Was ich übrigens mit Erstaunen in der letzten Zeit registriere, ist, wie Kinder „aus bildungsfernen Schichten“, wahlweise „sozial schwachen“ jetzt auf einmal als Argument für Schulöffnungen herhalten müssen. Sonst werden die nicht wirklich wahrgenommen. Wobei der Begriff sozial schwach ja eigentlich eher auf die zutrifft, die Kindern Bildungsnähe direkt oder indirekt verweigern.
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Das Erstaunen Axel Hegmanns kann ich gut nachvollziehen. Den Verdacht habe ich, dass manche digitalisierungsfern meinen aber bildungsfern sagen. Welche Bildung meint „man“ denn da? Die Fähigkeit, sich im unendlichen Google- Kosmos gescheit bewegen zu können (was ich nicht gering schätze) oder die Fähigkeit, Entstehung, Zusammensetzung, Funktion und Bedeutung von etwas zu verstehen. Beim Bildungsthema wird eben unterstellt, dass jene, die kritische Fragen im Kopf haben, antiquiert dächten, weil sie die Wissensvermittlung „am Apparat“ für wenig überzeugend halten. Als Lesepate an einer Gesamtschule habe ich eine für „Apparat-Fans“ Staunen-anregende Erfahrung gemacht: Da sitzt der Junge aus einer im klassischen Sinn bildungsfernen Familie, liest tastend und dann mit zunehmender Sicherheit durch aneignen Clyde R. Bullas „Weisser Rabe“ oder Hakan Jaenssons „Jonny´s Reise“. Er beginnt in dieser Welt zu leben, für eine dreiviertel Stunde, durch lesen also Arbeit, durch Ermunterung, Erfolg, auch Korrektur. Nichts kann diese „Reise“ ersetzen. Bildungsfern? Zum Lachen! Das Wunder „Bildung“ entsteht immer wieder neu. Nicht wegen der Digitalisierung, sondern her trotz!