Im Sommerinterview beim ZDF hat Christian Lindner letzte Zweifel ausgeräumt, was er mit seiner ihm hörigen FDP will: Den Ausstieg aus der Koalition. Mit Auftragsgutachten aus seinem Haus und einem ihm zugeordneten Beirat, die im Gegensatz zu unabhängigen Gutachten stehen, hat er die Verfassungsmäßigkeiten in zwei Positionen des Haushaltsentwurfs bezweifeln und gleichzeitig wissen lassen, dass diese Vorschläge vom Kanzleramt gekommen seien. Dies ist eine Unverfrorenheit von einem Koalitionspartner und Fachminister, die nicht mehr zu überbieten ist. Gerade vier Wochen ist es her, dass der Bundesfinanzminister nach 80 Stunden Verhandlung in 23 Gesprächsrunden eine Einigung zum Haushalt 2025 gemeinsam mit Kanzler und Vizekanzler verkündet hat. Nun kann man vom zuständigen Fachminister eigentlich erwarten, dass er vor einer solchen Verkündigung die Verfassungsmäßigkeit im finanzpolitischen Bereich geprüft hat. Alles andere wäre grobe Fahrlässigkeit. Der jetzt von Lindner inszenierte Konflikt widerspricht allen Regeln des Umgangs in einer Koalition.
Der jeweilige Finanzminister hat im Rahmen seiner Ressortverantwortung für die Aufstellung eines korrekten Haushaltsentwurfs zu sorgen. Dem verweigert sich Lindner
Die Lücke, um die es nach Lindners Meinung jetzt geht, beträgt 5 Milliarden € .Angesichts des Gesamtumfangs des Haushalts ist das eine Marginalie. Es wäre Lindners Aufgabe gewesen, seine neu aufgekommenen Erkenntnisse hinter verschlossenen Türen den Partnern mitzuteilen und Deckungsvorschläge für die vermeintliche Lücke zu unterbreiten. Stattdessen beschuldigt Lindner seine Koalitionspartner für Versäumnisse, die in seinem Bereich liegen.
Der Fahrplan liegt nun auf dem Tisch und läuft auf einen Koalitionsbruch bis spätestens September/Oktober hinaus. Lindners Vorgehen ist durchsichtig und nicht von politischer Finesse gezeichnet, die der Oberliberale so gerne für sich in Anspruch nimmt.