Noch steckt der Schock der Wahlergebnisse den Matadoren von CDU und CSU tief in den Knochen: Rund 26 % für die CDU und nur noch gut 6 % für die CSU bieten nicht gerade Chancen für große Sprünge. Angela Merkel hat zwar versucht, am Wahlabend die Pleite wegzulächeln, und spontan nichts erkennen wollen, was ihre Partei falsch gemacht hätte. Zugleich hat sie mit breiter Brust die Union als politisch stärkste Kraft präsentiert und ihren Führungsanspruch zur Geltung gebracht.
Löwen aus Bayern bändigen
Allerdings muss die Union nun eine Mehrheitskoalition zustande bringen. Vieles spricht dafür, dass sie in der neuen Legislaturperiode mit der FDP und den Grünen regieren will. Der Weg dahin wird außerordentlich schwierig sein. Zunächst muss die CDU die Löwen aus Bayern bändigen, um zu gemeinsamen Unionsvereinbarungen zu gelangen, und dann mit den beiden anderen Partnern über Details einer Koalition zu verhandeln. Die CSU-Granden schicken derweil Horst Seehofer zu einer Aufklärungsaktion nach Berlin und fordern von ihm schier Unmögliches. Er soll etwa die von der CSU seit langem geforderte Obergrenze für Migranten, die nach Deutschland hereingelassen werden, festzurren.
Asyl-Artikel im Grundgesetz
Politik beginnt jedoch stets mit dem Betrachten der Realitäten. Ein Blick in das Grundgesetz genügt, um zu begreifen, dass der Asyl-Artikel dort festgeschrieben ist und nur mit einer Zweidrittel-Mehrheit im Bundestag zu ändern wäre. CDU und CSU verfügen indessen nur noch über ein Drittel der Parlamentarier. Die Beherrschung von Mathematik hätte also genügen müssen, um zu erkennen, dass alle Bruchrechnung keine Mehrheit bescheren kann. Denn das zweite Drittel werden auch Angela Merkel und schon gar nicht Horst Seehofer herbeizaubern können. Eher würde wohl die Quadratur des Kreises gelingen.
Klare Regeln für geordnete Zuwanderung
Da ist es wahrlich überraschend, dass Christian Lindner, der souveräne Sieger vor den Sondierungs- und Koalitionsgesprächen, vermittelnd einzugreifen versucht. Er signalisiert in diesen Tagen Verständnis für die Forderung von Horst Seehofer, die Zahl der zu uns kommenden Flüchtlinge zu reduzieren: Auch wenn die Obergrenze mit dem Grundgesetz nicht vereinbar sei; müsse es Kontrolle und Ordnung geben. Lindner fordert bereits seit langem klare Regeln für eine geordnete Zuwanderung, zugleich auch für Abschiebungen. Der FDP-Chef will zudem die Magreb-Staaten wie etwa Tunesien als sichere Herkunftsstaaten einordnen und eine zeitliche Begrenzung der Aufnahme von Bürgerkriegsflüchtlingen sowie eine Neuordnung des Familienzuzuges erreichen. Der Führer der Liberalen versucht damit den Weg in Richtung Jamaika frei zu machen. Ob die CSU damit zufrieden sein wird, ob die Grünen da mitziehen werden, das muss ausgelotet werden. Lindner profiliert sich jedoch als Helfer für Angela Merkel in der Not.
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