Im neuen Podcast der UNO-Flüchtlingshilfe stehen geflüchtete Menschen und ihre Geschichten im Mittelpunkt. Die Gesprächspartner*innen sind vielen Zuhörer*innen bekannt. Marina Weisband, die Aktivistin und Rednerin im Deutschen Bundestag anlässlich des Holocaust-Gedenktages am 9. November eröffnete die erste Staffel. Im Bundestag berichtete Marina Weisband von ihrem Großvater, der den Holocaust überlebte, traumatisiert und misstrauisch alle Nachrichten verfolgte wie ein Seismograf zurückkehrenden Unheils. Wie dieser Großvater nach dem Zerfall der Sowjetunion sagte: „Wir müssen gehen. Jetzt!“ Wie ihr Vater voll Vorfreude sagte: „In Deutschland interessiert es keinen, dass wir Juden sind. Dort können wir einfach nur Menschen sein.“ Weisband berichtet darüber, wie trügerisch diese Hoffnung war und wie gefährlich sie für Minderheiten sein kann. „Einfach nur Mensch sein, ist Privileg derer, die nichts zu befürchten haben. Einfach nur Mensch sein bedeutet, dass Strukturen von Unterdrückung unsichtbar gemacht werden. Denn jede Unterdrückung lebt davon, dass sie für die Nichtbetroffenen unsichtbar ist.“ Eine Geschichte, die sie in unserem Gespräch wiederaufgenommen hat.
In der 1. Staffel des Podcast geht es um das „Ankommen“ in Deutschland. So machte sie deutlich, dass es nicht nur um die Menschen geht, die Schutz und Sicherheit bei uns suchen, sondern auch um uns selbst. Und so sagt sie: “Oh Gott, unsere Großeltern haben so schreckliche Dinge getan oder mitgetragen, dass man denkt, wir sind nicht so, so rassistisch, so antisemitisch – das geht so weit, dass man gar nicht mehr in der Lage ist, selbst zu reflektieren“. Ein Gespräch, das mich ebenso wie die Folgenden, ganz persönlich berührte. Jeden Tag beschäftige ich mich mit den Themen Flucht, Fluchtursachen und -schicksale. Für mich waren diese Gespräch deshalb mehr als eine sehr persönliche Schilderung von Schicksalen, sondern auch ein Korrektiv, meine eigene Haltung und unsere Arbeit als UNO-Flüchtlingshilfe zu reflektieren und auf den Prüfstand zu stellen. Auch die Schriftstellerin Lena Gorelik, die als Elfjährige mit ihrer Familie aus Sankt Peterburg zu uns kam, weist im Gespräch auf einen wichtigen Eindruck eines Kindes hin, den wir wahrscheinlich kaum nachempfinden können. Sie spricht von der Unsicherheit, die sie als Kind erfasst hat, als sie in Baden-Württemberg ankam: „Was ich ja verloren habe in dem Moment der Flucht, war ja nicht nur die Sprache, die Familie und Freunde, ich habe auch die Sicherheit verloren, die Eltern einem bieten“. Eltern, die selbst damit zu tun haben, die Sprache zu verstehen, sich zurecht zu finden. Das spürt ein Kind und wünscht sich Sicherheit.“ Oder der aus Äthiopien nach Deutschland geflüchtete NDR-Moderator und Schauspieler, Yared Dibaba, der sagt, „wenn ich offen meine norddeutsche Identität lebe, dann wundern sich die Menschen und fragen sich, wie kommt das, das der schwarze Mann so gerne Plattdeutsch spricht?“ – alles sehr persönliche Eindrücke und Erfahrungen, die unsere Gesprächspartner*innen vermitteln, darunter die Politikerin Sawsan Chebli, der Schauspieler Rauand Taleb, die Künstlerin und Aktivistin Enissa Amani oder der Autor und Verleger Ilija Trojanow.
Jede Geschichte ist einzigartig und erzählt die erlebte Flucht und das Ankommen in der neuen Gesellschaft auf eine andere Weise. Je mehr wir davon hören, umso mehr beginnen wir zu verstehen, welche Stärke und Widerstandsfähigkeit diese Menschen aufbringen mussten und vor allem, wie sie unsere Gesellschaft bereichern.
Der Podcast Beweggründe ist auf allen üblichen Podcast Plattformen zu hören, so z.B. bei Spotify hier: