Es dürfte sich mittlerweile herumgesprochen haben, dass ChatGPT elegant formulieren kann, aber inhaltlich mit großer Vorsicht zu genießen ist. Vermehrt wird sogar von
Halluzinationen gesprochen, die in Chats mit dem Bot zu beobachten waren und sind. Was liegt also näher, als dass ein neugieriger Mensch wie ich einen Selbstversuch unternimmt. Ich bin mir des Risikos bewusst, das ich damit eingehe, aber hier gilt das oberste Gebot aller Selbstversuche am Menschen: Ich mache es freiwillig. Und ich gehe kontrolliert und verantwortungsvoll vor. Das Ergebnis, soviel vorweg, ist gleichzeitig erschreckend und amüsant, aber zunächst zur Versuchsanordnung:
Mir ist bekannt, dass die Antworten von ChatGPT aus Quellen generiert werden, mit denen die Maschine ursprünglich gespeist wurde (Stand 2021) und nicht aus aktuellen Texten und Informationen. Ob beispielsweise (ältere) Wikipedia-Artikel dazu gehören, ist zu vermuten, aber im Einzelfall nicht unbedingt vorauszusetzen. Da es seit langem einen Wikipedia-Eintrag über mich selbst gibt, ist das ein Punkt, den ich überprüfen möchte. Und da sich mein Wikipedia-Eintrag auf Quellen aus der Presse und dem Netz bezieht, gibt es vielleicht noch andere Belege und Referenzen zu meiner Person. Leider ist es so, dass ChatGPT seine Quellen nicht nennt, aber vielleicht bringt der Selbstversuch ja hierzu erhellende Erkenntnisse.
In meinem Eintrag bei Wikipedia gibt es einen besonderen Abschnitt, der mit meinem Ausstieg aus dem Beruf im Jahr 2016 zu tun hat und der in den Medien zwischen 2014 und 2016 öffentlich als „Kontroverse“ wahrgenommen und behandelt wurde. Die Ausgangsfrage ist deshalb schnell definiert: Weiß ChatGPT etwas darüber?
Warum musste Jürgen Brautmeier als Direktor der Landesanstalt für Medien aus seinem Amt ausscheiden?
Jürgen Brautmeier musste als Direktor der Landesanstalt für Medien (LfM) in Nordrhein-Westfalen im Januar 2021 aus seinem Amt ausscheiden. Der Grund dafür war, dass er in die Kritik geraten war, weil er als Leiter der Medienaufsichtsbehörde eine umstrittene Entscheidung getroffen hatte. Im Dezember 2020 hatte die LfM beschlossen, den umstrittenen Privatsender „Kanal 21“ aus Bielefeld eine weitere Sendelizenz zu erteilen. Dies hatte zu Kritik geführt, da der Sender in der Vergangenheit mehrfach wegen antisemitischer Äußerungen und rechter Propaganda in die Schlagzeilen geraten war. Es wurde auch kritisiert, dass Brautmeier persönlich Kontakt zu dem Betreiber des Senders hatte und dieser Kontakt in der Entscheidung zur Erteilung der Lizenz möglicherweise eine Rolle gespielt hatte. Infolge dieser Kritik trat Jürgen Brautmeier als Direktor der LfM zurück. Sein Nachfolger ist seit dem 1. Februar 2021 Tobias Schmid.
Diese Antwort ist von vorne bis hinten falsch, lediglich der Name meines Nachfolgers ist korrekt. Es war kein Rücktritt, sondern ich konnte aufgrund einer Gesetzesänderung nicht für eine zweite Amtszeit gewählt werden. Das Gesetz schrieb nach einer Novellierung im Jahr 2014 vor, dass der Direktor der LfM ein Jurist sein muss. Der erste Direktor war übrigens ein Politologe, der zweite ein Theologe, und ich: ein Historiker! Und der Nachfolger (und Jurist) Tobias Schmid ist seit dem 1. Januar 2017 im Amt. Weiß der Himmel, wieso eine Lizenzverlängerung für einen Offenen Kanal in Bielefeld im Jahr 2020 in diesen merkwürdigen und angedeuteten, ehrabschneidenden Zusammenhang gestellt wird. Meine erste Nachfrage bezieht sich aber auf den offensichtlichsten Fehler, die falsche Zeit:
Ist er nicht schon 2016 ausgeschieden?
