Immer wieder, aber vor allem jetzt wird über die Resilienz des Bundesverfassungsgerichts und darüber diskutiert, wie es vor Demokratiefeinden geschützt werden kann. Der Hintergrund ist klar: Die zu befürchtenden Wahlerfolge der AfD legen nahe, dass – über kurz oder lang – auch Menschen mit rechtsextremer Gesinnung zu Richtern in Karlsruhe gewählt werden könnten. Diese Vorstellung ist beängstigend.
Der Elan, mit dem über neue Schutzmechanismen diskutiert wird, zeigt die besondere Bedeutung, die das Bundesverfassungsgericht in der Bundesrepublik genießt. Es tritt jedoch nicht nur als „letztverbindlicher Verfassungsinterpret“ schützend auf den Plan, wenn grundgesetzlich garantierte Freiheiten bedroht sind. Es macht auch – mehr oder weniger direkt – Politik. Und das sogar gegen den Willen des Gesetzgebers, etwa wenn es darum geht, ein Strafgesetz auf seine Verfassungsmäßigkeit hin zu prüfen. Erinnert sei an Paragraf 10 Absatz 1 und 3 des sogenannten Rindfleischetikettierungsgesetzes.
Gemessen daran ist es richtig und gut, das Bundesverfassungsgericht stärker als bisher vor Feinden der Demokratie zu schützen. Das Bundesverfassungsgericht ist jedoch weniger eine demokratische Errungenschaft. Es ist mehr ein besonderes Schutzinstrument für Demokratie und Freiheit. Das Bundesverfassungsgericht ist mal Schiedsrichter, mal Lotse, mal Ersatzgesetzgeber und oberstes Amtsgericht der Nation, mal Reformmotor, stets aber Hüter der Verfassung. Und nicht zuletzt „kanalisiert und befriedigt“ es – wie Christian Rath in seinem Buch „Der Schiedsrichterstaat“ schreibt – unser nur allzu deutsches „Bedürfnis nach dem guten, strengen Fürsten“.
Bildquelle: Wikipedia, Von Tobias Helfrich – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0,