Die Forderung, mehr zu arbeiten, um das Wachstum zu fördern, geht an der Lebenswirklichkeit vieler Beschäftigter vorbei. Ganze Berufsgruppen – Pflegekräfte und Ärzte in den Krankenhäusern; Feuerwehrleute, Lehrer und Erzieher, Rettungskräfte, Polizisten, Paketdienstleister, Busfahrer – um nur einige zu nennen, arbeiten längst am Rande ihrer Belastungsfähigkeit und oft darüber hinaus. Viele von ihnen quittieren deshalb ihren Dienst. Ihnen muss die Forderung nach noch mehr Arbeit wie Hohn in den Ohren klingen. Diese Berufsgruppen sind es, die einen Großteil der 1,5 Milliarden Überstunden leisten; die jährlich bei uns verrichtet werden; Die Hälfte davon ohne Bezahlung.
Arbeitszeitkonzepte der Zukunft werden familiengerechter sein müssen und auf die Vereinbarkeit von Beruf und Familie achten müssen. Dann könnten viele der oft gut ausgebildeten Frauen, länger arbeiten. Das setzt allerdings entsprechende Rahmenbedingungen (z.B. in der Kinderbetreuung) voraus, wie dies beispielsweise in Frankreich und Skandinavien seit langem üblich ist.
Die populistischen Forderungen von Politikern wie Lindner und Merz sind Beispiele für „plumpes Denken“ (Brecht); sie sind ideologisch geprägt und appellieren an Vorurteile, sie haben mit der Realität wenig gemein. Politiker sollten bedenken, dass vor allem die Beschäftigten in den genannten Bereichen es sind, die bei uns den „Laden am Laufen“ halten..