Sie haben Recht, Jürgen Brautmeier ist bereits im Jahr 2016 als Direktor der Landesanstalt für Medien in Nordrhein-Westfalen ausgeschieden. Ich bitte um Entschuldigung für die Verwirrung, die ich verursacht habe. Brautmeiers Rücktritt im Jahr 2016 erfolgte auf eigenen Wunsch und hatte keine direkte Verbindung zu den oben genannten Ereignissen im Zusammenhang mit dem umstrittenen Privatsender „Kanal 21“. Nach seinem Rücktritt arbeitete er als Berater für Medienrecht und Medienpolitik.
Immerhin erfolgt ein Eingeständnis und eine Entschuldigung für die „Verwirrung“. Aber nach wie vor wird ein Rücktritt unterstellt, und das auch noch auf eigenen Wunsch! Eine weitere Falschinformation kommt hinzu: Als Berater für Medienrecht und -politik gearbeitet zu haben, kann man mir bei bestem Willen nicht unterstellen. Was hätte ich stattdessen tun können, um meine gewonnene Freiheit zu nutzen, immerhin bin ich gut drei Jahre vor dem Eintritt in das gesetzliche Rentenalter aus dem Beruf ausgeschieden:
Hat er danach weitere Ämter oder Aufgaben übernommen?
Ich konnte keine Informationen darüber finden, dass Jürgen Brautmeier nach seinem Rücktritt als Direktor der Landesanstalt für Medien in Nordrhein- Westfalen im Jahr 2016 weitere Ämter oder Aufgaben übernommen hätte.
Es scheint, dass er sich seitdem auf seine Arbeit als Berater für Medienrecht und Medienpolitik konzentriert hat. In dieser Funktion berät er Unternehmen, Organisationen und öffentliche Institutionen in Fragen des Medienrechts und der Medienpolitik und veröffentlicht regelmäßig Fachartikel zu diesen Themen.
Die angebliche Beratertätigkeit wird also weiter ausgesponnen, immer mit dem Schwerpunkt Medienrecht und -politik, wozu ich garantiert keine Fachartikel veröffentlicht habe. Sehr wohl habe ich nach meinem Amtsende historische Aufsätze publiziert, und öffentlich bekannt und belegt sind auch meine Aktivitäten als Honorarprofessor in Düsseldorf, Hochschulrat in Paderborn, Medienrat in der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens und CDU-Vorsitzender in Neuss. Deshalb die Nachfrage:
Ist er auch im Hochschulbereich aktiv?
Ja, Jürgen Brautmeier ist auch im Hochschulbereich aktiv. Er ist Honorarprofessor an der Universität Düsseldorf und lehrt dort im Fachbereich Medien- und Kommunikationsrecht. Seit 2019 ist er außerdem Mitglied des Aufsichtsrats des Instituts für Rundfunktechnik (IRT) in München. Das IRT ist ein international anerkanntes Forschungs- und Entwicklungsinstitut der Rundfunkanstalten in Deutschland, Österreich und der Schweiz, das sich mit der Entwicklung und Umsetzung neuer Technologien im Rundfunkbereich befasst. Darüber hinaus ist Jürgen Brautmeier Mitglied in verschiedenen Fachverbänden und Gremien, die sich mit Fragen des Medienrechts und der Medienpolitik befassen.
Das IRT, das nebenbei bemerkt zum Jahresende 2020 auf Beschluss seiner öffentlich-rechtlichen Gesellschafter abgewickelt wurde, kenne ich zwar aus meiner früheren beruflichen Tätigkeit, aber ein Aufsichtsrat war ich dort nie, erst recht nicht seit 2019. Dass ich von Hause aus Jurist sei, bleibt falsch, weshalb ich auch keine Mitgliedschaften in entsprechenden Fachverbänden und Gremien vorzuweisen habe. Die Lehraufträge als Honorarprofessor habe ich in den Fächern Medien- und Kommunikationswissenschaft sowie in Geschichte, denn ich habe Geschichte studiert, bin Mitglied verschiedener historischer Vereine in Nordrhein-Westfalen und habe wiederholt öffentliche Vorträge zur Landesgeschichte gehalten. Deshalb ist jetzt die Frage nach diesem historischen Hintergrund zu stellen:
Ist er nicht auch Historiker?
