Was Bayern München im Spiel gegen Atlético Madrid mit dem 4:0-Sieg zeigte, das war ein weiterer Qualitätsbeweis. Das Bayern-Team bot insbesondere den Borussen aus Dortmund mehr als eine Lehrstunde für modernen Fußball. Der BVB-Trainer Lucien Favre sollte die Video-Aufzeichnung des Bayern-Spiels seinem Team nicht nur einmal vorführen, sondern mehrfach und zudem in einzelnen Sequenzen. Denn so laufen und kämpfen Männer auf dem Rasen, die im europäischen Wettbewerb wieder Champions werden wollen.
Schlappe in Rom
Borussia Dortmund hat in dem Match gegen Lazio Rom deutlich gemacht, dass die Mannschaft von Trainer Favre einfach kein Champion-Format hat. Die 1:3-Niederlage fiel noch glimpflich aus, war jedoch keineswegs ein unglücklicher Zufall. Bereits zu Beginn dieser Bundesliga-Saison verlor die BVB-Elf gegen den Underdog FC Augsburg sang- und klanglos. Der Ball wurde von den Spielern auf dem Feld lustlos getreten und stümperhaft gespielt. Pässe über drei bis vier Metern kamen nicht an. Uneinigkeit war Trumpf. Flanken in die Spitze wurden schmerzlich vermisst. Marco Reus und Erling Haaland liefen sich einen Wolf und warteten vergeblich auf einen zielgenauen Pass.
Meister der Rück- und Querpässe
In der Abwehr herrschte erneut totale Unsicherheit, aber eben auch Unfähigkeit. Bereits in Schülermannschaften gibt es vom Trainer die strikte Anweisung, dass Querpässe im eigenen Strafraum Todsünden mit zumeist bösen Folgen sind. Bis zu den Borussen-Profis ist diese Erkenntnis offenbar noch nicht vorgedrungen, obwohl in ihrer Defensive sich Fehler über Fehler häufen. Selbst Hummels ist da zumeist überfordert, die ungenauen Zuspiele noch einigermaßen zu verwerten. Wer soviel quer spielt, hat zwar viel Ballbesitz, jedoch überwiegend in der eigenen Hälfte.
Die größten Defizite des BVB sind zum einen, dass die Mannschaft gegen defensive Teams nur selten mit schnellem Spiel über die Flügel überrascht. Dabei gibt es doch gute Außen, die indessen sich nicht verdribbeln, sondern rechtzeitig den schusskräftigen Haaland mit Zuckerpässen bedienen sollten. Zum anderen wird dieser schnelle Norweger viel zu selten in die Vertikale geschickt, um dann seinem Torinstinkt zu folgen und einzunetzen.
Große Lauf- und Kampfdefizite
Es fehlt viel im BVB-Team. Man vermisst vor allem die Lauf- und Kampfbereitschaft nahezu aller Spieler. Kaum ein Match wird mit Leidenschaft temperamentvoll bestritten. Der Gesichtsausdruck von Watzke und Sammer, der beim Schwenk der Kameras auf die Tribüne zu sehen ist, färbt offenbar auf das BVB-Team ab. Und wenn der Trainer mehr als zwei Schritte in der Coaching-Zone macht oder dann mit Links etwas auf einen Zettel schreibt, ist das alles viel zu wenig, um Impulse bei den Spielern auszulösen. Ruhe ist zwar die erste Bürgerpflicht, doch auf dem Rasen sollten Unruhe und Überraschung dominieren. Mit zig Rück- und Querpässen sind die Gegner nicht zu besiegen. Die Erkenntnisse, die von Reus & Co. nach verlorenen Spielen vor den TV-Kameras verkündet wurden, sind durchweg ebenso richtig wie banal: Es hat zumeist einfach nicht gereicht, was und wie gespielt wurde. Von Profis mit hohen Millionen-Vergütungen sollte mehr gefordert werden. Europäische Champions sind die gelb-schwarzen Kicker längst nicht. Ob sie den Kampf gegen den FC Schalke 04 am nächsten Spieltag annehmen und siegreich gestalten, bleibt derweil abzuwarten. Niemand mag sich inzwischen darüber wundern, dass die BVB-Aktien ins Visier der Shortseller geraten: Sie spekulieren auf weiter fallende Kurse. Immerhin hat das BVB-Papier, das zur Zeit bei rund 4,40 € notiert wird, gegenüber seinem Höchststand im Februar diesen Jahres (etwa 9,50 €) schon mehr als 50 % verloren. BVB-Chef Joachim Watzke wies erst jüngst auf die hohen Kosten des Vereins hin und beklagte zugleich die Einnahmenausfälle durch Spiele ohne Zuschauer. Weitere Rückschläge sind nicht auszuschließen – vor allem dann nicht, wenn das „BVB-Produkt Fußball“ an Faszination bei Zuschauern, Sponsoren und Börsianern verlieren sollte. Den Leerverkäufen könnten dann Spielerverkäufe als Konsequenz folgen müssen.
Bildquelle: Pixabay, Bild von Daniel Reche, Pixabay License