Ein führender Christdemokrat, ein Einziger, der Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, Daniel Günther(CDU), nannte das Zusammenwirken von CDU, FDP und der AfD in Thüringen bei einem Gesetz zur Senkung der Grunderwerbssteuer einen „Fehler“, andere aus der Union stärkten ihren Parteikollegen in Erfurt dagegen den Rücken. Gerade so, als wäre nichts dabei, mit Hilfe eines Björn Höcke, den man laut Gerichtsbeschluss einen Faschisten nennen darf, eine Mehrheit in einem Landesparlament zu erreichen, zumal wenn es gegen Rot-Rot-Grün geht. Als wäre nichts dabei, mit einer AfD zu stimmen, die vom Verfassungsschutz als „erwiesen extremistisches Beobachtungsobjekt“ eingestuft wird. Friedrich Merz sollte uns künftig das Gerede von der Brandmauer zur AfD ersparen. Es ist Gerede, nicht mehr. Ähnlich kann man die Reaktion von Jens Spahn einstufen. Oder wollen sie uns weismachen, dass es bei dieser Abstimmung wirklich nur um eine Steuersenkung gegangen sei? Darüber kann ich nur müde lachen. Wo ist der Grundkonsens, den Daniel Günther in seiner Kritik an seiner eigenen Partei beschwor, dass ein wie „auch immer geartetes Zusammenwirken mit der AfD ausgeschlossen ist“. Und weiter betonte der CDU-Regierungschef aus dem Norden: „Wir Demokraten haben eine gemeinsame Verantwortung, der AfD entgegenzutreten“. Natürlich ist auch die Regierung von Bodo Ramelow zu kritisieren, die es versäumt hat, „eine Mehrheit der demokratischen Mitte mit der CDU zu organisieren“, wie Günther erläuterte. Aber dieses Versäumnis darf doch nicht dazu führen, mit einer zunehmend radikaler werdenden Partei wie der AfD eine Mehrheit im Landesparlament durchzuboxen. „Der Feind steht rechts“. An diesen Satz von Josef Wirth(Reichskanzler 1921/1922, Mitglied der Zentrumspartei) erinnerte vor Jahr und Tag mal der frühere CDU-Chef, Armin Laschet. Wirth hatte diesen Satz nach der Ermordung von Reichsaußenminister Walther Rathenau gesagt und nach rechts gezeigt, wo er die Mörder des Ministers vermutete. Schon vergessen, Herr Merz oder Herr Spahn? Wo ist die Gemeinsamkeit der Demokraten? Daran ist Weimar gescheitert. Auch der FDP-Justizminister Buschmann hätte sich besser eines Kommentars enthalten. Es ging doch in Wahrheit gar nicht um diese lächerliche Steuersenkung. Der Fall Thomas Kemmerich Das Signal der CDU und der FDP ist fatal. Man denke nur an die Umfragen, die der AfD ein Rekordergebnis für Thüringen bei der nächsten Landtagswahl prognostizieren. Da passt es gut ins Bild, dass die von der CDU-Führung behauptete Brandmauer doch längst bröckelt. Höcke kann sich doch auf das nächste Jahr freuen. Selbst wenn er nicht Ministerpräsident werden sollte, die anderen Parteien werden es schon richten. Es ist nicht vergessen, wie vor wenigen Jahren die kleinste Partei im Parlament in Erfurt, die FDP, mit Thomas Kemmerich plötzlich den Ministerpräsidenten stellte. Kemmerich war mit den Stimmen der AfD gewählt worden. Die ersten Reaktionen aus der FDP, von Lindner und Kubicki, waren pure Freude. Erst als Bundeskanzlerin Angela Merkel und viele andere heftig protestierten, wurde das Votum rückgängig gemacht. Begreift hier keiner, wie die AfD durch so eine Abstimmung normalisiert wird? Motto: Hat gar nicht wehgetan. Geht doch. Die sind doch gar nicht so schlimm. Oder? Ein bisschen braun, na ja, wir kreisen sie ein, dann können sie eh nichts machen. Das hatten wir schon mal vor 90 Jahren. Und ich dachte wirklich, das werde es nie wieder geben. Aber vielmehr muss ich zugeben, wie ich mich täusche. Es muss heißen: Schon wieder. So ähnlich hatte es kürzlich SZ-Kolumnist Heribert Prantl formuliert. Und sage mir bitte niemand aus der CDU und der FDP, das sei Zufall, Ausnahme. Zufälle gibt es nicht in der Politik, dies war wohl kalkuliert. Die CDU macht ein Gesetz mit den Rechtsextremisten. Guten Abend, Deutschland, kann ich da nur sagen. Man nimmt es bewusst in Kauf, sehenden Auges steuert man eine neue Mehrheit an, macht die Rechtsextremisten salonfähig, ich kann es auch gesellschaftsfähig nennen. Erbärmlich ist das, angesichts der deutschen Geschichte. Macht nichts, wenn wir dann wieder lesen und hören, dass deutsche Bürger jüdischen Glaubens auf gepackten Koffern sitzen, weil sie Angst haben vor diesem Deutschland. Merkt denn keiner im Adenauer-Haus, wie die AfD nach der Macht greift, erst im Osten, Thüringen, Brandenburg, Sachsen und so weiter. Und in ganz Deutschland rangiert die AfD auf Platz 2, mit über 20 Prozent, legt man alle Umfragen zu Grunde. Vor der SPD, den Grünen. Die Wählerinnen und Wähler sind sauer auf Scholz oder Merz oder Lindner oder Habeck, dann geben sie eben den Rechten, den Neonazis, Fremdenfeinden, den Europa-Gegnern die Stimme. So einfach ist das. Und dann sagen sie noch: Nein, wir sind keine Nazis. Wir wählen sie nur. Und sie können darauf verweisen, wie die CDU und die FDP mit der AfD in Thüringen ins Bett geht. Klare Kante gefordert Es geht hier nicht um Steuersenkung, es geht um Haltung, um Werte, um unsere Demokratie, Menschlichkeit. Um Verantwortung für diesen Staat, den die AfD kaputt machen will, wie sie die EU zerstören will. Aufwachen, Leute. Sonst erleben wir eine Zeitenwende, die sich gewaschen hat. Der Tabu-Bruch von Thüringen ist keine Kleinigkeit. Mit Verfassungsfeinden macht man keine Gesetze. Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius(SPD) hat gerade bei der Bertelsmann-Stiftung in Berlin erklärt, man habe es mit „einem Angriff auf die innere Verfasstheit der Demokratie und ihrer liberalen Ordnung“ zu tun. Dagegen brauche es „Stärke, Widerstandsfähigkeit, Wehrhaftigkeit sowie Klarheit und Haltung“. Genauso ist es. Wir dürfen den Verfassungsfeinden nicht unser Land überlassen. Es geht um Demokratie und Freiheit. Dafür einzutreten müssten die Pflicht aller demokratischen Parteien sein. Hier und jetzt. Das ist politische Führung, das ist die Pflicht von CDU, SPD, FDP, den Grünen und den Linken. Es braucht Klarheit und Härte gegen die Feinde unserer Verfassung. Und das müssen die Menschen draußen wissen. Mit Neonazis macht man keine gemeinsame Sache. Der Rechtsradikalismus erledigt sich nicht dadurch, dass man ihren Vertretern die Hand reicht. Vielmehr ist klare Kante gefordert.
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