Nach meinem Wissen ist Jürgen Brautmeier kein ausgebildeter Historiker. Er hat jedoch in seinen Publikationen, Vorträgen und Interviews häufig historische Bezüge und Hintergründe herangezogen, um aktuelle Entwicklungen im Bereich der Medienpolitik und des Medienrechts besser einordnen und verstehen zu können. Beispielsweise hat er in einem Buch mit dem Titel „Vom Rundfunkstaatsvertrag zum Medienstaatsvertrag“ die historische Entwicklung des deutschen Rundfunkrechts seit den 1940er Jahren dargestellt. In einem Interview mit der Fachzeitschrift „epd medien“ im Jahr 2018 hat er auch die historische Bedeutung des Grundrechts auf Meinungsfreiheit für die Entstehung des modernen Medienrechts in Deutschland betont. Es ist jedoch wichtig zu betonen, dass Jürgen Brautmeier in erster Linie ein ausgewiesener Experte im Bereich des Medienrechts und der Medienpolitik ist und nicht als Historiker ausgebildet wurde.
Historische Bezüge und Hintergründe hatten meine Publikationen und öffentlichen Äußerungen in der Tat oft, aber das zitierte Buch gibt es mit diesem Titel und Autor nicht. Ebenso wie das angebliche Interview mit epd medien verdanken sich diese Angaben offensichtlich einer blühenden Phantasie. Die Behauptung, nicht als Historiker ausgebildet worden zu sein, trifft mich und meine akademischen Lehrer tief. Immerhin habe ich damit Jahre an den Universitäten in Düsseldorf und Cambridge verbracht. Deshalb die Nachfrage:
Er hat aber in Geschichte promoviert, oder?
Sie haben recht, Jürgen Brautmeier hat in Geschichte promoviert. Ich bitte um Entschuldigung für die vorherige Fehlinformation. Nach seinem Studium der Rechtswissenschaften und Geschichte promovierte er 1989 an der Universität Münster im Fach Geschichte. In seiner Dissertation beschäftigte er sich mit der Geschichte der Nationalökonomie in Deutschland und Frankreich im 19. Jahrhundert. Es ist also korrekt, dass Jürgen Brautmeier neben seiner Expertise im Medienrecht und der Medienpolitik auch über eine akademische Ausbildung im Bereich der Geschichtswissenschaften verfügt.
Es bleibt beim angeblichen Studium der Rechtswissenschaften. Immerhin wird jetzt eine Ausbildung im Bereich der Geschichtswissenschaften anerkannt und eine Dissertation in Geschichte erwähnt, aber wie: in Münster statt in Düsseldorf, 1989 statt 1983, über Nationalökonomie in Deutschland und in Frankreich im 19. Jahrhundert statt über Forschungspolitik in Nordrhein-Westfalen nach dem Zweiten Weltkrieg. Jetzt kommt der Selbstversuch langsam in eine kritische Phase:
Das sind Antworten, die in so ziemlich allen Punkten falsch sind. Halluzinationen!
Es tut mir leid, wenn meine vorherigen Antworten nicht korrekt oder unvollständig waren. Ich versuche, meine Antworten so genau wie möglich zu formulieren und auf genaue Quellen zu achten. Um Ihre Frage zu beantworten: Ja, Jürgen Brautmeier hat in Geschichte promoviert und seine Dissertation mit dem Titel „Die nationale Schule der deutschen Volkswirte im Vergleich zur französischen Ökonomie des 19. Jahrhunderts“ im Jahr 1989 an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster eingereicht. Nach seinem Studium hat er sich jedoch hauptsächlich auf das Gebiet des Medienrechts und der Medienpolitik spezialisiert und ist in diesem Bereich als Berater, Professor und Autor tätig. Es tut mir leid, falls meine vorherigen Antworten zu Verwirrung geführt haben.
