Biden steht vor dem Wahlsieg, Trump ist auf der Verliererstraße, was er nicht wahrhaben will. Es wird gezählt und gezählt, der Vorsprung von Biden wächst. Die Entscheidung naht. Doch der Kampf ist nach Trump noch nicht beendet. Zwar sieht sich Biden fast am Ziel, der nächste Präsident der USA zu werden, Amtsinhaber Donald Trump erweist sich jedoch als der, der er immer war: als ein Mann ohne Moral, ohne Manieren, ohne Stil, als ein schlechter Verlierer. Er wettert von Betrug ohne einen Beweis vorzulegen, er droht mit Gerichten, will den Sieg Bidens auf dem Klagewege verhindern. Mit Tricks und einem Spiel auf Zeit, mit Einsprüchen und Nachzählen, der Mann kann nicht ehrlich verlieren. Er ist der Egomane, dem die Demokratie und die dazu gehörenden Regeln egal sind, der macht, was er will, vielleicht auch, weil er die in der Luft liegenden Klagen fürchtet, die ihn als Ex-Präsidenten, ohne die Immunität des Amtes, ins Gefängnis bringen können. Was für ein Präsident, der seine Anhänger eher auf die Straße hetzt, als sie zu beruhigen, dessen Sohn im Stil des unsäglichen Vaters zum „totalen Krieg“ aufruft, um „all den Betrug.. offenzulegen“. Totaler Krieg, die Sprache kennt man in Deutschland, Nazi-Propagandachef Goebbels hat sie einst benutzt, als der Krieg schon verloren war. Der schlimme Stilbruch des Sohnes erinnert an die Vergehen des Vaters, der das Vertrauen in eine demokratische Wahl zerstören will, indem er den Anhägern einhämmert, dass ihm der Sieg gestohlen werden soll, peinlich. Der Präsident, durch dessen Regierungszeit sich Lügen, Regelbeugung, Nötigung und Missachtung des Amtes ziehen, als gehörten sie zu seinem Regierungsprogramm, bleibt seiner Linie treu. Widerlich, abstoßend, erschütternd.
Der Präsident der USA war mal der Führer der westlichen Welt, Trump ist eher ein Verführer der Massen. Und noch etwas, damit wir uns in Deutschland nichts vormachen: die jetzige Wahl hat gezeigt, dass Trumps Wahl ins Weiße Haus 2016 kein Betriebsunfall war. Sie war gewollt, die Republikaner und ihre Sympathisanten wollten ihn als Präsidenten. Und es störte sie nicht, was er sich alles erlaubte, wie rüde er regierte, rücksichtslos, wie er internationale Abkommen aufkündigte, als wären sie nicht das Papier wert, auf dem sie einst niedergeschrieben worden waren, wie er den Klimaschutz in die Tonne kloppte, um es in Trumpscher Wortwahl zu sagen, wie er die WHO verließ mitten in der Corona-Pandemie, wo er versagte, sich um nichts kümmerte und so tat, als wäre die Epidemie nur ein kleiner Schnupfen. 230000 Amerikaner sind im Zusammenhang mit Corona gestorben. Und dennoch haben sie für ihn gestimmt, ja Trump konnte sogar vier Millionen Stimmen mehr auf seinem Konto verbuchen als vor vier Jahren. Nein, die Präsidentschaft von Trump war kein Zufall, sie war gewollt von seinen Wählerinnen und Wählern. Dass er dennoch verlieren wird, liegt wohl an der hohen Wahlbeteiligung. Aber noch gibt er sich nicht geschlagen, hofft wohl auf die Unterstützung jener höchsten Richter, die er selber ins Amt gehievt hat.
Amerika, ich wiederhole mich bewusst, war mal ein Traum meiner Generation. Wie haben wir, als wir das erste Mal in die USA flogen, die Freiheitsstatue angeschaut, bewundert! Das riesige und wunderschöne Land ist mir fremd geworden. Ich bin erschüttert darüber, wie ein solcher Mann wie Trump ins höchste Amt gelangen konnte, wie man wieder für ihn stimmen konnte, als wäre nichts gewesen. Dieser Mann tut gerade so, als gehörte ihm Amerika, der Rest der Welt ist ihm wurscht. Die eine Welt, in der wir leben, der eine Planet, auf dem wir zu Hause sind und den wir, wenn wir so weitermachen mit unserer Industrie und dem Verheizen unserer Wälder, vernichten können. Nicht so Trump, der benimmt sich wie ein Elefant im Porzellanladen und Millionen und Abermillionen von Amerikanern ist es recht so. Schließlich haben sie für ihn votiert, wollten seine Wiederwahl. Dabei kennt Trump nur sich, der benutzt die Republikaner für seine miesen Spiele.
