Der ehemalige deutsche Verteidigungsminister Baron zu Guttenberg hat sich erneut zu Wort gemeldet. Diesmal mit Blick auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine und dessen Auswirkungen auf die Sicherheitslage in Europa. So ließ er am 24. Januar 2024 über die „BILD“ unter anderem Folgendes verlautbaren:
„Bei Putin muss man mit allem rechnen.“
Er setzte hinzu:
„Ich traue einem Putin so weit, wie man einen Klavierflügel schmeißen kann.“
Und weiter:
„Es könnte ein Szenario eintreten, dass ein Putin so von Unzulänglichkeiten zu Hause ablenken muss, dass er den nächsten Schritt Revisionismus betreiben muss. Das ist ja etwas, was er über die letzten Jahre oder Jahrzehnte hinweg auf seine Agenda geschrieben hat.“
Wir sagen zunächst einmal Danke für diese Einschätzung, vor allem für die sehr eindrückliche Warnung vor dem russischen Präsidenten und seinen Kriegsplänen.
Der Ex meldet sich zu Wort
Was aber hat es mit diesem Interview auf sich? Der amtierende Bundesverteidigungsminister scheint die Lage im Griff und die von Putin ausgehende Gefahr bereits erkannt zu haben („BILD“: „Verteidigungsminister Boris Pistorius [ 63, SPD] warnte zuletzt erneut vor einem russischen Angriff“). Der Mahnung des Barons hätte es also nicht bedurft. Was treibt den Ex-Verteidigungsminister an, sich in dieser Form zu Wort zu melden?
Vielleicht ist das „Ex“ die Erklärung. Dieses Kurzwort ist in den Medien zur Chiffre für Expertenwissen avanciert, mit der sich Fragen zur fachlichen Kompetenz des Ex zugleich erübrigen. Damit will ich nicht in Abrede stellen, dass der Ex nicht meist auch tatsächlich Expertenwissen besitzt. Ich will vielmehr den Beziehungsaspekt betonen. Wie in der Liebe so ist es auch in der Politik nicht selten mit dem Ex schwierig: Er will und sucht – eben weil er der Ex ist – immer wieder die letzte und danach die allerletzte Aussprache (in der Politik: das Interview) und findet doch kein Ende. Dabei ist er eben der Ex und damit längst Geschichte.
Vielleicht gibt es aber eine ganz andere Erklärung. Vielleicht plant zu Guttenberg – entgegen ständigen Bekundungen, nicht mehr in die Politik zurückkehren zu wollen – doch ein politisches Comeback und versucht, ebendieses über die „BILD“-Berichterstattung vorzubereiten. Vor diesem Hintergrund klingen auch folgende Berichte spannend:
„Karl-Theodor zu Guttenberg – seine Frau nahm ihm die Pillen weg“ vom 19. Oktober 2023
und
„9 Jahre nach Plagiatsaffäre – Guttenberg legt neue Doktorarbeit vor“ vom 12. August 2020.
Am Ende kann man nur spekulieren, was ihn zu diesem Experteninterview getrieben hat. Gleichwohl sagen wir einfach höflich Danke für die Einschätzung, machen weiter wie bisher und hoffen, dass sein Engagement auch in Zukunft auf Lobbyarbeit, „BILD“-Interviews und den Podcast mit Gregor Gysi beschränkt bleibt.