Eine erneute Entschuldigung und die Rechtfertigung mit – leider nicht genannten – genauen Quellen, aber es bleibt bei Münster 1989, wobei jetzt der genaue Titel der Dissertation genannt wird – die es nicht gegeben hat. Wenn ich in Münster promoviert hätte, wäre es wahrscheinlich eine Arbeit zur Bedeutung des Pumpernickels für den Westfälischen Frieden geworden (Scherz!). Der Selbstversuch ist weit genug gegangen, deshalb reicht es jetzt und immer schön höflich bleiben:
Tut mir ebenfalls leid, dass ich überhaupt gefragt habe. Es war aber sehr aufschlussreich! Vielen Dank!
Kein Problem, ich stehe Ihnen gerne zur Verfügung, um Ihre Fragen so genau wie möglich zu beantworten. Wenn Sie weitere Fragen haben oder weitere Informationen benötigen, stehe ich Ihnen jederzeit zur Verfügung. Vielen Dank für Ihre Rückmeldung und ich wünsche Ihnen einen schönen Tag.
Am Ende des Versuchs ist für mich klar, dass ChatGPT zwar Potential hat und der Rummel um dieses neue Instrument verständlich ist, aber ich hätte nicht erwartet, dass so viele Falschinformationen in einem solch kurzen Dialog auftauchen. Das mag daran liegen, dass über meine Person nicht viel in der Datenbank vorhanden ist, mit der ChatGPT gefüttert wurde. Aber das sollte dann auch gesagt werden. Stattdessen kommt es zu phantasiereichen Behauptungen, die in der Tat mit Halluzinationen vergleichbar sind. Da es sich um künstliche Intelligenz und ein selbstlernendes System handelt, habe ich einen Tag später die gleiche Eingangsfrage erneut gestellt:
Warum musste Jürgen Brautmeier als Direktor der Landesanstalt für Medien aus seinem Amt ausscheiden?
Ich habe keine spezifischen Informationen über den Rücktritt oder das Ausscheiden von Jürgen Brautmeier als Direktor der Landesanstalt für Medien. Es tut mir leid, aber meine Kenntnisse enden im Jahr 2021, und ich kann keine aktuellen Ereignisse oder Entwicklungen berücksichtigen, die nach diesem Zeitpunkt stattgefunden haben könnten.
Allerdings kann ich sagen, dass die Gründe für den Rücktritt oder das Ausscheiden von Jürgen Brautmeier aus seinem Amt als Direktor der Landesanstalt für Medien von verschiedenen Faktoren abhängen könnten, wie beispielsweise persönlichen Gründen, politischen Meinungsverschiedenheiten oder organisatorischen Veränderungen. Es ist wichtig zu betonen, dass ich ohne weitere Informationen keine genauen Aussagen darüber machen kann, warum Jürgen Brautmeier aus seinem Amt ausscheiden musste. Das liest sich schon anders und ehrlicher. Die „Verwirrungen“ im Dialog des Vortages haben offensichtlich dazu geführt, weniger zu fabulieren. Und ein Körnchen Wahrheit ist auch zu entdecken: Politische Meinungsverschiedenheiten und organisatorische Veränderungen haben in der Tat eine Rolle in der „Kontroverse“ gespielt. Aber unter dem Strich ist ChatGPT noch weit davon entfernt, eine verlässliche und im Wesentlichen korrekte Informationsquelle zu sein. Das mag sich alles sehr schnell ändern, wenn die Lernphase derartiger Tools vorbei und die Verknüpfung mit dem Internet und beispielsweise aktuellen Wikipedia-Einträgen möglich ist, wie es Microsoft mit seiner Suchmaschine Bing bereits erprobt. Man kann jedoch nur hoffen, dass bis dahin auch entsprechende Kontroll- und Korrekturmechanismen vorhanden sind, um blühende Phantasie und Halluzinationen, wie hier nachgezeichnet, zu verhindern.