Niemand käme hierzulande auf die Idee, Kamala Harris eine „Negerin“ zu nennen. Ich meine jetzt nicht: weil das Wort aus politischer Korrektheit verpönt ist. Nein, niemand käme auf so was, weil Kamala Harris nicht aussieht, wie man sich in der BRD eine „Negerin“ vorstellt. Doch obwohl es eine bloße Umschreibung der „Negerin“ ist, die Kamala Harris nicht ist, wird die Kandidatin der US-Demokraten in der deutschen Presse eine „Schwarze“ genannt.
Was soll das?
Ja, wie soll man sie denn sonst nennen? werde ich gefragt. „Eine Frau von Farbe“?
„A woman of color“ heißt sie in der Tat heute in der New York Times. Das wird den Feministinnen der sechsten oder siebten Generation nicht gefallen, wie J.K. Rowling gerade leidvoll erfahren musste. Also „a person of color“, um nicht zu sagen „ein *Stern* von Farbe“?
Und warum jetzt das?
Weil Kamala Harris nicht nur Vorfahren aus Jamaika hat, sondern auch welche aus Asien, exakt: aus Indien, erzählen die Amis, die diese Bezeichnung vertreten.
Bevor sie nun sagen „schon wieder was gelernt“, darf ich Ihnen etwas sagen.
Die Amis, meine Damen und Herren, vertreten neben anderem eine Menge dummes Zeug, andernfalls wäre dort dieses selbstgefällige ignorante Kind T nicht zum Präsidenten gewählt worden. Man muss ihnen nicht bei allem folgen und schon gar nicht die Besessenheit nachahmen, mit der sie Leute auf Herkunft und Rasse festnageln.
Was soll auch daraus an Erkenntnis fließen? Ein Gewinn wären solche Identifikationen nur dann, wenn Herkunft und Rasse unabhängig vom Individuum etwas Belangvolles aussagten. Dafür aber gibt es nicht den mindesten Beweis.
Wem es um Menschen zu tun ist und nicht um identitären Wahn, kommt um das konkrete Individuum nicht herum.
Also: Kamala Harris spiegelt die US-Einwanderungsgesellschaft individuell wider. Sie ist gebildet und hat sich in öffentlichen Ämtern bewährt. Ich wünsche ihr Glück als einer, dessen Vorfahren aus Afrika stammen.
Wenn Sie jetzt giften: Was soll das du alter weißer Mann? – dann kann ich nur auf den unbestrittenen wissenschaftlichen Befund verweisen, dass wir alle, ja, WIR ALLE, größtenteils von afrikanischen Vorfahren in dunkler Haut abstammen. Circa 50 000 Jahre her, aber immerhin.
Das Bisschen, was Neanderthaler und Denisovaner, wahre Europäer, wahre Asiaten, damals dazutaten, war nicht unbedeutend, ist aber öffentlich nur der Rede wert, wenn ein Rassist das Maul aufreißt. Denn einige paläogenetische Funde sprechen dafür, dass Neanderthaler schon mal blond und blauäugig waren.
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