Es war ein Desaster und zugleich eine bürokratische Überforderung des zuständigen Bezirksamtes Berlin Mitte, das den Antrag für eine Ausstellung über „Menschen im Fadenkreuz des rechten Terrors“ genehmigen sollte. „Feindeslisten“, von Rechtsextremisten kursieren im Netz mit mehreren tausend Namen, die am Tag X „der Befreiung vom politischen demokratischen „System“ verhaftet und dann der Prozess gemacht werden soll. Ausstellungsbeginn sollte ein knappes Jahr nach Antragsdatum, am 9. November 2021 sein.
Bis Kriegsende hatte Hitlers Terrorstaat sechs Millionen Juden ermordet, ebenso tausende Sinti und Roma. Man hätte davon ausgehen können, dass diese Mordtaten auch den Beamten in Berlin nicht unbekannt geblieben sind. Könnte da notwendiger Geschichtsunterricht helfen? Am 9. November 1918 war die Republik ausgerufen worden und das Kaiserreich beerdigt. 70 Jahre später, 1989 ebenfalls am 9. November der Fall der Mauer und in der Folge zwei Jahre später die deutsche Wiedervereinigung.
Das Datum 9. November ist mithin ein wichtiger Schicksalstag im Erinnerungscanon Deutschlands. Am 9. November 1938 hatte der Hitlerstaat in Berlin begonnen, seinen rassistischen Fanatismus auszuleben, und wir lernen erneut mit den Antragstellern der Fotoausstellung „Menschen im Fadenkreuz des rechten Terrors“ eine kommunale Verwaltung in Berlin, die offensichtlich unfähig ist, das Desaster ihrer bürokratischen Wirrnis, wie bei der Organisation der Kommunalwahl beispielhaft gezeigt, hinter sich zu lassen, und aus Fehlern zu lernen. Umso mehr, als es bei der von der Kommunalverwaltung Berlins über Monate verschleppten Genehmigung der Ausstellung zur aktuellen Lage des akuten Rechtsextremismus auch darum geht, zu verhindern, dass der Rechtsextremismus, vom Verfassungsschutz als „größte Gefahr für den freiheitlichen Rechtsstaat“ angesehen, weiter an Boden gewinnt.
Der Versuch, mit Hilfe einer Ausstellung deutlich zu machen, wie wichtig Aufklärung in der Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus ist, und wie notwendig sie ist, erleben die Antragsteller stattdessen ein „Lehrstück über eine Berliner Wanderausstellung, die Menschen zeigen soll mit Porträtfotos, die von Rechtsextremen bedroht, und auf „Feindeslisten“ gesetzt werden“. Hinter sich hatten die Antragsteller in Berlin „Monate der leeren Versprechungen und Ausreden, Falschangaben und unterschlagene Informationen“. kurz die versammelte Lustlosigkeit einer Bürokratie, die sichtbar ist, sich im Kampf gegen Rechts gemein zu machen. Kurz vor Beginn des zerknitterten Datums für den Beginn der Ausstellung waren wichtige Vorbereitungen etwa für das Bewerben in Veranstaltungskalendern, das Drucken von Postkarten. Auch das Abstimmen mit Partnern ohnedies viel zu spät.
Der neue Senat in Berlin hat da in der Verwaltung der Hauptstadt offensichtlich noch einiges aufzuarbeiten. Die Erfahrung lehrt, dafür ist es fast nie zu spät.
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