Jeder ehrbare Kaufmann macht des Tages gute Geschäfte, damit er nachts ruhig schlafen kann. Das war früher die Regel, doch heute gibt es Tag für Tag Berichte aus der Wirtschaft, die sich jenseits solider Usancen entwickeln. Beispielhaft dafür stehen der Österreicher René Benko mit seinem Signa-Konzern ebenso wie der deutsche TEH-Firmengründer Friedrich-Wilhelm Göbel. Letzterer firmierte mit seinem Textilhandel unter der Modekette Aachener und ist im Vergleich zu Benko nur ein kleiner Fisch.
Der Fall des René Benko
René Benko drehte seit langem ein großes, ja ein Riesenrad im Immobilienbereich und im Handelssektor. Den meisten Deutschen ist er als Betreiber von Galeria Karstadt Kaufhof und des KaDeWe in Berlin bekannt. Galeria Kaufhof gehört vollständig der Signa-Gruppe. Das KaDeWe wird von Signa gemeinsam mit der Central Group, einem Konzern eines Milliardärs aus Thailand betrieben.
Die Signa-Gruppe umfasst mehr als 1.000 Einzelgesellschaften und 93 Galeria Karstadt Kaufhof-Warenhäuser. Die Gruppe wurde insgesamt auf 23 Mrd. Euro geschätzt. Doch das Benko-Imperium wankt und wackelt: Letzte Woche musste für das Kerngeschäft Immobilien, Anfang dieser Woche für eine weitere Gesellschaft, der Signa-Gesellschaft Germany, Insolvenz angemeldet werden. Die Beschäftigten in den deutschen Benko-Gesellschaften sind seit Jahren mehr als leidgeprüft: Sie können im Fall der Pleite zunächst noch auf das Involvenzgeld aus der Sozialkasse hoffen, doch von Mal zu Mal gingen Arbeitsplätze verloren.
Höher, teurer, Pleite!
Besonders schlecht steht es um die großen Immobilien-Projekte auf den zahlreichen Signa-Baustellen in Deutschland. Da den meisten Baufirmen und Handwerkern fällige Rechnungen von Benko nicht mehr bezahlt wurden, ruht die Arbeit auf den Baustellen. Benko fehlt es an Geld: Die Finanzierung der Projekte mit den zahlreichen Hochhäusern ist nicht mehr darstellbar. Die Banken sind vorsichtiger geworden – sogar bei dem 100 Meter hohen Elbtower in Hamburg; die Kosten für dieses Prestigeobjekt wurden auf rund 950 Millionen Euro taxiert. Die Stadt Hamburg verfügt dafür ein Vorkaufrecht. Damit wird es der Stadt leichtfallen, das Projekt ohne Signa fertig zu stellen – etwa mit einem städtischen Bauträger oder mit anderen Investoren. Die zuständige Stadtentwicklungssenatorin ist wohl bereits auf der Suche nach anderen Bauherren. Im Gespräch wird Klaus-Michael Kühne, der Konzernherr von Kühne und Nagel, als Retter des Elbtowers genannt.
Hypotheken für viel Blendwerk
Über viele Jahre hatte René Benko vor allem in Österreich manche Politiker geblendet und fasziniert. Aber auch hierzulande waren manche von seinen hochtrabenden und teuren Projekten mehr als angetan. Recht großzügig gaben vor allem die Hessische Landesbank ebenso wie die Landesbank Baden-Württemberg, die Bayerische Landesbank und die Norddeutsche Landesbank dem Hochstapler Benko großzügig Kredite.
Experten schätzen, dass sie allesamt mit dreistelligen Millionenbeträgen mitmachten. Außerdem gewährten österreichische Institute, die Unicredit, die Raiffeisengruppe und die Schweizer Bank Julius Bär hohe Kredite für den Baulöwen Benko – und zwar insgesamt über mehrere Milliarden Euro.
Daneben gingen Benko auch viele wohlhabende Privatleute auf den Leim – von Unternehmensberater Roland Berger bis hin zu Klaus-Michael Kühne. Der Baulöwe versucht derweil, selbst weiteres Geld mit dem Verkauf teurer Kunstwerke oder auch mit dem Verkauf von Signa-Luxus-Resorts zu beschaffen. Der Aktionsradius wird eng und enger, zumal Benko sich nun auch in Österreich demnächst in einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss stellen muss. Die Internet-Seite der Signa-Gruppe war am letzten Wochenende bereits abgemeldet: Der Umbau der Homepage wurde von Insidern als Umbau des Benko-Konzerns hingenommen.
Großspuriger Mieter von Galeria-Häusern
Etwas anders liegt der Fall des Firmengründers Friedrich-Wilhelm Göbel. Zunächst ließ er sich als Retter mehrerer Galeria-Warenhäuser durch seine Modekette Aachener feiern. Das unter TEH-Textilhandel GmbH firmierende Unternehmen hatte 6 Standorte des Galeria-Vorläufers Karstadt-Kaufhof angemietet und 90 frühere Beschäftigte eingestellt. Allerdings ist bislang noch keine der Filialen eröffnet worden.
In Frankfurt und Dortmund gab es vorab ein Outlet. Unklar bleibt die baldige Eröffnung der weiteren Standorte, obwohl sie schon für den September geplant war. In Frankfurt, wo es um eine Verkaufsfläche von etwa 27.000 m2 geht, wird es wohl zunächst nichts werden; davon geht jedenfalls der Vermieter Sahle aus. Auch im Franken-Center Nürnberg rechnet man kaum noch mit der Textilgruppe von Göbel. Den bisher rund 360 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Aachener Gruppe teilte gerade ein Geschäftsführer mit, dass „nach aktuellem Stand der Dinge nicht mehr sichergestellt ist, fällige Verbindlichkeiten noch termingerecht und vollständig begleichen zu können“. Bislang hatten die Lieferanten großes Interesse, die Geschäftsbeziehungen mit Aachener fortzusetzen. Die Modebranche tut sich nach wie vor schwer, das laufende Weihnachtsgeschäft soll deshalb auch bei der Aachener noch mitgenommen werden. Und die bisherigen Vermieter waren bislang froh, überhaupt einen Mieter zu haben.
Untertauchen des Hochstaplers Göbel
Doch Anfang November war der Unternehmer Göbel verschwunden. Zu einem Gerichtstermin war er nicht erschienen. Dort war ihm vorgeworfen, schon im Jahre 2020 falsche Angaben zu seinem Vermögen gemacht zu haben. Die Hochstapelei sollte damit beendet werden. Nun wird Göbel per Haftbefehl gesucht. Der Jahresumsatz seines Unternehmens lag gerade einmal bei rund 26 Mio. Euro – in Relation zu Benko also Peanuts, wie es der Deutschbanker Kopper einst bezeichnete. Doch die Großinsolvenzen nehmen im Laufe des Jahres zu: Hochstapler haben Konjunktur. Nur die uralte Weisheit kann da schützend wirken: Trau, schau – wem!