Ja, so heißt es im Ersten Testament! Sein Erbarmen mit seinem Jungen, seinem Kind, Abraham bezwingt es, er schaltet es ab, ja, der Isaak hat ja nichts Böses verbrochen, er tut ihm vielleicht ein bisschen leid, aber mehr ist nicht drin. Der Allmächtige, der Schöpfer Himmels und der Erden, Er verlangt es von Abraham: den Tod von Isaak, geschlachtet auf einem Altar, als Opfer soll das geliebte Kind dargeboten werden. Je mehr Liebe zum Kind, umso höher der Wert dieses Opfers. Abraham, der alte Vater, er tut seine Pflicht, er ist gehorsam, unbedingt, er will seinen Sohn, „den Knaben“, er will ihn opfern, dem Höchsten, denn GOTT braucht Beweise für seine Allmacht. Und Abraham, der zögert nicht, keine Sekunde, das kann er sich nicht leisten, wo kämen wir da hin?
Ja, wohin kämen wir, dem Befehl des Obersten Heilsbringers nicht Folge zu leisten? Direkt in eine Vorhölle? Wahrscheinlich sind wir da bereits, eben weil zu viel gehorcht wurde und wird.
Der jeweilige Monotheismus braucht strikte Folgsamkeiten.
Egal, was der GOTT, also der Jüdische, der Christliche, oder der Islamische von seinen Gläubigen verlangt – er hat – geoffenbart – das religiöse Recht dazu. Als Gründungsmythos dient allen drei Welt-Religionen die Geschichte vom tapferen Isaak, der keinesfalls irgendeine Angst erkennen lässt. Selbst wenn der Junge sich fürchtet – schließlich blitzt schon das Schlachtermesser in der Hand seines Vaters – das geht nun gar nicht, dass er da rumbibbert, sich in die Hose pinkelt vor Panik, eventuell um sein Leben fleht, oder sich auch nur irritiert zeigt, weil er ja bisher seinem Vater eher vertrauen konnte. Nein, bloß nicht weinen, nichts verzögern, und den Vater so noch zornig stimmen, wohin würde das führen?
Und dann die Wende in letzter Sekunde, der Engel des Herrn rief vom Himmel her: „Abraham, strecke deine Hand nicht aus nach dem Knaben, und tu ihm gar nichts, denn jetzt weiß ich, dass du Gott fürchtest, und du hast mir deinen Sohn, deinen einzigen, nicht vorenthalten. Deshalb werde ich dich über alle Maßen segnen, deine Nachkommenschaft äußerst zahlreich machen, und sie soll das Tor ihrer Feinde in Besitz nehmen.“ Der Deal also – zur Belohnung für die väterliche Mord-Bereitschaft dauerhaftes Kriegsglück.
Diese Zwangslage des Ausgeliefertseins von Kindesbeinen an scheint eingeschrieben in eine Art heiligen Pakt. Und auch wenn Isaak mit dem Leben davonkommt bei dieser Art Prüfung –das Kind wird durch seine latente Todesangst lebenslang traumatisiert bleiben. Wie soll der Junge begreifen, dass unerwartet – ja auch für Abraham – plötzlich ein Widder auftaucht, mit dem der allmächtige GOTT sich zufriedengibt?
Auf solch frommem Stillhalten basiert letztlich jedoch die Bereitschaft, in den „heiligen“ Krieg zu ziehen, den jeweiligen Feind zu töten, ohne Zittern und Zagen für einen gottgewollten Kampf am Sieg für eine „gerechte“ Sache beteiligt zu sein. Also ruhmreich mit von der Partie, sowohl als opferbereiter Vater sein Kind herzugeben für einen höheren Zweck „gottgefällig“ seine Pflicht zu erfüllen, als auch als quasi Leibeigener, als Sohn das grausame Spiel klaglos mitzutragen, zur Ehre Gottes, heißt der nun Jahwe oder Gott-Vater oder Allah.
