Wir hatten eine solche Situation ja schon einmal.
Vor genau 23 Jahren war die Union am Boden, Kohl war im Herbst 1998 nach 16 langen Jahren abgewählt worden, und zwar krachend.
Im Unterschied zu heute aber war er der Schuldige daran, weil er immer weiter wollte und seinen Kronprinzen Schäuble, eigentlich sein erkorener Nachfolger, richtig mies über den Tisch gezogen hatte.
Damals, 1998, hätte es keines Gerhard Schröders und Oskar Lafontaines bedurft, den Wunsch nach Ablösung der übergroßen Mehrheit und den Wechsel zu vollziehen.
Das hätte auch ein weniger bekanntes Duo von SPD- Hinterbänklern aus Ennepetal und Friesoythe erreicht.
Ein Jahr später, im Herbst 1999, lag die Union wegen hausgemachter Fehler der rotgrünen Koalition (Schröder mit Brioni und Cohiba, Lafontaines Abtauchen) in Umfragen schon wieder knapp vor der absoluten Mehrheit, und Kohl triumphierte breit bräsig auf seinem Abgeordnetensitz (wie er da rein passte, ist mir bis heute ein Rätsel) und hoffte tatsächlich, man würde ihn wieder rufen.
Dann kam der Knall zur Jahrtausendwende, der Spendenskandal der Union, die Union rutschte auf 25% , dann das rigorose Eingreifen der Generalsekretärin Merkel, die nacheinander Kohl und den Nachfolger im Vorsitz, Schäuble, eiskalt abservierte und sich selbst in Position brachte.
2002 wiederholte sie Kohls Meisterstück von 1980, der damals den aussichtslosen Strauß gegen Schmidt ins offene Messer hatte laufen lassen, indem sie Edmund Stoiber beim Frühstück in Wolfratshausen („Du pellst die Eier am schönsten, Eddie!“) den Vortritt bei der Kandidatur für den Herbst 2002 ließ.
Da war es etwas knapper, Stoiber hatte sogar schon „ein Glas Sekt auf den Sieg geöffnet“, aber dann blieben Schröder und Fischer weiter.
Also ging Angela daran, für spätere Zeiten ihre Konkurrenten auszubooten, als da waren: Merz, Koch, Wulff, Öttinger.
Und es gelang, und sie gewann 2005 gegen Schröder nach einem Foto- Finish die Wahl.
In diesen 16 Jahren seitdem schaffte sie die Wehrpflicht ab, die Atomenergie ebenso, schaffte Anerkennung für gleichgeschlechtliche Ehen, zeigte sich durch Grenzöffnung 2015 christlicher als das C in der CDU.
Als sie 2019 verkündete, nicht mehr kandidieren zu wollen, trat der gegenteilige Effekt ein, als hätte das Kohl 1997 angekündigt:
Die Mehrheit der Deutschen hätte eine erneute Kandidatur begrüßt, und ich wage einmal die Prognose:
Trotz des Afghanistan- Desasters zum Ende der Amtszeit wäre sie über 30% gelandet.
Aber, wer will ihr zum Vorwurf machen, nicht zu ihrem Wort gestanden zu haben?
Und warum war die CDU, die sich momentan wie ein aufgescheuchter Termitenhaufen präsentiert, nicht in der Lage, innerhalb von zweieinhalb Jahren für einen wirklichen Neuanfang zu sorgen?
Ist da niemand, der ihnen sagt, daß eine heitere Frohnatur aus dem Rheinland, der Argumente durch herzhaftes Lachen zu ersetzen versucht oder ein (pardon!) Zombie aus dem tiefsten Sauerland nicht das ist, was in Zeiten eines rasanten Wandels gewünscht ist?
Im Gegensatz zu den Nachwuchskräften anderer Parteien kann das aber auch die Junge Union nicht, weil es jeden schüttelt, der diese Ansammlung von in der Jugend schon Vergreisten mit Schaudern erlebt.
Ich vermute, daß ich in meinen restlichen Jahren (ich bin 69) wohl keine Unions- geführte Regierung mehr erleben werde.
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