Was war das nun am Sonntagabend, mühevoll als Duell verkauft? Angela Merkel, ging bislang immer als Verliererin von der Planche und gewann dennoch anschließend drei mal die Bundestagswahl. Da könnte man glauben, dass das Duell mit den jeweiligen sozialdemokratischen Herausforderern und Kanzlerkandidaten ohne wirkliche Bedeutung für das Wahlergebnis ist. Nun hat sie aber nach Umfragen in ARD und ZDF das vierte Duell gewonnen, dennoch kaum anzunehmen, dass jetzt der Verlierer Martin Schulz nach dem Gesetz der Serie die Bundestagswahl in wenigen Wochen für sich und für die SPD entscheiden wird.
Das auch dieses Duell, eine Enttäuschung blieb, und nichts wirklich klärte, lag auch an der Schwäche des Herausforderers, die Kanzlerin in einen aufklärenden Schlagabtausch zu zwingen, der ihr deutliche Antworten auf Syrien, Islamischer Extremismus oder Nordkorea hätten abringen können. Gar nicht abgefragt, die tiefe soziale Spaltung im eigenen Land und ebenso keine Frage zum rechtsextremen Terror. Das hatte vor allem damit zu tun, dass die vier Moderatoren ein journalistisches Armutszeugnis ablieferten.
Bei den Fragen des von SAT 1 gestellten Moderators Klaus Strunz zur Situation der Flüchtlinge kam einem zudem der Verdacht, dass er gerade einen Antrag auf Mitgliedschaft in der AfD gestellt hatte. Selten wurde der vielzitierte Satz so oft widerlegt wie bei diesem Ereignis, es gebe keine „dummen Fragen, nur kluge Antworten“. Hier hätte Martin Schulz Gelegenheit gehabt, klare Kante zu zeigen. Stattdessen begab er sich auf das Niveau des Fragestellers, dessen Credo sich beim Thema Flüchtlinge auf die Vokabel „Abschiebung, aber schnell“ und ohne „wenn und aber“ reduzierte.
Kein Wort darüber, das derzeit weltweit 65 Millionen Flüchtlinge unterwegs sind. Das neben der Flucht aus Bürgerkriegsländern bereits der Klimawandel in den Trockenzonen des südlichen Teils des Planeten, Frauen und Kinder, alte und junge in Bewegung setzen, die als Hungerkarawane aus den Wüsten Afrikas sich Richtung Norden auf den Weg machen.
Ebenso kein Wort darüber, dass die Industrieländer mit ihrem unstillbaren Hunger nach raren Edelmetallen, ganze Landstriche in Afrika verwüsten. Kobalt etwa, unersetzlich in den Lithium-Ionen-Akkus der Smartphones, stammt aus Minen in Afrika, in denen auch Kinder zu Hungerlöhnen schuften. Ebenso das für den Bau von Smartphons notwendige „Seltene-Erden-Metall“ Tantal. Statt Recycling der raren Metalle, nach dem Nutzungsende der Geräte, landen ausrangierte Handys auf den Müllkippen Afrikas.
So vergiftet der Müll des digitalen Zeitalters der Industriestaaten in Afrika ganze Landstriche. Kein Einwand und Hinweis aus der Moderatorenriege, als die Kanzlerin von der Notwendigkeit der schnellen Digitalisierung des Landes sprach, damit unsere Position als Exportweltmeister keinen Schaden nimmt. Aber kein Wort zu den Folgen. Und kein Einspruch gegen die einseitige Ausbeutung des Planeten und seiner Wirkung auf die ausgelöste Völkerwanderung, die durch Abschiebung unliebsamer Flüchtlinge jedenfalls nicht zu bewältigen ist.
Die Problemferne der Debatte, ausgelöst durch die unglaubliche Provinzialität der Moderatoren, trug zu der öden Langweile des Abends bei und zeigte auf, dass es kein Wunder ist, dass Parteien und Politikern in den Untersuchungen der Sozialforscher kaum noch politische Lösungen für komplexe Sachverhalte zugetraut werden. Abzulesen auch, bei der Abneigung der sogenannten Wirtschaftseliten, so etwas wie Verantwortungsethik zu übernehmen, wie sich bei der Deutschen Bank oder den Managern der Automobilkonzerne zeigt.
Dass bei Anne Will nach der Diskussion auch noch Karl-Theodor zu Guttenberg präsentiert wurde, der den Satz beisteuerte, er habe nur darauf gewartet, dass der Herausforderer die Kanzlerin in den Arm nehmen würde, zeigt, wer nach der Wahl im politischen Berlin erneut eine Rolle spielen soll. Martin Schulz zeigte sich zudem unfähig, die Fortsetzung der großen Koalition nach der Wahl auszuschließen. Der Niedergang der SPD scheint sich also fortzusetzen.
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