Wie der Mann sich noch in der Wahlnacht, als nichts geklärt war, zum Sieger ausrief, wie er die Briefwahl stoppen lassen wollte mit all seinen verbalen Drohungen. Dabei gehört eine Briefwahl selbstverständlich zum Werkzeug einer Demokratie. Wie der Mann dann weiter den Sieg für sich reklamierte und den anderen, weil sie an ihm vorbeizogen, Betrug vorwarf ohne jeden Beleg, wie er immer wieder dort, wo seine Republikaner vornlagen, das weitere Auszählen beenden lassen wollte, und dort, wo der Gegner führte, das Spiel weiterlaufen lassen wollte. Welch ein Verständnis von Demokratie hat dieser Mann?! Eher gar keines, er agiert und schwadroniert wie ein Autokrat. Ja wie ein Autokrat hat er all die Jahre sich aufgeführt, er muss sich pudelwohl gefühlt haben bei seinen Treffen mit den Diktatoren aus Nordkorea, Russland, China. Die Welt der Potentaten, das ist die Welt von Trump.
Amerika ist gespaltener denn je. Wie konnte es passieren, dass die eine Hälfte der Wählerinnen und Wähler all die Regelbrüche von Trump über vier Jahre nicht nur zur Kenntnis nahm, sondern sie teils auch noch bejubelte, Führungsdefizite des Präsidenten einfach ignorierte wie all die Stilfragen, die dieser oberste Mann im Weißen Haus zertrampelte. Trump geht ein in die Geschichte der Vereinigten Staaten-oder besser in die unvereinigten Staaten- als der schlechteste aller bisherigen Präsidenten- und dennoch hat er soviele Stimmen gewonnen mit seiner Ich-Ideologie, mit seinen Parolen von America first, als wäre Amerka allein auf der Welt. Dabei ist er gescheitert mit seinem Vorhaben, Amerika größer und reicher zu machen. Die Reichen sind reicher geworden. Aber: Die Arbeitslosigkeit ist gestiegen, die Staatsschulden sind explodiert. Amerika hat seinen Status als Vorbild der freien Welt in der übrigen Welt verloren. Das Image der USA hat schweren Schaden genommen. Trump steht für Lügen, Verleumdung, Verschwörung, er schürt politisch motivierte Gewalt, er hat kein Wort des Mitleids für einen Farbigen, der an den Folgen einer Misshandlung durch einen Polizisten stirbt. Trump lobt dafür die Polizei. Dass ‚Trump mit seinem Stil und Verhalten, seiner Sprache die Seele der Frauen und Männer der Vereinigten Staaten von Amerika verkörpert, ja, das wird behauptet, das kann sogar so sein- auch wenn es einem Außenstehenden wie mir die Sprache verschlägt. Man schämt sich doch für einen solchen Präsidenten. Trump hat nichts für das Zusammenleben in diesem riesigen Land getan, er hat an dessen Spaltung mitgearbeitet, ja, dessen Spaltung sogar noch vertieft, in dem er Ressentiments gegen Einwanderer schürte und Rassismus predigte. Ausgerechnet in einem Amerika, das aus Einwanderung aus allen Teilen der Welt einst entstanden ist.
Donald Trump hat damit gedroht, er werde eine Niederlage nicht akzeptieren. Vorgestern Abend zeigte das Fernsehen eine Passage mit dem früheren USA-Präsidenten George H.W.Bush, der nach einem erbittert geführten Wahlkampf 1992 dem Gouverneur Bill Clinton zu seinem Wahlsieg gratulierte und damit wie selbstverständlich seine eigene Niederlage eingestanden hatte. Bush war Republikaner, Internationalist, anders als der Nationalist und Rassist Trump. Bush Senior, übrigens ein Freund Deutschlands, mit dem er die Partnerschaft in der Führung der freien Welt betonte, schrieb Clinton: “ Du wirst unser Präsident sein, wenn Du diese Nachricht liest. Ich wünsche dir alles Gute. Ich wünsche deiner Familie alles Gute. Dein Erfolg ist ab sofort auch der Erfolg unseres Landes. Viel Glück!“ Wo sind die Republikaner, die Trump jetzt zur Raison rufen: Es reicht. Wir haben verloren. Joe Biden hat schon den Unterschied zu Trump deutlich gemacht: Er wolle kein Präsident seiner demokratischen Partei sein, sondern ein Präsident von Amerika. Er muss zusammenbringen, was getrennt, ja zerrisen ist, er muss vereinen, was zusammen gehört, er muss mit den Amerikanern reden, aber nicht im Stil von Trump, der aus Gegnern Feinde gemacht hat, als wäre man im Krieg. Wenn er das schafft, wäre ein vierjähriger Albtraum zu Ende.
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