Konsens grundsätzlich infrage gestellt.
Es rächt sich, dass Markus Söder Politik gern aus dem Moment heraus und populistisch betreibt, nachhaltig zu denken ist seine Art nicht. Es rächt sich, Politik im Grunde vor allem an Bildern auszurichten. Einen Baum zu umarmen ist keine Klimapolitik, es ist keine überzeugende Gesellschaftspolitik, wenn man Kruzifixe in Amtsstuben aufhängt. Nicht vergessen ist auch seine egoistische Migrationspolitik, bei der man den Flüchtlingen unterstellt, sie würden in die deutschen sozialen Sicherungssysteme einwandern.Diese Politik ist ausgerichtet auf den Stammtisch. Seine heftige Kritik an der Flüchtlingspolitik der damaligen Kanzlerin Angela Merkel ist nicht vergessen. Auch wenn er Merkel später ins bayerische Land einlud und mit ihr allein auf einem Dampfer über den Chiemsee schipperte. Das war wieder mal nur ein Bild, mehr nicht. Markus Söder muss schon mehr leisten, als nur zu fordern und mit dem Finger auf Schuldige von anderen Parteien zu zeigen. Seine unsolidarische Haltung hat der letzte Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet erfahren, dem Söder pausenlos Knüppel zwischen die Beine warf, weil er sich für den Besseren, pardon den Besten überhaupt hielt. Söder muss ein Politik-Konzept liefern für Bayern, das schlüssig ist und nachhaltig. Mit dem Zeigefinger auf den Gegner zu zeigen, weil der am ganzen Elend schuld sei, reicht nicht mal mehr in Bayern, wo die CSU seit Jahrzehnten regiert. Auch da gilt der alte Satz des einstigen Bundespräsidenten Gustav Heinemann: Wer mit dem Finger auf andere zeigt, muss wissen, dass drei Finger derselben Hand auf ihn zurückzeigen.
Ob Söder das Streiflicht in der SZ vom 28. Juli gelesen hat? Da stand zu lesen: „Keine Frage, Bayern ist schützenswert, auch weil es in Not ist. Einerseits drohen dem Freistaat alle Scheußlichkeiten, die auch anderen drohen: der Klimawandel, die Russen, das Insektensterben, Friedrich Merz. Andererseits aber geraten auch viele der bayerischen Besonderheiten in Gefahr: Die Regionalpartei CSU verliert an Bedeutung, so wie der Po an Wasser verliert“. Es muss schlimm um Bayern und die CSU gestellt sein, wenn in demselben Streiflicht einzig die Partei „Die Freien Wähler“ mit ihrem Vorsitzenden Hubert Aiwanger(der Mann mit dem Opfelsoft) für die Wahrung bayerischer Besonderheiten genannt wird: Odel und Kirchenglocken.