Die effektivsten Krieger sind ja fanatisierte Männer, die in einem totalitär organisierten Macht-System nach dem einfachen Schema BEFEHL und GEHORSAM funktionieren, die stolz sind auf ein automatisiertes Verhalten, und die als Soldat einem „Höheren Zweck“ dienen, die sich gerne unterordnen, und dafür Lob, Preis und Ehre abbekommen. Je mehr bedingungslose Hierarchie-Anbetung, je mehr besinnungslose Pflichterfüllung, desto weniger lästige Selbstzweifel an eigener Verantwortung.
Insofern ist die Geschichte von Abraham und Isaak von so fatalem Vorbildcharakter, und aktuell wird im Nahen Osten wieder besinnungslos gemordet, zerstört, Bedrohungen ohne Ende.
All die Panik, auf allen Seiten gezielt ausgelöst, all die Verzweiflung – der brutale Irrsinn ist mit Händen zu greifen, und das im Namen GOTTES!
Will denn der Liebe GOTT auch auf friedliche Verhandlungen verzichten? Wo ist der denn geblieben? Wo? Und was könnte Sinnvolles und Gutes passieren, wenn sein Stellvertreter, der kluge und sanfte Franziskus, da jetzt zeitnah auftaucht? Da er doch inzwischen wunderbarerweise bereit ist, das „Dogma der Unfehlbarkeit“ in Zweifel zu ziehen. Mindestens ein gut sichtbares PACE auf dem weltumfassenden Regenbogen, und ein weit weit sichtbares NEIN, das wahnsinnige Angriffs-Befehle VERWEIGERT.
Die Erzählung von der „angestrebten“ Opferung Isaaks fand ich früher auch empörend und abstoßend. Seit ich in einer Predigt (einer evangelischen Pastorin) vor vielen Jahren erfahren habe, dass in dieser „Geschichte“ Überlieferungen aus älterer heidnischer Zeit stecken, kann ich das differenzierter sehen. Die Szene mag als eine Art Parabel gelesen werden: Durch göttliche Eingebung und die Vermittlung des Engels wird der Schritt vom heidnischen Menschenopfer-Kult zum Monotheismus bewältigt. – Ohne Theologin zu sein oder Judaistik studiert zu haben, ist es schwierig, sich zutreffend zu äußern. Sicherlich sollten religiöse Texte aus „alter Zeit“ am besten mit fachkundiger Anleitung gelesen werden. Es besteht sonst die Gefahr, die Bibel oberflächlich zu beurteilen oder zu ver-urteilen. (Vgl. auch H.-J. Fabry bzgl. Forschung zu Abraham und Isaak).
Ob das Motiv der „Belohnung durch militärische Erfolge“ – und der offensichtliche Wunsch danach – ebenso durch Exegese erklärt werden kann, ist mir unbekannt. Es wäre eine große Aufgabe, auch interdisziplinär daran zu forschen.
Danke, liebe Claudia für deinen Kommentar im blog. Ich finde es wichtig, dass eine Debatte entsteht über die Brutalitäten von Religionen.
Zur Zeit ist ja allerhand Grundstürzendes los! Der Kardinal Marx möchte nicht mehr scheinheilig mitspielen, die Frauen kommen voran…, die Opfer von sexueller Mißhandlung berichten im Detail, sie schämen sich weniger.
Meine Ansichten zum armen Isaak bestehen deshalb weiter, weil wir von einfachen Gläubigen keine Exegese erwarten können. Das Narrativ wurde ja dergestalt ausgedacht, damit sich die gottesfürchtigen Schäfchen unreflektiert dran orientieren. Insofern wirkt das Ganze subcortikal, und der Gehorsam funktioniert so zu sagen reibungslos.
Die Tatsache, dass sich niemand in die Not des Kindes hineinversetzt, ist entsetzlich als Basis, von wegen Nächstenliebe und hat eben so Auswirkungen der Verhärtung in jeder Hinsicht, fatl bis in unsere hoch aufgerüstete Gegenwart.
So long, Marianne